Warum ich bis 2016 keinen Kaffee mehr in der Öffentlichkeit trinken darf

von Portrait von Arzu A. Kayvani Arzu A. Kayvani
Veröffentlicht am 3. Juni 2014

Die Natur will, dass die Kinder Kinder seien, ehe sie Erwachsene werden. Jean Jacques Rousseau, Du warst ein weiser Mann. Doch es scheint auch solche zu geben, die diese Ordnung gerne umkehren würden.

Das muss ich immer wieder feststellen, so auch gestern. Da wurden mir von einem älteren Herrn Erziehungs- und Benimmregeln beigebracht, die mir vorher so noch nicht bekannt waren. Aber man lernt ja bekanntlich nie aus.

Nach einem überaus anstrengenden Arbeitstag saß ich mit meinem einjährigen Sohn und meiner Mutter vor einer Bäckerei in Köln und dachte, ich könne die letzten Sonnenstrahlen nebst einem leckeren Kaffee genießen. Ja, ich weiß auch nicht, welcher Hafer mich da gestochen hat, denn normalerweise bin ich nicht so rücksichtslos und unverfroren.

Und offensichtlich hatten sich meine schlechten Gene durchgesetzt, denn Emil wollte plötzlich aus dem Kinderwagen und gluckste. Zwar nur in Zimmerlautstärke, aber doch hörbar. Ich gehe davon aus, so war es auch von ihm gewollt – naja, dass man ihn hört. 

Jedenfalls erntete ich die ersten bösen Blicke vom Nachbartisch, verstand jedoch nicht weshalb und war mir zunächst keiner Schuld bewusst. Im Nachhinein betrachtet schockierend für mich, denn ich scheine offensichtlich nicht nur unverschämt, sondern auch schwer von Begriff zu sein.

Als mein Sohn sich dann noch einmal bemerkbar machte, weil ich nicht schnell genug die Tasse abgesetzt und ihn aus dem Wagen befreit hatte, wurde mir mein schlechtes Benehmen sogleich unter die Nase gerieben. „Das ist eine Unverschämtheit! Junge Frau, sie müssen das Kind beruhigen, das stört!“

Da Emilchen eigentlich ganz ruhig war und lediglich in einer für die meisten nur unverständlichen Sprache aus Quitschen, Glucksen und Brabbeln kommuniziert, habe ich gefragt, was denn so störend sei. Schlimmer Fehler!

„Meine Mutter hätte es nicht gewagt, das Haus zu verlassen, als ich noch so klein war!“

Na besser war’s wohl, dachte ich und wollte noch bemerken, dass man das ruhig hätte beibehalten sollen. Doch die Tirade ging von Gegenüber direkt weiter: „Da hinten ist ein Spielplatz, sie müssen sich dahin setzen!“

„Darf ich denn keinen Kaffee mehr trinken in der Öffentlichkeit, nur weil ich ein Kind habe?“ fragte ich flehend und verschwieg aus einem spontanen Bauchgefühl heraus, dass ich noch eins von denen habe.

„NEIN!“

Es ging dann hin und her, bis wir aufstehen und meine Tochter abholen mussten. Doch wie gesagt, ich hatte meine Lektion gelernt. Denn ich habe mir fest vorgenommen, mit meinen Kindern so oft wie möglich rauszugehen, in Cafés zu sitzen, Eis zu essen und durch die Stadt zu bummeln. Damit es mir nicht so geht, wie der Mutter dieses armen Mannes und meine Kinder sich zu sozialen, höflichen, freundlichen, fröhlichen und geselligen Menschen entwickeln.