Sind die Deutschen zu prüde für "Lovelace" mit Amanda Seyfried?

von Portrait von Marlon Kumar Marlon Kumar
Veröffentlicht am 13. August 2013

Amanda Seyfrieds neuer Film "Lovelace" über das Leben der Pornoqueen Linda Lovelace (bürgerl. Linda Susan Boreman), die 1972 mit dem Pornoschmuddelstreifen "Deep Throat", welcher als eine Art Ode an den Oralverkehr bei 25.000 Dollar Produktionskosten imponierende 600 Millionen Dollar einspielte, findet keinen Vertreiber und wird daher nicht in den deutschen Kinos gezeigt. Das liegt höchstwahrscheinlich an den anstößigen Nackt- und Sexszenen, denen das sittsame deutsche Spießertum skeptisch gegenübersteht.

Linda Lovelace war eine der populärsten Erotiksternchen der Pornoindustrie, wirkte zu Beginn ihrer Karriere in mehreren Hardcore-Pornos mit und besaß laut ihres Ehemannes, selbsternannten Managers und späteren Zuhälters Chuck Traynor (gespielt von Peter Saarsgard) eine "sensationelle Begabung zum Oralverkehr", welche er in "Deep Throat" mit großem Erfolg promotete: Durch die Fellatio-Hymne erlangte Linda weltweiten Ruhm und avancierte zum frivolen Vorzeige-Glamour-Girl für die sexuelle Revolution. Im Anschluss an diesen Kassenschlager drehte sie nur noch Softpornos und übernahm zum Teil auch bisexuelle Rollen. Der Film setzt genau dort an: Er porträtiert ein schimmerndes Glamour-Leben, das so schnell vorbei ist, wie es kam und in Gewalt endete. "Lovelace": Ein Spiel um Akzeptanz, Aufstieg und Fall einer Pornoikone.

Sind die Deutschen zu prüde für "Lovelace" mit Amanda Seyfried?

Nach Karriereende zeigte Linda sich als Kämpferin gegen Pornografie, trat dann jedoch widersprüchlicherweise trotzdem wieder in zwielichtigen Produktionen auf, was ihrer Glaubwürdigkeit einen herben Schlag versetzte. Sie behauptete sogar, stolz zu sein, dass sie auch in ihren Fünfzigern immer noch ansehnlich und für Erotikaufnahmen geeignet sei. Obwohl sie einst Fürsprecherin feministischer Bewegungen war, beschuldigte sie später ebendiese Gruppen, sie ausgenutzt und negativ beeinflusst zu haben. Eine gespaltene Persönlichkeit, die mit 53 Jahren den Folgen eines Verkehrsunfalls erlag.

Sind die Deutschen zu prüde für "Lovelace" (Regie: Rob Epstein und Jeffrey Friedman)? Man sollte den Film mit der künstlerischen Freiheit decken, zumal es die Biografie einer zwar frivolen, allerdings auch - möglicherweise naiv - ambivalenten Persönlichkeit ist, deren eindringliche Erforschung erkenntnisreich sein könnte. Schlimmer als ein konventioneller Schmuddelfilm, auf den Kids heutzutage ohne viel Mühe im Internet zugreifen, kann "Lovelace" ja nicht sein.