"George": Wie kritisch wurde Götz Vater Heinrich George porträtiert

von Portrait von Marlon Kumar Marlon Kumar
Veröffentlicht am 23. Juli 2013

Wenn eigener Glaube und Realität divergieren: In der Dokumentation „George“ porträtiert Götz George seinen Vater Heinrich George, der als propagandistisches Symbol des NS-Regimes in die deutsche Schauspielgeschichte einging - allerdings soll er als Theaterintendant auch Kollegen vor der Verfolgung gerettet haben. In der Dokumentation zeigt Heinrich sich in einem sowjetischen Verhör als naiver Darsteller, der einfach nur spielen wollte, nichts von der Intention der Propaganda-Filme wusste und sich schon gar nicht für Politik interessierte. Gestern Abend lief die Dokumentation auf Arte, diesen Mittwoch läuft sie im Ersten.

Kritiker wie Filmproduzent Artur Brauner, welche die dramatische Dokumentation bereits im Vorfeld betrachten konnten, warfen Götz mehrfach vor, dass er seinen Vater mit dieser schauspielerischen Darbietung und Interpretation glorifiziere, anstatt auf die vermeintlich zwielichtigen Absichten des Nazi-Propaganda-Stars einzugehen. Götz spielt seinen Vater - die vielleicht wichtigste bzw. schwierigste Rolle seines Lebens - mit bravourösem Enthusiasmus und liefert den letzten Beweis seiner künstlerischen Kompetenz.

Essenz des Films sind diverse Verhöre, in denen ein sowjetischer Offizier die Wahrheit über die politische Gesinnung und Ideologie sowie die Motive Heinrich Georges eruieren will. Kläger und Angeklagter liefern sich also einen verbalen Schlagabtausch, in dem Götz Georg seinen Vater als rechtschaffenden, unwissenden und arglosen Künstler darstellt. Daneben gibt es historische Original-Aufnahmen, weitere, authentisch nachgestellte Szenen und Gespräche mit Zeitzeugen – darunter selbstverständlich Götz George persönlich.

Wer kann Götz verdenken, dass er seinen Vater romantisiert? Es ist nachzuvollziehen, dass ein Sohn eine persönliche - und vielleicht auch gutgläubige - Sicht vom Vater besitzt. Es ist das Recht des Kindes, Illusionen zu haben. Allerdings ist es nicht sein Recht, Unwahrheit zu verbreiten und Tatsachen ins falsche Licht zu rücken. Götz Vorteil ist die Unklarheit, die fehlenden Beweise. Das mag auch der Knotenpunkt der Doku sein: Es wird zwar recherchiert, aber im Endeffekt kommt man auf kein Ergebnis und sie dient lediglich dem Zweck der historischen Unterhaltung. Die eklatanten Entwicklungen der Nationalsozialisten vernimmt der Zuschauer als fernes Echo. So bleibt der Film lediglich ein persönliches Porträt eines Sohnes und seinem größten Idol: Dem Vater.

Ob das öffentliche Urteil über einem Mann, der Schauspieler sein wollte und sich dafür womöglich instrumentalisieren lassen musste, gerechtfertig ist, möchte ich mal unkommentiert lassen. Es bleibt letztenendes jedem selbst überlassen, mit welcher Version er sich anfreundet.

"George": Wie kritisch wurde Götz Vater Heinrich George porträtiert