Ein Japaner über die Liebe und Scheherazade - Neuer Erzählband von Haruki Murakami

von Portrait von Stella Thiele Stella Thiele
Veröffentlicht am 8. Oktober 2014

„Each time they had sex, she told Habara a strange and gripping story afterward.” Mit diesen Worten beginnt der japanische Autor Haruki Murakami seine Erzählung, die auf der Onlineseite des New Yorker veröffentlicht wurde. Eben wie Scheherazade, die Königin in Tausend und einer Nacht, heißt es im Text weiter. Und so gibt der Hauptcharakter Harbara seiner weiblichen Gegenspielerin diesen Spitznamen. Haruki Murakami benutzt den Namen der Orientkönigin sogar als Titel für seine Kurzgeschichte.

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„Scheherazade“ handelt von einem Mann, der in einem Haus eingesperrt ist und dieses nicht verlassen kann. Seine Gefährtin ist beauftragt, ihn mit Essen und Vorräten zu versorgen. Ob ihre Liebesdienste zum Auftrag gehören oder nicht, überlässt Murakami der Fantasie seiner Leser. Die geheimnisvolle Scheherazade erzählt Geschichten, lässt ihren Zuhörer jedoch immer mit einem offenen Ende in der Luft schweben. Ganz gleich tut Haruki Murakami dies mit seinen Lesern. "Scheherazade" ist eine spannende Erzählung über eine leidenschaftliche Liebebeziehung, in der die Hinweise auf die Hintergründe der beiden Charaktere immer wieder angedeutet, aber nie richtig ausgesprochen werden. Am Ende bleibt ein unbefriedigendes Gefühl der Ungewissheit, aber der unverkennbare Stil von Murakami macht die Geschichte absolut lesenswert und zu einem Meisterwerk der Kurzgeschichte.

Umso schöner, dass „Scheherazade“ nur ein Auszug aus dem neuen Erzählband „Von Männern, die keine Frauen haben“ ist. In sieben kurzen Geschichten bietet Murakami Einblicke in ganz unterschiedliche Figuren und Liebesgeschichten. In jeder stehen Männer im Mittelpunkt, die aus unterschiedlichsten Gründen keine Frauen an ihrer Seite haben. „Was ich mit dieser Sammlung an Erzählungen vermitteln möchte ist, in einem Wort, Isolation und was das emotional bedeutet.“, erklärt Murakami in einem Interview mit dem New Yorker über den Kerngedanken des Erzählbands.

In Deutschland ist Haruki Murakami seit der hitzigen Diskussion über die lockere Sprache einer Sexszene in „Gefährliche Geliebte“ (2000) in der ZDF-Sendung „Das Literarische Quartett“ bekannt. Der DuMont Verlag hatte daraufhin beschlossen, die Werke von Murakami wieder direkt aus dem Japanischen ins Deutsche übersetzen zu lassen.

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„Von Männern, die keine Frauen haben“, übersetzt von Ursula Gräfe, erscheint am Donnerstag (9.10.2014) im DuMont Verlag und kostet 19,99 Euro.