Helmut Kohl und die Veröffentlichung von vertraulichen Zitaten
Veröffentlicht am 6. Oktober 2014
Die Medien beschäftigt ein kontroverses Thema: Helmut Kohls Zitate und deren geplante Veröffentlichung in einem Buch durch seinen früheren Biographen Heribert Schwan. "Schwerer Vertrauensbruch durch Ex-Biografen - Der Kampf um Kohls Vermächtnis wird zur Schlammschlacht" überschreibt der Focus einen Artikel und Spiegel Online verkündet: "Gesprächsprotokolle: Kohls Beleidigungen sorgen für Aufregung in der CDU".
Doch nicht nur in der CDU sorgen die teils schneidend scharfen Bemerkungen Kohls für Aufsehen. Es geht um zeitgeschichtlich interessante Zitate zu heute einflussreichen Personen wie Angela Merkel und wichtige Weggefährten Kohls wie Norbert Blüm. Laut FAZ stammen die brisanten Aussagen Kohls aus den Jahren 2001 und 2002, als er von Heribert Schwan befragt worden war. Die abfällige Art, in der sich Kohl in verächtlich-überheblicher Weise über Politikerkollegen äußerte, macht die Passagen heute natürlich interessant und dürfte den ehemaligen Biografen auf eine große Leserschaft hoffen lassen. Bedürfnisse nach vermeintlicher Schlüsselloch-Perspektive werden so befriedigt: Wie sieht die persönliche Sicht Kohls auf Politiker aus, was dachte er wirklich über seine Kollegen?
Laut Spiegel Online soll Helmut Kohl über Friedrich Merz hart geurteilt haben, er sei ein "politisches Kleinkind". Norbert Blüm, der ihn in der Spendenaffäre nicht so unterstützte, wie Kohl sich das wohl gewünscht hätte, soll er als Verräter betitelt haben. Und auch Angela Merkel scheint laut Spiegel Online mit verächtlichen Kommentaren bedacht worden zu sein.
Ich gebe zu, auch ich lese recht begierig solche Informationsfetzen. Aber gleichzeitig finde ich die Veröffentlichung von Material, was im Glauben an Vertraulichkeit entstanden ist, mindestens moralisch nicht in Ordnung. Laut Focus hat außerdem das Oberlandesgericht Köln im August 2014 Heribert Schwan untersagt, die Tonbänder für Veröffentlichungen auszuwerten. Kohl hatte sich laut Focus ursprünglich vertraglich zusichern lassen, dass die Entscheidung über Veröffentlichungen auf Grundlage der Gespräche bei ihm bleibe. Der Focus berichtet, Kohl habe nun seine Anwälte beauftragt, die Veröffentlichung des neuen Buches von Schwan zu stoppen.
Ob das Buch, wie im Focus-Artikel zu lesen ist, als "Abrechnung" eingeschätzt werden kann, ist spekulativ. In jedem Fall scheint aber klar, dass die Differenzen zwischen Schwan und Kohl durch die Entwicklungen eine neue Dimension erreichen.
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