Mitt Romney stempelt über 150 Millionen Amerikaner als Sozialschmarotzer ab

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 19. September 2012

Das war bitter: Mitt Romney wurde heimlich dabei gefilmt wie er bei einer kleinen Rede-und-Antwort-Session nicht nur Frieden mit den Palästinensern ausschließt, sondern auch knapp die Hälfte aller Amerikaner zu arbeitsunwilligen Faulpelzen erklärte, die keine Verantwortung für sich selbst übernehmen wollen. Der „Spiegel“ zitiert den Präsidentschaftskandidaten der Republikaner:

47 Prozent der Leute werden für den Präsidenten stimmen, egal was geschieht. Diese 47 Prozent sind abhängig von der Regierung; sie glauben, Opfer zu sein; sie glauben, dass die Regierung die Verantwortung hat, sich um sie zu kümmern; sie glauben, dass sie einen Anspruch haben auf Gesundheitsversorgung, auf Essen, auf Wohnen, auf alles mögliche. (...) Diese Leute zahlen keine Einkommensteuer (...) Es ist nicht meine Aufgabe, mir Gedanken um diese Leute zu machen. Ich werde sie niemals überzeugen können, persönliche Verantwortung zu übernehmen und sich um ihr eigenes Leben zu kümmern. mehr...

Klartext zu sprechen ist zwar in der Wahlkampfphase allgemein eine eher ungewöhnliche Methode, aber wenn dann auch noch Fehlinformationen in Hetzreden eingebaut werden, ist klar, dass im „Land der Freiheit und des Mutes“ einiges im Argen liegt. Die „Washington Post“ korrigiert Romney schnell: von den eigentlich nur 46 Prozent, die keine Einkommenssteuer zahlen, führen 28 Prozent Lohnsteuer ab. Von den verbleibenden 18 Prozent sind weitere zehn Prozent Rentner und nochmal sieben Prozent sind Geringverdiener, deren Lohn nicht besteuert wird. Übrig bleibt also grade einmal ein Prozent aller Amerikaner, die Romney als Sozialschmarotzer hätte bezeichnen dürfen. Grade für den als berechnenden Technokraten bekannten Romney ist das geheim aufgezeichnete Video ein Tiefschlag. Der amtierende Präsident und Romney-Gegner Barack Obama kommentierte Romney's Schnitzer großmütig: „Jeder macht mal Fehler.“ Nach einigen anderen Fehltritten („Wenn ich der Iran wäre, ein verrückter Fanatiker, würde ich spaltbares Material der Hisbollah geben und es nach Chicago bringen lassen.“) könnte es Romneys letzter gewesen sein. Die Wahl des US-Präsidenten findet am 6. November statt.

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