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Der deutsche Streaming-Markt ist in Bewegung

von Portrait von Christine Pittermann Christine Pittermann
Veröffentlicht am 1. März 2022

Der Streaming-Markt befindet sich weltweit im Aufschwung, klassisches Fernsehen verliert hingegen zunehmend an Relevanz. Vor allem für die junge Generation spielt lineares Fernsehen kaum noch eine Rolle, Einrichtungen wie Videotheken sind innerhalb nur einer Generation komplett ausgestorben.

Klassische TV-Sender sehen sich angesichts dieser Entwicklung großen Herausforderungen gegenüber und müssen ihre Geschäftsmodelle dem entsprechend anpassen. Wie ist die derzeitige Marktsituation und welche Entwicklungen sind zukünftig zu erwarten? 

Immer mehr Anbieter drängen auf den Markt

Die Art und Weise, wie Filme und Serien konsumiert werden, hat sich innerhalb der letzten Jahrzehnte massiv verändert. Während Fernsehabende lange Zeit ein gemeinsames Erlebnis, fast eine Art Ritual darstellten, schauen zunehmend mehr Menschen ihre bevorzugten Serien und Filme alleine. Dank der ständigen Verfügbarkeit durch das Internet, schaut jeder nicht nur was, sondern vor allem auch wann. Immer mehr und vor allem immer öfter. Längst hat sich für das Ansehen von mehreren Folgen einer Serie der Begriff „Binge Watching“, zu Deutsch etwa „Koma-Glotzen“ etabliert.

Dabei ist Streaming prinzipiell schon fast erwachsen, denn YouTube wurde 2005 gegründet und hat somit den Grundstein für entsprechende Plattformen gelegt. 2007 folgte der Einstieg von Netflix in das Video-on-Demand-Geschäft, allerdings zunächst noch ausschließlich in den USA. Erst seit 2014 ist der Streaming-Dienst in Deutschland verfügbar. Neben Netflix haben längst auch die Branchenriesen Disney, Warner, Amazon und Apple eigene Streaming-Portale gestartet. Doch der Markt wächst kontinuierlich und zunehmend mehr Anbieter drängen in die hart umkämpfte Streaming-Branche. Auch im Jahr 2022 kommen mit Paramount+ und Peacock (Teil von NBC Universal) zwei neue Filmstudios hinzu, die neue Streaming-Dienste in Deutschland anbieten. Darüber hinaus wird es auch für klassische TV-Sender immer wichtiger, den Streaming-Markt zu erschließen.

RTL kooperiert mit US-Streaming-Giganten

Klassische TV-Sender sind dementsprechend im Zugzwang und müssen ihre Geschäftsmodelle an die veränderten Konsumgewohnheiten anpassen, um langfristig überlebensfähig zu bleiben. Zahlreiche Sender betreiben daher bereits eigene Streaming-Portale, oft auch mit Premium Abonnements und exklusiven Inhalten. Doch im Gegensatz zu Netflix und Co. stecken diese meist noch in den Kinderschuhen, auch wenn teilweise hohe Investitionen aufgebracht werden.

Vor allem die RTL-Group rüstet derzeit kräftig auf. Für die Streamingplattform RTL Plus konnte eine Kooperation mit HBO Max geschlossen werden, einem der größten Streaming-Dienste der USA. Dadurch wird es RTL Plus möglich, dem deutschen Publikum exklusive Inhalte von Warner Media und zahlreichen Hollywood-Blockbustern anzubieten. Darunter Filme wie „Harry Potter“, „Aquaman“ oder „Wonder Woman“ oder Serien wie „Vampire Diaries“, „Gossip Girl“ oder „Arrow“. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich der deutsche Streaming-Markt durch diesen Deal nachhaltig verändern wird. Weiterführende Informationen zu RTL Plus finden sich hier.

Keine negativen Auswirkungen durch Corona-Krise

Während viele Branchen massive Einbußen durch die Corona-Pandemie erlitten, konnten Streaming-Dienste von der Krise nur profitieren. Die Branche für Streamingangebote und Pay-TV konnte seit Januar 2020 einen starken Zuwachs verzeichnen. Auch den großen Produktionsstudios hat die Krise kaum eingeschränkt. Geschlossene Kinos sind in Zeiten von Netflix und Co. nebensächlich für die Veröffentlichung. So wurde beispielsweise der neue Pixar-Film „Soul“ statt im Kino direkt bei Disney Plus veröffentlicht. Auch das österreichische Drama „Was wir wollten“, mit Eyas M´Barek und Lavinia Wilson in den Hauptrollen, feierte die Premiere nicht wie geplant im Wiener Gartenbaukino, sondern auf Netflix.

Was den meisten Abonnenten von Netflix und Co. allerdings gar nicht bewusst ist, ist, dass ihr Streamingverhalten von den jeweiligen Diensten algorithmisch ausgewertet wird. Je mehr man auf einer Streamingplattform konsumiert, desto mehr Daten stehen dem Algorithmus letztlich zur Verfügung. Mittels künstlicher Intelligenz wird dann akribisch analysiert, was wann und wie lange gesehen wird. Auf Grundlage dieser Analyse werden dem Nutzer so immer wieder Vorschläge und Empfehlungen für  neue Filme und Serien unterbreitet, die zu dem jeweiligen Konsumprofil passen. Dasselbe Prinzip nutzen auch Suchmaschinen wie Google oder Produktsuchmaschinen bei Amazon und Co., um Kunden bestmögliche Ergebnisse zu ihrer jeweiligen Suchanfrage anzubieten.

Für den Nutzer mag das zunächst einmal vorteilhaft sein, da er so nur Empfehlungen erhält, die zu den Interessen passen. Big Data ist allerdings auch ein eigenes Geschäftsmodell und was die einzelnen Unternehmen aber mit den Nutzer-bezogenen Daten machen, bleibt fraglich. Alleine Netflix hat weltweit mehr als 220 Millionen Abonnenten.

Fazit

Man kann davon ausgehen, dass sich der deutsche Streaming-Markt in den kommenden Jahren weiter verändern wird. Es ist sehr gut möglich, dass klassische TV-Sender und das lineare Fernsehprogramm sich zukünftig auf Nachrichten beschränkt bleibt und sämtliche anderen Formate über Streamingdienste angeboten werden. Weiterhin werden zukünftig sicher auch neue Technologien wie VR Einzug in die Streamingwelt erhalten, wodurch neue, innovative Konzepte möglich werden. Für die Zukunft des Streaming-Markts gibt es prinzipiell zwei Optionen. Entweder die Branchenriesen werden den Markt bald dominieren, oder es wird ein vielfältiges Medien-Ökosystem entstehen, in welchem viele Anbieter Platz finden und das von zahlreichen Kooperationen geprägt sein wird.