Das letzte Interview von OZ

von Portrait von Götz H. Henke Götz H. Henke
Veröffentlicht am 9. Oktober 2014

Walter Josef Fischer war ein Mensch, der sich ungern Schranken aufweisen ließ. Mit dem Tag "OZ", dass alleine in Hamburg über 120.000 Mal gesichtet wurde und seiner unnachgiebigen Art, hat er sich jedoch nicht nur einen festen Platz in den Annalen der Graffiti-History, sondern, wie einige Kunstkritiker behaupten, auch in der allgemeinen Kunstgeschichte der jüngeren Zeit gesichert.

Das Licht der Welt erblickte er in Heidelberg, wo er als Waise in einem Heim aufwuchs. Er wurde mit einer Gaumenspalte geboren, welcher er im späteren Leben versuchen würde durch operative Eingriffe Herr zu werden, was aber fehlschlug. 1977 begann er mit dem Sprayen und wegen seinem von Anfang an massiven Output an OZ-Schriftzügen und Smileys vermutete die Polizei zunächst es müsse sich wohl um eine ganze Gang handeln, die da am Werke ist. Es handelte sich aber nur um einen einzelnen Mann.

In seiner langer Sprayerkarriere blieben Konfrontationen mit dem Gesetz nicht aus; er wurde zahlreiche Male wegen Sachbeschädigung angeklagt und auch verurteilt, so dass er insgesamt ganze acht Jahre im Gefängnis verbrachte. Von seiner Lieblingsbeschäftigung konnte dies ihn aber nicht abhalten; in einem Fall konfiszierte die Polizei zunächst seine Spraydosen, um ihn nicht mehr als drei Stunden später festzunehmen, als sie ihn erneut beim sprühen erwischte. In einem anderen Fall wurde er von Mitarbeitern der Hamburger S-Bahn Wache festgehalten und brutal verprügelt.

"Wenn ich aufhören würde, würde das denen (der Polizei & der S-Bahn Wache) gefallen. Aber ich wäre lieber tot als vor denen den Schwanz einzuziehen" OZ

Nach eigener Aussage verteilte er seine Kreisel, Smileys und OZ-Tags überall um die triste, graue Stadt aufzuwerten und Menschen zum lächeln zu bringen. Er bestreitete das Vorrecht der Werbemacher, den öffentlichen Raum konkurrenzlos zu prägen, und reklamierte ein Recht auf "Stadt für alle". Großflächige, bunte Wandgemälde gehörten auch zu seinem Repertoire und in den letzten Jahren fand seine Kunst auch immer öfter den Weg in die Gallerie. Diverse Ausstellungen in Hamburg und Berlin machten ihn auch einem breiteren, nicht ausschließlich Streetart-orientiertem Publikum bekannt. Erst im April dieses Jahres erschien zudem das Buch "Free OZ- Streetart zwischen Revolte, Repression und Kommerz" im Assoziation A Verlag.

OZ wurde am 25. September beim Sprühen auf den Gleisen Hamburgs von einer S-Bahn angefahren und verstarb kurze Zeit später an den dabei erlittenen schweren Kopf- und Rückenverletzungen. Nicht nur in der Graffitiszene löste die Nachricht von seinem Tod große Betroffenheit aus; selbst die Tagesschau berichtete. Auf der Online Plattform Vocativ erschien nun eine zwar nicht  lange, aber durchaus interessante Dokumentation inklusive eines Interviews mit OZ, welche kurz vor seinem Lebensende aufgenommen wurde.

Das letzte Interview von OZ