Claus Kleber kritisiert ARD "Tagesschau". Zu Recht?

von Portrait von Karoline Sielski Karoline Sielski
Veröffentlicht am 23. Mai 2013

Die ARD "Tagesschau" Nachrichtensendung ist eine Institution im deutschen Fernsehen und gehört immer noch für viele Haushalte zum Alltäglichen wie dem Abendbrot. Die Quoten sind stabil, mehr als acht Millionen Menschen schalten schon seit vielen Jahren ein, wenn die "Tagesschau"-Melodie erklingt. Da verwundert es erst einmal, dass die berühmten Nachrichtenmoderatoren - der "heute-Journal" Chef Claus Kleber, sowie der ehemalige "Tagesthemen" Nachrichtensprecher Ulrich Wickert, das Format in der heutigen Wochen-Zeitungsausgabe der Zeit innerhalb eines Interviews ins Kreuzfeuer nehmen.

Auch wenn überraschend, so ist ein kritischer Blick interessant und nicht zu verachten. Falls es konstruktive Vorschläge gibt, gebührt diesen Respekt. Wie reflektieren die Nachrichtensprecher die Sendung?

Claus Kleber sagt in der Zeit über die "Tagesschau": "Ich glaube nicht, dass sich dieses Konzept gerade überlebt. Weil das, was diese Art von Nachrichten bietet, am ehesten ersetzt wird durch den schnellen Blick ins Internet." Tatsächlich verlagert sich der Blick immer mehr ins Internet, doch fänden es nicht genügend Menschen schade, wenn es keine Koexistenz beider Systeme gäbe? Ohne Zweifel erlangen immer mehr Menschen ihre Informationen via Internet, das ist der Weg. Dennoch darf eine Institution wie die "Tagesschau" für alle bestehen, die abends gemeinsam vor dem Fernsehgerät zusätzlich ihre paar Minuten verlässliche, reine Information vorfinden wollen, oder nicht? Die "Tagesschau" wird wertgeschätzt, ernst genommen und für viele ist dieses Nachrichtenformat immer noch angenehmer als jenes von diversen Privatsendern. Der Rezipient will Entertainment, zu Recht. Und zu Recht will er auch seine reine, verlässliche Information ohne Infotainment-Anhang. Das geht nunmal gut mit der "Tagesschau".

Der Unterschied zum "heute-journal" und den "Tagesthemen" bestehe laut Ulrich Wickert darin, dass dort nicht, wie in der "Tagesschau", pur abgelesen wird, was redaktionell an Information zusammengefasst wurde, sondern mehr "journalistische Freiheit und Gestaltungsmöglichkeit" bestünde. Sicherlich kommt das Moderatoren wie Kleber und Wickert entgegen. Die Einordnung der Sachverhalte, der Kommentar, das sind wichtige Aufgaben des Journalismus - das ist es, was Herr Kleber will und soll. Spricht tatsächlich alles gegen eine zusätzliche, reine Informationsform ohne Moderation? Wird nicht gerade die Vielfältigkeit der Nachrichtensendungen, sowohl im Fernsehen, als auch im Internet, allen Informationsbedürfnissen gerecht? Wieso die Vielfalt nicht beibehalten?

Ist es verwunderlich, dass Kleber in dem Zeit Interview anmerkt, die jüngere Generation brauche die "Tagesschau" eigentlich nicht, da sie ihre Informationen primär über das Web erhalten und das deswegen das Konzept gerade nicht überleben wird? Was ist mit all den anderen, die beide Quellen nutzen? Würden diese die "Tagesschau" als reine Informationsinstanz missen und mehr Kommentare als störend empfinden? Wird die Sendung dann länger, oder fällt im Gegenzug dann wichtige Information weg? Soll die Abgrenzung zu dem "heute-journal" und den "Tagesthemen" tatsächlich verschwinden; ist das der notwendige Weg?

Gegen die von den Nachrichtensprechern Kleber und Wickert gewünschten Modernisierungsmaßnahmen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Denn wer darüber nachdenkt, wie eine Verbesserung stattfinden kann, wie die Zeichen der Zeit stehen, nur der kann sich verbessern. Der Blick in Richtung Internet ist da durchaus logisch. Herr Kleber sieht klar, dass die nachwachsenden Generationen die Zukunft sind und es zeugt von rein grundsätzlicher Weitsicht, zu erkennen, für wen man künftig Informationen aufbereitet. Die "Tagesschau" gibt es auch online - also dort, wo sich sowohl die jüngere Generation primär bewegt, als auch tendenziell immer mehr Rezipienten. Das ist ein guter Weg, genauso, wie das Bestreben, die Nachrichtensendungen mit mehr journalistischen Gestaltungsmöglichkeiten noch "direkter" zu machen. Wir brauchen die pure Information und in der Tat auch diese, die zusätzlich einen kompetenten und ehrlichen Kommentar zusetzt und das in allen Medienformen. Bieten die diversen ARD Informationsangebote das nicht? Wenn es noch besser geht, dann her damit. Wer würde tatsächliche Verbesserungen nicht honorieren.

Die bekannten Nachrichtenmoderatoren richten den Blick auf die eigenen Sendungen des Hauses - eine gute Werbung. Jetzt sind wir natürlich umso gespannter, ob eine tatsächlich realisierte Reform Sinvolles ergeben würde.