Jack Rodman - Spannend, aber holprig

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 16. August 2012

Sven Heller hat es nicht leicht. Seine Freundin vögelt einen anderen, sein Chef brennt mit unterschlagenem Geld nach Griechenland durch und sein Wohnung - brennt ab. Aus Frust betrinkt er sich und wird von einem Auto überfahren. Alles an einem Tag. Als er im Krankenhaus aufwacht, stehen ihm praktisch alle Türen der Welt offen. Sven bekommt das, was viele sich nicht trauen, zu nehmen: eine zweite Chance, einen Neustart. Er beschließt, seiner alten Leidenschaft, der Musik, nachzugehen. Im Internet bastelt er sich eine zweite Identität zurecht - Jack Rodman heißt er von jetzt an, fälscht sich einen Ausweis, hat schon ewig in Arizona gespielt und ist überhaupt schon ein Star. Und dann - beißen die Fans auch in Deutschland an. Aber als seine Exfreundin dahinter kommt, dass Sven alias Jack jetzt mit Tour und Plattenvertrag einen Haufen Kohle verdient, will sie ihren Teil vom Kuchen abhaben...

Arno Wilhelm ist eigentlich als Poetry-Slammer bekannt, der nach eigenen Angaben vor einiger Zeit einen furchtbar kitschigen Roman geschrieben hat. „Jack Rodman - Die ganze Wahrheit“ ist nicht kitschig. Kein Stück. Stattdessen ist der 239 Seiten starke Roman, sei es nun Debüt oder nicht, spannend, zuweilen lustig und auch, so vermutet man als Leser, sehr nah an der Realität. Wer will einen denn schon davon abhalten, einer fiktiven Figur eine Homepage, Accounts in sozialen Netzwerken und ein paar youtube-Videos einzurichten? Schon ist der Star geboren! Besonders die dem Buch beiliegende CD mit drei Songs des Helden Jack Rodman macht Spaß. Aber natürlich gibt es einen Haken: So kurzweilig die Abenteuer von Jack Rodman auch sein mögen - sie sind recht mager geschrieben. Immer wieder holpert der Stil, die Sätze scheinen nicht recht aufeinander abgestimmt; das ganze Buch wirkt wie eine erste Fassung, über die dringend, sehr dringend nochmal ein Lektor schauen müsste. Ständig werden Informationen doppelt gegeben oder offensichtliche Sachverhalte unnötig erläutert. Das hinterlässt natürlich, so wie der feige Epilog, einen schalen Nachgeschmack. Aber bei einem Debüt eines so jungen Autors - Arno Wilhelm ist Jahrgang 1988 - sieht man ja vielleicht großherzig über den ungeschliffenen Stil hinweg. Denn abgesehen davon ist „Jack Rodman - Die ganze Wahrheit“ eine schöne kleine Geschichte, die sich irgendwo zwischen Roadmovie, Thriller, Komödie und Drama bewegt, manchmal an die Grenzen von Ethik und Genre stößt, einen manchmal zum Lachen bringt und einem das Lachen manchmal im Halse stecken bleiben lässt, und nicht zuletzt den Leser ein oder zweimal wirklich zum Nachdenken bringt - über Schuld, Sühne, Moral und Rock 'n' Roll.

„Jack Rodman - Die ganze Wahrheit“ ist jetzt im Handel erhältlich.

Arno Wilhelm - „Jack Rodman - Die ganze Wahrheit“