Helge Schneider CD-Kritik: Hat "Sommer, Sonne, Kaktus" Kult-Potenzial?

von Portrait von Karoline Sielski Karoline Sielski
Veröffentlicht am 8. August 2013

Sehnsucht - Schneider hat sie, wir haben sie. Nach Jahren der Abstinenz neuer musikalischer Ergüsse aus dem genialen Helge Schneider Absurdistan singt das bärtige Improvisationstalent wieder. "Sommer, Sonne, Kaktus" ist eine Liebeserklärung an das schöne Leben. Wäre la dolce vita eine Frau, würde Schneider sie mit "Sommer, Sonne, Kaktus" auf charmant-witzige Art umgarnen. Ich schmelze bereits durch seine inbrünstige Trällerei dahin wie Eis in der Wüstensonne. Darauf haben Fans in der Tat sehnsüchtig gewartet: Endlich neue Musik von Helge! Dieses Album setzt auf Urlaubsfeeling-Stategie; ich drehe die Songs durch den Sommerhit-Wolf und prüfe sie auf Kult-Tauglichkeit.

"Sommer, Sonne, Kaktus" schallt schon durch die Lande, die Single wurde am 19. Juli vor dem Album-Release am 9. August veröffentlicht. Helge will Sommer - aber "hier in Duisburg" muss er leider ins Hallenbad gehen. Er dudelt seinen Kaktus-Song, der selbstreflektierend dann in der Erkenntnis gipfelt: "Illusion!" "Sommer, Sonne, Kaktus" - das ist schließlich "the way" zu leben - blauer Himmel und gute Laune hat Helge eben einfach daheim. "Paella in the Bauch" - aber nicht im "holiday", sondern zu Haus. So ist der Brauch: Sommer, Sonne Kaktus. Wer braucht schon die Ferne, wenn er "on sä Badestränd" ist? Ka-ka-ka-katus! Ha-ha-ha-hallenbad!

Helge Schneider CD-Kritik: Hat "Sommer, Sonne, Kaktus" Kult-Potenzial?

Jetzt wird es heiß - "Nachtigall, huh (Es zittert unser Haus, was ist nur draußen los?") ist eine mit viel "Huh"-Gerufe sexy, humorvolle Version von Psys "Gangnam Style". Übel nehmen kann ich ihm diese Mainstream-Anleihe nicht - einfach zu charmant. Eine Hymne! Hier singen und trommeln alle mit. Clap ya hand! Das ist definitiv die beste "Gangnam Style" Anleihe, die ich gehört habe.

Eigentlich alle Tracks auf "Sommer, Sonne, Kaktus", wie "I'm Coming From The USA" und "Scrubble di Bubble" reihen sich in die Riege der 'Dubidubidu' Träller-Songs ein. Jazzig und cool, wie von Schneider gewohnt. Schunkeln und schmunzeln, denn bei Helge bedarf es nicht vieler Worte zur Verzückung - oder anderer Worte als der Kauderwelsch-Fetzen wie in "It Ain't Necessarily So". Hauptsache Helge, hauptsache Dada. Viele verfallen ohne Sinnstiftung leicht in Panik - andere, wie Helge, suchen den tieferen Sinn im Unsinn und finden ihn auch. Die Texte nuschelt Helge irgendwo in seinen Bart hinein und trotzdem kommen sie an.

Rein instrumental begleitet "Catwalk Melodie" - nur im Hintergrund glaube ich ganz leise Helges Raunen als Hintergrundrauschen zu hören. Ein kauziger Kommentar? "To Be A Man" gibt es gleich zweimal auf "Sommer, Sonne, Kaktus", denn einmal ist die Extended Version dabei. Melancholisch, wie ein einsamer Mexikaner bei Sonnenuntergang vor einem abgeknickten Kaktus, der träge ein paar Gitarrensaiten anklimpert. Herrlich. Und dann versetzt mich der Song in eine Szenerie, in der dieser Mexikaner urplötzlich im Scheinwerferlicht auf der kleinen Bühne seines Stammnachtclubs einen gestriegelten, leicht schief singenden Auftritt hinlegt und dem lokalen Publikum einen schönen Moment beschert. Irgendwann, bevor das Lokal zu später Stunde schließt.

Die Liebe kann nicht fehlen, wenn Helge an Sommer denkt. "Advertising young love for sale" singt er in "Love For Sale". Liebe im Schlussverkauf. Anders geht es da in "Offenes Hemd" zu - wehmütig, reumütig singt er hier seine verschollene Liebe an - "Jutta, komm zurück!" Panflöten, Rasseln. Fröhlich streift den armen, liebestrunkenen, aber immer weiter grinsenden Helge der Wind. Es war nicht so gemeint, Jutta bleibt das beste Stück - und wenn nicht, kein Problem. Die nächste Lady kommt bestimmt. Hier kommt einmal mehr Textkreation zum Einsatz, während die meisten anderen Songs auf weniger Lyrics setzen. Es lohnt sich, genau hinzuhören. Der feine Humor im Track kommt wie eine Brise, die sich zum Lachsalven-Sturm hochschaukeln kann. "Drinking Blues" beginnnt mit einem Würge- und Brechreizsound. Ein Raunen. Mehr Ringe als Augen, mehr Whiskey als Blut im Körper. "My baby left me" singt er - selten muss man bei einer solch traurigen Textzeile so sehr grinsen wie bei Schneider. In "With Love in My Fingers (Say It With Love)" - singt Helge "Dibidubidabi - abu dhabi". Einfach und wirkungsvoll. Musik ist eben die Sprache, die jeder versteht. "Schalalalala..." nach zu viel "lalala..." muss er selbst im Song lachen.

"Somewhere Over The Rainbow" und "Mr. Bojangles" sind Urlaubsfeeling-Klassiker-Cover à la Schubidubidu-Schneider-Lou. Samwärrr owär sä räinbo: Das ist nichts Neues bei Helge - er hat es einfach drauf, durch seine pure Existenz Gekichere zu evozieren. Wär sä klooods arr farr biheind mi...

Die Essenz: "Sommer, Sonne, Kaktus". Für mich ist die Sache klar. Das Album nährt den Boden für weiteres Helge Kult-Material.

Helge Schneider LIVE Termine 2013

16.08.2013 Neubrandenburg Jahnsportforum
17.08.2013 Schwerin Freilichtbühne Schlossgarten
18.08.2013 Braunschweig Volksbank BraWo Bühne
21.08.2013 Dresden Filmnächte am Elbufer
23.08.2013 Köln Tanzbrunnen
24.08.2013 Hannover Gilde Parkbühne
25.08.2013 Leipzig Parkbühne Clara Zetkin Park
28.08.2013 Bochum Zeltfestival Ruhr
30.08.2013 Hamburg Stadtpark Freilichtbühne
31.08.2013 Kiel Freilichtbühne Krusenkoppel
01.09.2013 Rostock IGA Parkbühne
05.09.2013 Berlin IFA Sommergarten Messegelände
06.09.2013 Görlitz Landskron KulturBrauerei
 
11.12.2013 München Philharmonie Gasteig
13.12.2013 Trier Arena
14.12.2013 Saarbrücken Saarlandhalle
15.12.2013 Düsseldorf Tonhalle
16.12.2013 Aachen Eurogress
17.12.2013 Siegen Siegerlandhalle
18.12.2013 Mülheim Stadthalle
19.12.2013 Mülheim Stadthalle
20.12.2013 Mülheim Stadthalle