In der Kritik: Warum die New York Times über „Wetten, dass..?“ herzieht

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 1. Februar 2013

In der gestrigen Ausgabe der „New York Times“ wurde über Deutschland berichtet. Das ist grundsätzlich nichts Neues - die NYT berichtet öfter über Deutschland, allerdings meist über politische Themen. Allerdings ging es gestern Deutschlands liebstem Kulturgut an den Kragen: „Wetten, dass..?“ bekam in einem größeren Artikel von Deutschland-Korrespondent Nicholas Kulish sein Fett weg. Lanz sei ein „fleißiger Schuljunge“, der aber gegen Gottschalks Willy-Wonka-Anzüge abstinkt, die Wetten wären dümmliche kleine Tricks und die hohen Kosten der Show sinnlos herausgeworfenes Geld. Das eigentlich Bittere daran ist aber nicht, dass „Wetten, dass..?“ selbst in den USA nun schon beispielhaft für den Niedergang der deutschen Unterhaltung gesehen wird, sondern dass Kulish mit all seinen Behauptungen Recht hat - bis auf eine.

Ja, „Wetten, dass..?“ ist nicht mehr das, was es mal war. Damit ist nicht die Zäsur gemeint, die der Unfall von Samuel Koch darstellt, sondern ein allgemeiner Qualitätsverlust. Vor zwanzig Jahren hatte „Wetten, dass..?“ einfach mehr zu bieten. Das mag daran liegen, dass man damals noch nicht auf die Quote schielen musste, wenn die Show Samstagabend live ging. Heute muss das ZDF gegen allerlei Casting- und Spielshows und auch Spielfilme antreten. Ein bisschen was vom Niveau wurde dafür der Quote geopfert. Und es funktioniert: „Wetten, dass..?“ erreicht regelmäßig über 10 Millionen Zuschauer. Beispielhaft für den Niedergang der deutschen Unterhaltungskultur kann man die Show also nicht bewerten. Im Gegenteil - trotz der Jahr für Jahr immer weiter wachsenden „Bedrohung“ durch „Schlag den Raab“, insektenfressende Dschungelcamper und irgendwelche desaströsen Castingshows, ist sich „Wetten, dass..?“ seit inzwischen 32 Jahren treu geblieben und avancierte zu den erfolgreichsten Formaten Europas.

Und trotzdem: Kulish zitiert einige Journalisten und Medienmacher Deutschlands, die nicht viel Gutes an der Show lassen. Ein klarer Kritikpunkt, der gerechtfertigt ist, liegt in der völlig unnötigen Geldverschwendung die durch die permanenten Umzüge der Show entstehen. „Wetten, dass..?“ wird immer aus einer anderen Stadt übertragen. Kulish klagt über diesen „Wanderzirkus“:

Jedesmal muss eine Crew aus 250 Arbeitern die Bühne komplett neu aufbauen - 35 LKW's transportieren das gesamte Lichtequipment, die Umkleideräume und auch das Tonsystem kreuz und quer durch Deutschland - und manchmal auch ins Ausland.

Grade jetzt, da sich Deutschland über den „Beitragsservice“ der GEZ aufregt, wird an dieser unnützen Roadshow Kritik laut. Schließlich hat der Zuschauer ja nichts davon - die Bühne sieht immer gleich aus, egal in welcher Stadt sie grade gastiert. Millionen könnten so gespart werden. Im Zusammenhang mit der GEZ wird auch die Frage laut, ob der ZDF mit einer solchen Show zum Bildungsauftrag beiträgt. Gern zitiert wird in diesem Zusammenhang Markus Lanz, wie er in einem Kartoffelsack um den eine Katzenmütze tragenden Tom Hanks herumhüpft.

Eine Show wie „Wetten, dass..?“ mies zu machen ist einfach. Und über das „körperlose Echo“ herzuziehen, das bei englischsprachigen Gästen die Antworten für das Publikum übersetzt, ist schon fast billig. Die Sendung mag nicht perfekt sein; besser machen kann man immer etwas. Und trotzdem nehmen wir sie, wie sie ist. „Wetten, dass..?“ gehört mehr zu Deutschland und seiner Kultur als Weißbier und Sauerkraut. Darüber machen sich die Amis ja auch gern lustig.