Der Mann, der bei den Affen aufwuchs

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 27. August 2012

John Clayton III., Lord Greystoke. Das ist ein Name, der heute nur noch sehr wenigen Leuten geläufig ist. Und diejenigen, die wissen, wer das ist, kennen auch seinen geläufigeren Namen: Tarzan. Vor 100 Jahren, am 27. August 1912, wurde die Geschichte des Jungen, der von Affen großgezogen wird, erstmals im All-Story Magazine veröffentlicht. Für seinen Schöpfer, den bis dahin nicht nur als Autor erfolglosen Amerikaner Edgar Rice Burroughs, beginnt damit ein neues, besseres Leben. Nachdem der damals 35-Jährige schon als Goldschürfer, Vertreter und Eisenbahnpolizist gearbeitet hatte, investierte er 1911sein letztes Geld in Bleistiftanspitzer - und verlor es. Burroughs litt zunehmend an Depression und begann, praktisch als letzte Rettung, Geschichten zu schreiben. Tatsächlich wurde sein erstes Machwerk „Dejah Thoris, Princess of Mars“ als Fortsetzungsgeschichte veröffentlicht. Für die Rechte erhielt er 400 Dollar. Nachdem seine zweite Geschichte abgelehnt wurde, kam mit der dritten Erzählung sein Durchbruch: „Tarzan Of The Apes“ zog Comics, Buchauflagen, Filme (der erste entsteht schon 1917), Serien und über 20 Fortsetzungen nach sich.

Der bekannteste Darsteller von Tarzan, was auf Mangani, der von Burroughs erfundenen Affen-Sprache, so viel wie „Weiße Haut“ bedeutet, war Johnny Weißmuller. Dessen richtiger Name war Johann Peter Weißmüller, geboren 1904 in einem Dorf in Österreich-Ungarn (heute Rumänien). Weißmuller spielte Tarzan in den 30ern und 40ern in zwölf Filmen. Wahr ist, dass Weißmuller jodeln konnte, über 50 Weltrekorde im Schwimmen aufstellte, als Jugendlicher zeitweise auf der Straße lebte und ihm von den Ärzten keine 30 Jahre Lebenserwartung diagnostiziert wurde. Falsch ist, dass der Schimpanse Cheeta, mit dem er in vielen der Filme zu sehen war, der älteste Affe der Welt ist. Überhaupt wird in der Erzählung von Burroughs nie gesagt, was für eine Art Affen Tarzan nun eigentlich großziehen - Schimpansen oder Gorillas jedenfalls sind es nicht. Cheeta wurde von mehreren Affen dargestellt - je nachdem, welche Fähigkeit grade in der Filmszene dargestellt werden musste. Und auch der Schimpanse, der Johnny Weißmullers Frau Maria 1971 im „Aktuellen Sportstudio“ die Perücke vom Kopf riss, stammte aus einem Zoo und war keiner der Cheeta-„Darsteller“.

Tarzan wird 100

Ebenfalls irreführend, wenn auch populär geworden, sind die Worte „Ich Tarzan. Du Jane.“, die im englischen Original aber noch bruchstückhafter sind. Eigentlich hatte Jane Tarzan nur ihren Namen und seinen eigenen beigebracht:

Jane: "Jane."

Tarzan: "Jane."

Jane: "And you? You?"

Tarzan: "Tarzan! Tarzan!"

Jane: "Tarzan."

Tarzan: "Jane. Tarzan. Jane. Tarzan."

Johnny Weißmuller starb mit 79 Jahren nach einem Schlaganfall, heftigen Alkoholausfällen und mehreren stationären Behandlungen völlig verarmt in Acapulco. Bei seiner Beerdigung wurde auf Wunsch seiner letzten Frau Maria (Weißmuller war fünf Mal verheiratet) noch einmal der berühmt gewordene Tarzan-Schrei abgespielt.

Die nächste Verfilmung des Stoffes kommt am 25. Juli 2013 in die deutschen Kinos. In dem Animationsfilm spielen „Twilight“-Darsteller Kellan Lutz als Tarzan und Spencer Locke („Resident Evil: Afterlife“) als Jane.