Aserbaidschan kritisiert deutsche Berichterstattung zum Eurovision Song Contest

von Portrait von Karoline Sielski Karoline Sielski
Veröffentlicht am 2. Mai 2012

Aserbaidschan ist Schauplatz des Eurovison Song Contests 2012. In der Hauptstadt Baku wird unser Teilnehmer Roman Lob am 26. Mai sein Bestes tun, um Deutschland zu vertreten. Allerdings werden hier zu Lande vereinzelte Kritiken an den politischen Umständen in Aserbaidschan laut, wie aktuell auch in der Ukraine auf Grund der inhaftierten Timoschenko vor dem Hintergrund der Fußball Europameisterschaft. Aserbaidschan  empfängt die Kritik nicht gerade mit Freude. Beispielsweise Grand-Prix Chef Thomas Schreiber äußert sich der taz gegenüber kritisch zu den Vorrausetzungen eines Landes, an einer Veranstaltung wie dem Song Contest teilzunehmen. Eine demokratische Basis und die Einhaltung der Menschenrechte sind für ihn die unabdingbar, um eine europäische Veranstaltung dieser Größenordung überhaupt stattfinden zu lassen.

"Wir sollten aufpassen, dass wir fair sind, dem Song Contest gegenüber und Aserbaidschan. Ich will mich nun nicht auf dünnes Eis begeben und sozusagen das Thermometer für die Celsiusgrade an Menschenrechtsverletzungen ansprechen, aber ich habe schon den Eindruck, dass an den ESC gelegentlich andere Maßstäbe angelegt werden als an Olympische Spiele …" "Wenn jetzt der Fokus des Eurovision Song Contest nach Baku kommt, dann wäre es doch naiv, anzunehmen, dass die dortige Regierung nicht weiß, was das bedeutet. Sie werden sich reformieren müssen - im demokratischen Sinne. Baku will sich um die Olympischen Spiele 2020 bewerben, und der Contest soll dem Image helfen, nicht ihm schaden. Wir können dabei helfen." mehr...

Offensichtlich übt er einerseits Kritik, andererseits ist er auch überzeugt, dass der Eurovision Song Contest 2012 Aserbaidschan durch die gesteigerte mediale Aufmerksamkeit zwangsläufig helfen wird, noch weltoffener und moderner zu werden bzw. zu beweisen, wie sehr Aserbaidschan es bereits ist. Ein Boykott der Veranstaltung in Baku ist für ihn also der falsche Weg. Präventiv Grundvorraussetzungen in möglichen Austragungsländern des Musikwettbewerbs zu schaffen solle viel mehr das Ziel sein.

Die Botschaft Aserbaischans in Berlin äußert ihren Unmut über die kritischen Äußerungen:

"Seit einiger Zeit, gleich nach dem Sieg Aserbaidschans im Eurovision Song Contest, wird eine systematische Kampagne gegen Aserbaidschan geführt. Dies ist bedauerlich [...]. Die deutschen Medien, wie SPIEGEL und ARD leisten ebenfalls Unterstützung für diese Kampagne" mehr...

Unser Star für Baku Jurypräsident und Musiker Thomas D dagegen schwächt die Forderungen an Aserbaidschan etwas ab. Er meint, der Eurovision Song Contest solle politisch nicht zu überladen werden, den die Verbesserungsprozesse eines Landes seien eine davon unabhängige, stetige Angelegenheit. Natürlich rückt bei so einer Veranstaltung auch die politische Lage des betreffenden Landes in den Blickpunkt - und das ist auch sehr gut so. Schließlich ist es eine ausgeschriebene europäische Sache und die Augen vor vermeintlichen Menschenrechtsverletzungen sollten nie verschlossen werden. Aber letztendlich ist der Eurovision Song Contest doch vor allem eins - ein Musikwettbewerb. Das sollte am Abend des 26. Mai auch im Vordergrund stehen. Im harmonischen Rahmen werden traditionsgemäß immer hier und da politische Forderungen in ein oder zwei Songs geäußert - was ein perfekter Kompromiss zwischen Musikwettbewerb und politisch genutzer, medialer Aufmerksamkeit ist.

Ell & Nikki hatten mit Running 2011 den Eurovision Song Contest gewonnen und damit Aserbaidschan für 2012 als Austragungsort festgesetzt.

Eurovision Song Contest - Zieht Deutschland über Aserbaidschan her?