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Essstörungen: Vom Gesundheits- und Schönheitswahn

von Portrait von Christine Pittermann Christine Pittermann
Veröffentlicht am 30. Mai 2016

Gesundheits- und Schönheitsideale rücken immer mehr in den Lebensmittelpunkt der Gesellschaft. Grüne Smoothies oder Clean Eating sind nur zwei Erscheinungen, die sich in den letzten Jahren besonders hervorgetan haben. Bei Essstörungen denken die meisten zuerst an junge hungernde Frauen, die an Magersucht oder Bulimie leiden. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.

Gesundheitswahn: Orthorexie

Ein nicht offiziell anerkanntes Krankheitsbild, das jedoch oft mit Magersucht (Anorexie) in Verbindung gebracht wird, ist die sogenannte Orthorexie. Diese wird genau wie die Magersucht oft bei jungen Frauen beobachtet. In beiden Fällen findet eine krankhafte Selektion der Lebensmittel statt, die in den Ernährungsplan aufgenommen werden. Friederike Barthels vom Institut für experimentelle Psychologie der Universität Düsseldorf erklärt: "Orthorexie ist eine Fixierung auf den Verzehr von ausschließlich gesunden Lebensmitteln". Öl, Zucker, Weizen, Gluten, Tierprodukte – all das und noch mehr ist tabu. Diese Ernährung ist extrem einseitig und dadurch nicht mehr gesund. Betroffene verlieren nicht nur viele wichtige Nährstoffe, sondern mitunter auch ihre sozialen Kontakte, da Restaurantbesuche und kleine Snacks nicht mehr drin sind. Für Experten stellt dieses Essverhalten zuerst eine Besonderheit dar, stellt sich aber ein Zwang ein, ist es durchaus als Krankheit zu betrachten. Auf lange Sicht stellen sich enorme Mangelzustände ein, die Hormonsituation des Körpers stellt sich um, und körperliche Probleme wie starkes Untergewicht treten auf.

Cannabis gegen Essstörungen

Seit Jahrtausenden wird Cannabis als appetitanregendes und den Genuss von Speisen förderndes Mittel angesehen. Jedoch sind sich Experten uneinig, ob und inwiefern Cannabis zu einer Gewichtszunahme beiträgt. Eine Studie von 1983 belegt psychische Störungen anstelle von erhöhter Kalorienaufnahme oder einer Gewichtssteigerung. Eine neuere Studie von 2013 belegte, dass eine kleine, aber signifikante Gewichtszunahme ohne negative psychotrope Effekte bei Anorexie-Patienten erreicht wurde.

Schönheitswahn: Adonis-Komplex

Essstörungen basieren jedoch nicht immer nur auf Gesundheit und Appetitlosigkeit. Auch der Schönheitsaspekt spielt eine entscheidende Rolle. Hier sind nicht nur junge Frauen betroffen, sondern auch Männer mit gestörtem Selbstbild – die sich nicht, wie die meisten betroffenen Damen, zu dick, sondern schlicht und ergreifend zu schmächtig fühlen. In diesem Zusammenhang wird oft vom Adonis-Komplex gesprochen, in der Forschung heißt es Muskeldysmorphie. Diese Männer sind nicht generell essgestört. Es handelt sich vielmehr um eine Mischung aus Sportsucht und Essstörung. Das durch die Gesellschaft verzerrte Körperbild, dass Frauen schlank und Männer kräftig zu sein haben, führt bei manchen Männern zu "suchtartigem Krafttraining oder ähnlichen Fitnessaktivitäten", erklärt Jens Kleinert, Leiter des Psychologischen Instituts der Deutschen Sporthochschule Köln.