"Absolute Mehrheit" im Keller - Warum Stefan Raab trotzdem das Merkel-Steinbrück-Duell moderieren sollte

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 18. Februar 2013

Stefan Raab zu sein, ist gar nicht so einfach. Erst am Freitag enbrannte eine Diskussion darum, ob der 46-Jährige das TV-Duell zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück kurz vor der Bundestagswahl im September moderieren sollte. Seitdem spricht nicht nur eine Umfrage von Emnid dagegen, sondern auch die Einschaltquoten der gestern gelaufenen zweiten Sendung seiner Polit-Show "Absolute Mehrheit". Bei der ersten Show im November sahen noch 1,8 Millionen Menschen zu. Aber gestern dann der Quotenrutsch: Nur noch 800.000 Menschen schalteten ein, obwohl der Spielfilm, der davor lief, sogar den "Tatort" schlug. Dumm daran ist nur, dass sich Raab gemacht hat. Während er bei der ersten Sendung noch arg unerfahren wirkte und krampfhaft versuchte, sich zu profilieren, ging ihm die Sendung gestern sehr leicht von der Hand - und bewies, dass man Stefan Raab nicht unterschätzen darf. Spiegel Online schreibt:

[Raab war] für seine Verhältnisse erstaunlich zurückhaltend, aber doch nachhakend an den richtigen Stellen - und das erkennbar gut vorbereitet auf seine gutgelaunten Gäste.

Das klingt doch gut - genau das erwartet man schließlich von den vier ausgewählten Journalisten, die auch in diesem Jahr wieder ihre Fragen an die Kanzlerkandidaten richten. Aber Deutschland ist dagegen: Laut einer Umfrage, die Emnid am 14. Februar unter 503 Personen durchführte, wollten 61 Prozent nicht, dass Raab an dem TV-Duell teilnimmt. Selbst bei den jüngeren Befragten zwischen 14 und 29 Jahren sind mehr als die Hälfte gegen den Entertainer. Nach dem Warum muss nicht gefragt werden: Raab hat sich einen Namen als Blödel-Barde und Trash-Entertainer gemacht, der sich zwar gut zu vermarkten weiß, aber gern infantile Witzchen auf Kosten anderer macht. Einige Kommentare zum Thema auf welt.de machen das Misstrauen sehr deutlich:

"Raab hat von politischer Moderation soviel Ahnung wie eine Ladung Trockeneis von einer Hochzeitsnacht."

oder

"Ein Land, in dem Stefan Raab das Duell der Kanzlerkandidaten moderiert, kann abdanken."

Klare Worte. Der Löwenanteil der über 70 Kommentatoren beklagt sich darüber, dass einer wie Raab überhaupt für ein Thema wie Politik und ganz besonders natürlich für die Elefantenrunde vorgeschlagen wird und dass man sich damit vom seriösen Journalismus und der Politik im Allgemeinen verabschieden kann. Stattdessen, so ein Kommentator, solle man die Kanzlerkandidaten doch einfach ins Dschungelcamp schicken und wer gewinnt, wird Kanzler. Aber so einfach ist das nicht. Stefan Raab mag zwar für viele die intellektuelle Opposition verkörpern, aber ein Nachteil ist das keineswegs - im Gegenteil. Raab sollte sogar ganz entschieden das TV-Duell mitmoderieren. Der Grund: Das Interesse der Jugendlichen und jungen Erwachsenen für Politik ist verschwindend gering - eben weil es ein trockenes Thema ist und der unmittelbare Nutzen der Wählerstimme nicht offensichtlich ist. Aber mit einer jungen, frischen Instanz wie Raab kann man das Interesse für Politik und Demokratie bei dieser Zielgruppe möglicherweise wecken - und wenn es nur ein kleines bisschen ist. Außerdem ist Raab unkonventionell und trotzdem clever genug, um Steinbrück und Merkel vielleicht mal etwas zu entlocken, das den beiden nicht vorher von PR-Leuten in den Mund formuliert wurde, etwas, das nicht graues Gewäsch ist, sondern eine richtige Erkentnis bietet, etwas, das einem an der Urne weiterhilft. Wenn ihm das gelingt, würde er sich vielleicht sogar als feste Größe in diesem Segment etablieren können - der neue David Frost, der Mann, den alle unterschätzt haben.

Man muss Raab schließlich auch zu Gute halten, dass er sich selbst mit diesem Auftritt nur schaden kann - wer aus seiner Zielgruppe einschaltet, wird enttäuscht sein, dass die üblichen Blödeleien rausfallen - Raab mag unter Umständen den Polittalk revolutionieren können, nicht aber die Politik. Und die alteingesessenen Polittalk-Gucker, die glauben, dass ein "Metzgergeselle" wie Stefan Raab in einer ernsten Sendung nichts zu suchen hat und das Niveau durch sein blankes Auftreten in den Keller treiben müsse, werden sich ohnehin nicht bekehren lassen, da kann er sich noch so gut anstellen. Allerdings sollten jene sich fragen, warum es dann so einfach wäre, die schon fast heilige Elefantenrunde ins Lächerliche zu ziehen. Wenn Politik heute so wenig Substanz hat, dass "einer wie Raab" alles kippen kann, läuft nicht grade dann etwas falsch?

Sollte Stefan Raab das TV-Duell zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück mitmoderieren?

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