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Digitale Einöde: Gigabit bleibt im ländlichen Bereich Mangelware

von Portrait von Christine Pittermann Christine Pittermann
Veröffentlicht am 29. April 2021

Andreas Scheurer, der Bundesverkehrsminister Deutschlands, meldet großartige Erfolge beim digitalen Netzausbau. Vor allem im ländlichen Bereich gibt es jedoch keinen Grund zur Freude. High-Speed-Internet, welches unser tägliches Leben maßgeblich beeinflusst, ist und bleibt in den Gemeinden Deutschlands Mangelware. Die generelle Lage der Versorgung mit Breitbandinternet ist in Deutschland nach wie vor tragisch. In vielen Gebieten kann das verfügbare Internet gerade mal für Messenger verwendet werden. Komplexere Webseiten verlangen den Anwendern viel Geduld ab. Arbeiten im Home-Office ist für viele Einwohner Deutschlands schlichtweg unmöglich. Auch die Freizeit kommt digital zu kurz: Streaming, Online Casino Turniere oder MMORPGs sind mit der gegebenen Bandbreite unmöglich.

Die großartig bejubelten Fortschritte der Datenraten jenseits von 1 Gbit pro Sekunde auf dem Land lassen knapp 80 Prozent der dortigen Haushalte in der digitalen Grauzone zurück. Zu diesem Ergebnis kam das deutsche Bundesverkehrsministerium in der Analyse des Breitbandatlas, welche kürzlich vorgelegt wurde.

Die Versorgung von deutschen Haushalten mit Gigabit-Anschlüssen konnte im Vorjahresvergleich um mehr als 37 Prozent zulegen. Trotz nachgewiesener Fortschritte beim ländlichen Breitbandausbau sind dort aber weiterhin nur knapp 20,2 Prozent der Haushalte mit Datenraten von 1 GBit/s angebunden. Das resultiert aus einer Auswertung des Breitbandatlas durch das Bundesverkehrsministerium, welche am 16. April 2021 vorgelegt wurde. Dieser Bericht verweist auf einen Zuwachs von 37 Prozent binnen eines Jahres für die Anbindung von Haushalten mit Gigabit-Anbindungen. Zusätzlich ist eine stärkere Verbreitung der 50-MBit/s-Zugänge im ländlichen Raum ersichtlich.

Seit Ende letzten Jahres verfügen insgesamt 59% aller Haushalte über modernes Breitbandinternet jenseits von 1 Gbit in der Sekunde. Damit wurden zusätzliche 6,6 Millionen Haushalte angeschlossen. Europaweit liegt Deutschland weiter unter dem Standard der Top-Industrienationen. Das gemeinsame Ziel der deutschen Bundesregierung fokussiert einen kompletten Ausbau bis zur Mitte des Jahrzehnts.

Mehr Vorsprung durch Vodafone

Das Erreichen des Gigabitbereichs ist allem Voran dem umfangreichen Ausbau der Infrastruktur des Vodafone-Netzes zu verdanken. Mit dem Kabelnetz sind Verbindungsraten bis etwa 50 Megabit möglich, dadurch ergeben sich Downloads von bis zu 1Gbit pro Sekunde. Als wichtigste Grundvoraussetzung für ein flächendeckendes Netz gilt der oberirdische Ausbau und das Miteinbeziehen des Satelliteninternets.

Langsames Internet in Schulen

Tatsächlich sind Bildungseinrichtungen in Deutschland schlechter mit Internetverbindungen versorgt als Gewerbegebiete. Knapp 37,2 Prozent aller Schulen verfügen über Datenraten jenseits von 1 Gbit pro Sekunde – Gewerbegebiete schneiden mit 46,6 Prozent deutlich besser ab.

Das Problem: Kupfer statt Glasfaser

Es ist eine Tatsache, dass ein Großteil aller Breitbandanschlüsse immer noch auf ausgedienten Kupferleitungen basiert. Anstatt in den Ausbau von Glasfaserleitungen wurde stattdessen in die veraltete Vectoring-Technik investiert. Ein großer Fehler, dessen Ursprung noch in den Zeiten der Ära von Ex-Kanzler Helmut Kohl liegt. Die deutsche Bundesregierung hat im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Mitgliedsstaaten den Sprung auf den Breitbandzug verschlafen, muss man sich heute eingestehen.

Der deutschen Politik ist mittlerweile klar, dass das Ziel 2025 für flächendeckenden Ausbau mit dem jetzigen Kurs nicht erreicht werden kann. Langatmige Genehmigungsverfahren und übermäßige Bürokratie unterbinden ein effizientes Vorgehen. Die Hoffnung liegt auf der Investitionsbereitschaft von zahlreichen Unternehmen, um den Zielen gerecht zu werden. Mittelfristig darf damit gerechnet werden, dass Gigabit-Internet landesweit verfügbar wird und positiven Einfluss auf unser alltägliches Leben nehmen wird.