Warum "Der Hobbit: Eine unerwartete Reise" doch eine gute Verfilmung ist

von Portrait von Michael Miskulin Michael Miskulin
Veröffentlicht am 17. Dezember 2012

"Der Hobbit: Eine unerwartete Reise" läuft nun seit ein paar Tagen in den deutschen Kinos und scheint die Menschen trotz einiger zwiespältiger Kritiken in die Kinosäle zu locken. Grund genug für uns, mit ein wenig Abstand zum Hype des Kinostarts, die Frage zu stellen, ob Peter Jackson die Verfilmung des Kinderbuchklassikers "Der kleine Hobbit" von J.R.R. Tolkien vielleicht doch gelungen ist.

Die Vorlage erzählte die Vorgeschichte zum später geschriebenen Epos "Der Herr der Ringe" und war vom britischen Philologen und Professor Tolkien als unbeschwertes und leichtherziges Märchen für seine Kinder konzipiert. Das Buch sparte deshalb auch nicht an kauzigen und phantastischen Fabelwesen wie Zwergen und verschrobenen Zauberern. Es wurde festlich geschmaust und herzhaft gesungen. Es war mehr "Räuber Hotzenplotz" als Homers "Ilias".

Jackson wird nun vorgeworfen er habe das kleine Buch "Der Hobbit" künstlich aufgebläht und es durch unnötige Episoden ergänzt, um der kleinen Geschichte eine Schwere und Bedeutung zu geben, die eigentlich nicht vorhanden sei. Doch Peter Jackson schafft, was Tolkien in seinen späteren Lebensjahren stets versucht hatte: Er wollte den Brückenschlag zwischen dem früheren, verspielten "Hobbit" und dem wesentlich reiferen "Herr der Ringe" schaffen.

Dementsprechend ist die Grundstimmung in Jacksons Verfilmung zunächst eine leichtere und erst die eingefügten Erzählpassagen vermitteln die epischen Geschehnisse im Hintergrund, die im Kinderbuch nur angedeutet werden konnten. Gandalf, der Zauberer (herrlich kauzig gespielt von Ian McKellen), sagt es mit den Worten: "Jede gute Geschichte hat es verdient, ausgeschmückt zu werden." Kurz gesagt dreht sich die Handlung um Thorin Eichenschild (Richard Armitage), den Zwergenkönig im Exil, der mit seiner kleinen übriggebliebenen Zwergengefolgschaft den Hobbit Bilbo Beutlin (Martin Freeman) als vermeintlichen Meisterdieb engagiert, um ihre alte Heimat, eine von einem alten Drachen belagerte Zwergenfestung, zurückzuerobern.

Schaut man sich die Szenen an, die direkt aus dem Buch stammen, fällt auf, dass Peter Jackson eigentlich sehr werkgetreu vorgegangen ist. Dadurch, dass er das vermeintlich einfache Kinderbuch in drei Teilen auf die Leinwand bringt, kann er sich die Zeit nehmen, die Unbeschwertheit und Abenteuerlustigkeit vieler Szenen auszuschmücken. Auch wenn es knapp eine Stunde dauert, bis der kleine Hobbit Bilbo Beutlin das erste Mal einen Schritt außerhalb des idyllischen Auenlandes macht und mit 13 Zwergen und dem Zauberer Gandalf auf Abenteuer aufbricht, birgt dies ja nicht nur den ersten Akt des Filmes, sondern auch die Einführung in den Gesamtkonflikt der gesamten Trilogie. Und ein Anschluss an die Geschehnisse der "Herr der Ringe"-Filme ist schließlich auch vonnöten.

Aber Peter Jackson, der früher mit billigen Trash-Splatterfilmen wie "Braindead" oder "Bad Taste" von sich Reden gemacht hat, weiß an den richtigen Stellen das Tempo anzuziehen. So bieten sich dann kurzweilige Kämpfe mit Trollen, Orks und Riesenwölfen, rasante Fahrten und Verfolgungsjagden durch imposante, dreckige Goblinminen und Schächte und ein gebührender Showdown, in dem sich die ungleiche Truppe beweisen muss. Auch wenn die Scharmützel noch etwas kleiner ausfallen als die weiten Kriegslandschaften der ersten Filme - Nichtkennern des Buches kann getrost versichert werden; die epischen Schlachten werden noch folgen. Da ist der Vergleich zu "Die Gefährten" durchaus berechtigt.

Derweil zeigt die kammerspielartige Episode zwischen Bilbo und dem bekannten Höhlenbewohner Gollum, dass es die kleinen Dinge sind, die den großen Unterschied machen. Der zwiegespaltene Gollum (gespielt von Andy Serkis) beweist nicht nur eindrucksvoll, wie sich die Animationstechnik in den letzten Jahren weiterentwickelt hat, sondern zeigt auch, dass es die Schauspielkunst ist, die den Zuschauer an die Leinwand fesselt. Martin Freemans Rolle darf in dem Zusammenhang einfach nicht unerwähnt bleiben. Er spielt den kleinen Hobbit als spießigen Pantoffelhelden, der zunächst gänzlich unbedarft von dem einen Schlamassel in das nächste stolpert, dann aber beginnt, über sich hinauszuwachsen. Auch hier sind es wieder die kleinen Gesten, die der gesamten Figur ihre Liebenswürdigkeit durch ihre Bodenhaftung geben.

Fazit: Peter Jackson konnte sein Niveau halten, was bei großen Trilogien durchaus keine Selbstverständlichkeit ist (nicht wahr, George Lucas). Er brachte eine zeitgemäße Adaption des Grundstoffes auf die Leinwand, die einerseits leichtherzig und kauzig daherkommt, aber andererseits auch durch die kleinen Andeutungen Eingeweihten eine Tiefe bietet, die die Vorlage von Tolkien so noch nicht besaß und eine handfeste Verbindung zur 'reiferen' "Herr Der Ringe"-Trilogie schafft.

Fans und Nichtfans sowohl der Bücher als auch der vorangegangenen Trilogie können sich auf jeden Fall auf einen unterhaltsamen Kinoabend einstellen. Das Schlimmste steht allen aber noch bevor: Die lange Zeit des Wartens bis der nächste Teil erscheint...

Warum "Der Hobbit: Eine unerwartete Reise" doch eine gute Verfilmung ist