Comedy im London der 60er Jahre - Nick Hornbys neues Buch "Miss Blackpool"

von Portrait von Stella Thiele Stella Thiele
Veröffentlicht am 21. November 2014

Titel wie „High Fidelity“, „About a Boy“ oder  “A Long Way Down” dürften spätestens seit den prominenten Verfilmungen bekannt sein. Die Romanvorlagen für die Kassenschlager lieferte der britische Autor Nick Hornby, der es wie kein zweiter versteht, seinen Charakteren tiefe zu verleihen. Seine Bücher haben Witz und Charme, schrecken vor den Abgründen unseres Daseins genauso wenig zurück, wie vor den Sonnenseiten. Mit Leichtigkeit zeichnet Hornby die Portraits seiner vielseitigen Figuren und schafft es so minimalistischen Handlungen Spannung und Tempo zu verleihen. Wer ein Buch von Nick Hornby in die Hand nimmt, der legt es garantiert nicht so schnell wieder zurück.

Das ist auch bei seinem neusten fiktionalen Werk „Miss Blackpool“ nicht anders. Hornby zeichnet Figuren die real erscheinen und mit denen man von der ersten Zeile an mitfiebert.

[PHOTO,3]

Barbara kommt aus Blackpool, einem englischen Proviznest im Norden Englands. Sie arbeitet in der Kosmetikabteilung eines Kaufhauses, ist jung, attraktiv und gewinnt sogar einen Schönheitswettbewerb. Doch Barbara will in ihrem Leben mehr erreichen als Miss Blackpool zu werden, einen Mann zu finden, Kinder zu bekommen und Hausfrau zu sein. Sie träumt von einer Karriere als Comedy Star. An ihrem Entschluss nach London zu ziehen, kann auch der gewonnene Schönheitswettbewerb nichts ändern. Sie packt ihre Koffer und entflieht dem kleinen Badeort, an dem ihr Ziel so weit entfernt scheint.

In London angekommen, nimmt sie, um die Miete zahlen zu können, zunächst wieder einen Job hinter einer Kosmetiktheke an. Es ist der Zufall, der Barbaras Leben nach einiger Zeit wirklich in neue Bahnen lenkt. In einem Restaurant lernt sie einen Schauspielagenten kennen, der sie mit Kusshand unter Vertrag nimmt. Anders als Barbara, sieht er sie jedoch als Model, mit dem er schnelles Geld verdienen kann. Barbara denkt, mit ihrer taffen Art, jedoch nicht daran, nur für ihr Aussehen bezahlt zu werden. Sie will Menschen zum Lachen bringen und überredet den Agenten, sie für verschiedenste Rollen vorsprechen zu lassen. Als Beide die Hoffnung auf ein Engagement schon fast aufgegeben haben, landet das miserable Drehbuch eines „Comedy Playhouse“ auf dem Schreibtisch des Agenten. Trotz des schlechten Titels und des fehlenden Witzes besteht Barbara, der inzwischen der Künstlername Sophie Straw verpasst wurde, auf ein Vorsprechen.

Als sie den Raum betritt, in dem die Drehbuchautoren Bill und Tony, der Produzent Dennis und der Schauspieler Clive auf sie warten, verändert sich ihr Leben von Grund auf. Die Drehbuchautoren wissen um die nichtvorhandene Qualität des Drehbuches. In Sophie finden sie eine neue Muse, mit deren Hilfe sie eine halbstündige Sendung schreiben, wie sie Großbritannien noch nicht gesehen hat. Gegen den störrischen Senderchef der BBC boxt das Team, das für Sophie in der Zwischenzeit zu einer Ersatzfamilie geworden ist, das Drehbuch durch und behält Recht. Die Testfolge von „Barbara (and Jim)“ wird zu einem riesen Erfolg und darf in Serienproduktion gehen.

[PHOTO,4]

Doch was passiert, wenn Schönheit und Ruhm mit der Zeit verblassen? Dieser Frage geht Autor Nick Hornby mit gewohnter Leichtigkeit und gnadenloser Ehrlichkeit auf den Grund. Er entführt uns ins London der 1960er Jahre, an den Ursprung der britischen Popkultur. In einer Zeit, die als Geburtsstunde der modernen Fernsehunterhaltung gesehen werden kann und in der seine Hauptfigur, die „Miss Blackpool“, als gefeierte Komikerin steil aufsteigt. Hornby scheut dabei, in gewohnter Manier, nicht die Schattenseiten des Ruhms gnadenlos auszuleuchten. Mit seinen fünf zentralen Figuren webt er eine packende Story um die Produktion einer Sitcom, die von weit mehr erzählt als von ruhmreichem Aufstieg und Verfall. Der britische Autor zeichnet eine Geschichte über lebenslange Freundschaft, ganz große Auftritte und die ganz große Liebe.

„Miss Blackpol“ ist letzte Woche im KiWi-Verlag erschienen und nicht nur den Fans von Nick Hornby wärmstens zu empfehlen. Es ist grandiose Unterhaltung, die uns in eine längst vergangene Zeit versetzt, an Aktualität jedoch nicht einbüßt. Genau das Richtige, um es sich an kalten Winterabenden mit einer Decke im Wohnzimmer gemütlich zu machen und den eigenen Alltag für einen Moment zu vergessen.