Sturm im Wasserglas: Quentin Tarantino erhitzt Gemüter mit „Django Unchained“-Actionfiguren

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 8. Januar 2013

Es ist eine recht merkwürdige Welle der Entrüstung, die da grade durch die USA rollt: Quentin Tarantino hatte die Zustimmung gegeben, zu seinem neuen Film „Django Unchained“, einige Actionfiguren herstellen zu lassen - insgesamt sechs verschiedene Charaktere aus dem Film. Das ist erst mal nicht Schlechtes. Im Gegenteil. Actionfiguren sind bei Nerds und großen Filmfans (falls es da einen Unterschied gibt), immer beliebt gewesen. Allerdings protestieren nun Menschenrechtsorganisationen, Liberale und Gutmenschen. Der Grund: Weil drei der Actionfiguren im Film Sklaven sind, fürchten sie eine Nachstellung und Geringschätzung des Themas Sklaverei. Ein Benutzer auf Amazon prangert an:

Sklaverei ist kein Spiel. Diese Spielzeuge aber werden in die Hände von Menschen fallen, die denken, es wäre in Ordnung, nachzustellen, wie Sklaven behandelt wurden. Wie können diese Figuren Sammlerstücke sein? Bitte, nehmt sie vom Markt!

Derlei Kommentare finden sich nicht nur auf Amazon - es scheint sehr viele Leute zu geben, die den Film zwar mochten, aber die Actionfiguren als anstößig empfinden. Da stellt sich einem doch die Frage: Wieso?! Selbst wenn jemand nicht durchschauen sollte, dass „Django Unchained“ in erster Linie eine Satire ist, so müsste man doch, wenn man die Puppen für rassistisches Spielzeug hält, auch den Film für rassistisch halten! Die Puppen selbst werden auf dem Karton nicht als Sklaven identifiziert - man kann es also nur wissen, wenn man den Film gesehen hat. Und doch erfreuen sich Unmengen von Fans an der Darstellung der Sklaverei im Film und wollen die Puppen auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Das macht keinen Sinn, sondern zeigt nur, wie wenig der Durchschnittszuschauer bereit ist, über den Tellerrand hinauszuschauen und sein eigenes Denken kritisch zu betrachten.

Am Absurdesten ist bei dieser Kontroverse das Argument, dass Kinder ein falsches Bild der Sklaverei bekommen könnten, wenn sie Sklaverei-Szenen mit den Figuren nachstellen. Selbstverständlich ist der Film mit seinem exzessiven „N-Wort“-Gebrauch in den USA als ganz doll pfui-pfui eingestuft worden und ist für niemanden zu sehen, der unter 17 Jahren alt ist. Die Puppen werden also ausschließlich von Erwachsenen gekauft werden - nicht von Kindern. Und ein Erwachsener wird sich erstens der Tragweite der Sklaverei bewusst sein und zweitens mit den Puppen nicht spielen, sondern sie ins Regal stellen, zwischen die Figuren von Iron Man und Obi-Wan.

Warum gab es nie eine öffentliche Diskussion darüber, ob die kleinen, grünen Plastiksoldaten Kinder auf der ganzen Welt gegen die Schrecken des Krieges desensibilisieren?

Es lässt sich zusammenfassen: Manche Diskussionen sind einfach nur überflüssig. Dank Internet und Interaktivität kann inzwischen jeder seine kleingeistige Meinung in die Welt hinausseiern und so die Zeit von all jenen verschwenden, die einfach nur einen guten Film sehen wollen - oder Actionfiguren toll finden.

Quentin Tarantino lässt sich von dem Geplärre indes nicht beeindrucken. Er tourt momentan um die Welt und feiert eine Premiere nach der anderen - heute Abend in Berlin.