One Way auf den Mars fliegen? Science-Fiction im echten Leben

von Portrait von Stella Thiele Stella Thiele
Veröffentlicht am 20. Oktober 2014

 

Was nach einem verrückten Film-Plot klingt, soll tatsächlich Realität werden. Unter dem Namen "MarsOne" möchte ein niederländischer Unternehmer bis 2025 Menschen auf den Mars schicken. Sie sollen dort eine dauerhaft bewohnbare Siedlung bauen. Auf dem Mars wären sie dann vollkommen auf sich allein gestellt. Große Reparaturen an der Siedlung oder ein Rückflug auf die Erde wären nicht möglich.

Als größtes Medienereignis der Weltgeschichte soll sich das Projekt hauptsächlich über eine dauerhafte Live-Bericht-Erstattung finanzieren. Laut Website von "MarsOne" soll der Fokus dabei auf wissenschaftlichen und der Mission dienlichen Informationen und damit deutlich über dem Big Brother Niveau liegen. Per Reality-TV Show kann sich dann jeder zurückgebliebene Erdenbewohner ein eigenes Bild über Erfolg oder Scheitern des Experiments machen.

Das klingt nach einem Drehbuch aus Hollywood. Ein Science-Fiction-Drama mit besonders viel sozialkritischem Potenzial. Da macht doch sicher keiner mit? Weit gefehlt, denn die Idee fand reißenden Zuspruch. Im April 2013 wurde die Bewerbung freigeschaltet. Einzige Voraussetzung: Volljährigkeit, gute Englischkenntnisse und ein guter Gesundheitszustand. Innerhalb weniger Monate bewarben sich Tausende von Menschen aus der ganzen Welt.

In drei Auswahlrunden soll die gigantische Zahl der Bewerber nun auf 40 Kandidaten reduziert werden. Nach dem Ende der zweiten Runde sind noch 706 Personen im Rennen. Einer von ihnen ist Denis Newiak aus Potsdam. Er ist 25 Jahre alt, studiert Filmwissenschaften und verdient sein Geld bisher als Tanzlehrer und Straßenbahnfahrer.

Auf seiner Webseite erklärt der Deutsche, wieso er sich für das "MarsOne" Projekt beworben hat. Zum einen interessiert sich der Student für Astronomie und hält das visionäre Großprojekt für einen guten Start die Wissenschaft stärker voranzutreiben. Ein weiterer Punkt, der für seine Bewerbung essenziell war:

Hier geht es um mehr. Ich bin ein politischer Mensch, der das Leben der Menschen und die Chance auf mehr Gerechtigkeit, Glück und Fortschritt auf der Welt im Zusammenhang mit den natürlichen als auch den gesellschaftlich-wissenschaftlichen Bedingungen sieht. [...] Bei diesem Projekt besteht die Gelegenheit, nicht nur Natur- und Geisteswissenschaften miteinander zu versöhnen, sondern noch mehr: Der Menschheit einen Dienst zu leisten. So viel Pathos kann und muss sich dieses Projekt erlauben. So ist „Mars One“ für mich derzeit das einzige Projekt, für das sich eine bedingungslose hingebungsvolle Mitarbeit lohnen würde. Ich bin bereit.

In einem Interview mit dem Tagesspiegel erklärt Denis Newiak außerdem: „Ich glaube, dass die Mission wichtige Erkenntnisse für unsere Gesellschaft darüber liefern kann, wie das Zusammenleben auf engstem Raum und unter widrigen Umständen funktionieren kann.“ Diskussionen über die ethische Vertretbarkeit eines OneWay-Tickets zum Mars sieht Newiak eher gelassen. Natürlich seien Bedenken zu dem Projekt angebracht, er ist aber auch der Meinung, dass sich jeder Bewerber aus freien Stücken für die Mission entscheiden kann.

Eine neue Studie gibt dem ehrgeizigen Projekt, und vielleicht auch Denis Newiak, jetzt einen ordentlichen Dämpfer. Forscher am MIT haben errechnet, dass das erste Missionsmitglied bereits nach 68 Tagen sterben würde. Grund dafür seien die Pflanzen, die an Bord für die Ernährung der Astronauten genutzt werden sollen. Durch den überschüssigen Sauerstoff, den sie produzieren, steigt die Feuergefahr an Bord. Der Stickstoff, der nötig wäre, um diesem Problem entgegenzuwirken, wäre schon nach kurzer Zeit verbraucht.

Der Chef von „MarsOne“, Bas Lansdorp, hat die Studie indes zurückgewiesen. Aus Zeitmangel habe sein Team die Forscher nicht unterstützen können, was zu falschen Ergebnissen geführt habe.

Was die Auserwählten am Ende auf dem Mars erwartet kann natürlich nicht vorhergesagt werden. Bis dahin scheint es noch ein beschwerlicher Weg, nicht nur für die potenziellen Teilnehmer. Vor allem über die ethische Frage, ob Menschen ohne Rückflug auf den Mars geschickt werden dürfen, verspricht einige hitzige Debatten.