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Den Bogen überspannt: Gucci und Maison Margiela in der Kritik

von Portrait von Christine Pittermann Christine Pittermann
Veröffentlicht am 9. Dezember 2020

Spätestens in den Neunziger Jahren war der “Used Look” überall in der Modewelt angekommen. Nun scheint dieses Phänomen komplett aus dem Ruder zu laufen. Um sich ein Paar neue Sneaker zu kaufen, die aussehen als seien sie bereits viele Jahre in Gebrauch, muss man heutzutage ein sehr erfolgreiches Geschäft betreiben, ein millionenschwerer Erbe sein oder sein Glück im Live Casino gefunden haben. In der Fashion-Industrie wird dieser Look dann als “Vintage” oder “Distressed” bezeichnet. 

Vorreiter bei diesem Trend ist unter anderem der Modegigant Gucci. Dieser bezeichnet seine Kreation in der Produktbeschreibung als “Medley” mehrerer Jahrzehnte und preist die Old School-Schuhe als Vintage an. Für diesen Schuh im Stil der 70er Jahre werden von den modebegeisterten Kunden zur Zeit knapp siebenhundert Euro verlangt. Auch der in Frankreich ansässige Modehersteller Maison Margiela hat einen solchen Sneaker im Angebot. Dieses Modell macht den Eindruck als sei es aus gebrauchten Einzelteilen zusammengeschweißt. Daher stammt auch die Bezeichnung “reconstructed”, also so viel wie “neu konstruiert”. Für dieses High Fashion Kunstwerk kann man weit mehr als eintausend Euro ausgeben. 

Über Mode lässt sich bekanntlich genau so gut streiten wie über Kunst und Musik. Dass der Used Look nicht bei allen Teilen der Gesellschaft Anklang findet, ist ebenfalls auch nichts Neues. Doch nun werden Stimmen laut, die finden, dass diese Kreationen einen Schritt zu weit gehen. Dieselben Leute, die andere verspotten, weil sie sich keine neuen Kleider leisten können, kaufen sich so etwas für vergleichsweise sehr viel Geld. Arm zu sein sei kein Modetrend. Statt arme Leute für ihre Inspiration zu missbrauchen, sollten die großen Unternehmen ihre Ressourcen nutzen und aktiv gegen Armut vorgehen.