Buh!-Rufe in Cannes: Neuer Ryan-Gosling-Film fällt durch

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 23. Mai 2013

Nicolas Winding Refn und Ryan Gosling haben mit „Drive“ bewiesen, dass sie großes Kino machen können. (Zur Rezension geht's hier.) Besondere Merkmale des Films waren stilsichere Bildästhetik und unerwartete Explosionen von Gewalt, die in den ansonsten ruhig erzählten Film platzten. Die Gewalt war nicht jedermanns Sache und spaltete das Publikum auch ein Stück weit. Trotzdem brachte der Film Winding Refn die Goldene Palme für die Beste Regie. In „Only God Forgives“ hat Winding Refn es jetzt - wieder mit Ryan Gosling - noch ein Stück weiter getrieben. Gestern feierte der Film bei den Filmfestspielen von Cannes Premiere - und erhielt prompt Buh!-Rufe.

Buh!-Rufe in Cannes: Neuer Ryan-Gosling-Film fällt durch

Deutsche Kritiker sind alle miteinander zwiegespalten oder negativ eingestellt, was „Only God Forgives“ angeht. Nur der Spiegel scheint ein eher positives Bild mitgenommen zu haben:

Refn mag das Publikum spalten, sein Film fasziniert jedoch als formal und visuell anspruchsvolles Kino - und als Abgesang auf die gängigen Rituale der Männlichkeit.

Die Story: Julian, Amateur-Kickboxer und Sohn der Herrin über einen Drogenring (Gosling), soll mit Mutters (Kristin Scott Thomas) Segen den Tod des älteren Bruders rächen. Klingt soweit gradlinig. Allerdings klang „Drive“ das auch. Seinem undurchsichtigen  - weil wieder arg schweigsamen - Helden gab Winding Refn, der auch das Drehbuch schrieb, einen schweren ödipalen Komplex mit auf den Weg. Seine Mutter macht auch keinen Hehl daraus, dass die Genitalien seinen toten Bruders beachtlicher waren als die von Julian. Das ist zwar etwas befremdlich, spricht aber nicht pauschal gegen den Film. Was die Kritiker so anprangern, ist die Inhaltsleere und Aussagelosigkeit des Films. Die Berliner Zeitung etwa schreibt:

Wenn aber der Überschuss – ob nun an Gewalt oder an Stilisierung – nicht allein das beste, sondern vielleicht einzige Argument für einen Film ist, dann liegt etwas im Argen.

Doch noch ist nicht aller Tage Abend - schon oft mochte das Publikum Filme, die die Kritiker zerrissen hatten. Und vielleicht war die Enttäuschung auch nur so groß, weil nach „Drive“ etwas anderes (besseres?) erwartet wurde. Und mit arg blutigen Filmen hat man es ja allgemein recht schwer, die Presse zu beeindrucken. Und: Seinen ersten großen Erfolg hat bisher kaum ein Künstler übertreffen können. Es spricht also nichts dagegen, sich „Only God Forgives“ anzusehen. Kinostart ist am 18. Juli.