Nach RTLs Trashformat "Wild Girls" legt ProSieben mit "Reality Queens" nach

von Portrait von Marlon Kumar Marlon Kumar
Veröffentlicht am 23. August 2013

Kaum hat RTL mit seinen silikonschweren Trash-Ladies "Wild Girls" einen neuen Tiefpunkt im Reality-Soap-TV - oder überhaupt im deutschen Fernsehen - erreicht, muss ProSieben doch tatsächlich an diese Herausforderung anknüpfen und nachlegen: Aufgetakelte, völlig ungebildete E-Promis werden dieses Mal nicht in die Wüste Namibias, sondern in die Steppe Tansanias geschickt, wo ein zynischer Stammeshäuptling bereits auf sie wartet. Kein Zweifel, "Reality Queens" ist ein Imitat mit den gleichen moralisch und soziokulturell fragwürdigen Handlungen. Der einzig markante Unterschied: Die Einheimischen ahnen, dass die dekadenten westlichen Schickimicki-Frauen ihre Gesellschaft vergiften.

Warum ProSieben allerdings auch eine Show für Gehirnapathiker produzieren lässt, obwohl das RTL Pendant bereits im Vorfeld von Journalisten und sogar Politikern filettiert wurde, bleibt ein intellektuelles Rätsel. Und wo wir gerade bei Intellekt sind: Eine der Schrullen wurde vor eine Weltkarte gesetzt und aufgefordert, den Kontinenten Afrika zu bestimmen. Dabei tippt sie zunächst auf Russland, denn: "Afrika ist ja groß". Dann hat sie einen kongenialen Einfall und tippt tatsächlich auf Afrika, ist sich mit ihrer Wahl jedoch unsicher: "Ist das hier Afrika? Nee, das ist doch zu klein, oder?" Und jetzt stellt euch vor, wie solche Personen uns repräsentieren und in Afrika ihr Unwesen treiben. Da läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken.

Daumen hoch deutsches Privatfernsehen: Ein Nomadenvolk dient also wieder nur als Unterhaltungszweck für die Erste Welt und wird mit Dummheit - der schlimmsten Krankheit auf Erden - infiziert. Wieder fragt man sich, welche Gegenleistung das indigene Volk für seine Demütigung erhält und ob sich jemand vor der Produktion mit Kolonialthemen und Ausbeutung beschäftigt hat. Fragen, die uns nur allzu bekannt sind. 1906 entsandte der deutsche Kaiser beim Maji-Maji Aufstand in Tansania seine Truppen. Damals starben 300.000 Menschen. Es geht hier wieder einmal um weit mehr, als nur das allzeit präsente Fremdschämen.

Als die Gören sich das erste Mal auf dem Frankfurter Flughafen treffen, werden die Fühler ausgestreckt und die Claims abgesteckt. Jede will diesen lächerlichen 'Trip' für sich entscheiden und würde sich für ein wenig Aufmerksamkeit ausziehen, bloßstellen und für dumm verkaufen. Naja, das sind ja sowieso die Teilnahmebedingungen. Welches Geschütz ProSieben hier ausfährt, ist respektlos, menschenverachtend und ein weiterer Schritt zur nationalen Volksverdummung.