Urteil: Warum digitale Musik nicht weiterverkauft werden darf

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 3. April 2013

John Ossenmacher hatte eine gute Idee: Wer ein zuvor bei iTunes gekauftes Lied nicht mehr haben möchte, sollte es weiterverkaufen können wie eine herkömmliche CD - immerhin ist man ja der Eigentümer der Datei. Er gründete im Oktober 2011 ReDigi, eine Internetplattform, die einen zum Verkauf stehenden Titel prüft und dann zum Käufer transferiert. Aber obwohl dabei keine neue Kopie entsteht, verstößt der Verkauf bei ReDigi gegen das Urheberrecht, befand ein New Yorker Bezirksgericht - mit einer philosophischen Begründung.

Richter Richard Sullivan sprach ein in gewisser Weise richtungsweisendes Urteil, als er den Verkauf einer rechtmäßig erworbenen Musikdatei für illegal erklärte. Dabei hatte es ReDigi so clever angestellt: Beim Verkauf wird das entsprechende Lied zum Käufer übertragen und gleichzeitig wird die Datei beim Verkäufer von der Festplatte und allen synchronisierten Geräten gelöscht. Außerdem prüft ReDigi vorher, ob die Datei auch wirklich von iTunes stammt, sodass Raubkopien nicht verkauft werden können. Eine sichere Sache also. Aber die Urteilsbegründung des Richters übergeht die Frage, ob die Musik rechtmäßig gekauft wurde und der Verkäufer demzufolge der Eigentümer ist. In der Urteilsbegründung heißt es nämlich: Da es rein physisch unmöglich sei, ein materielles Gut über das Internet zu transferieren, muss zwangsläufig eine neue Kopie entstehen - was gegen das Urheberrecht verstößt! Patrick Beuth von Zeit Online merkt dabei aber einen entscheidenden Faktor an, den der Richter übersehen zu haben scheint:

Schon der Kauf einer Musikdatei bei iTunes ist streng genommen ein Kopiervorgang. Nicht umsonst steht in den iTunes-Nutzungsbedingungen, dass Kunden lediglich eine Nutzungslizenz für bestimmte Inhalte erwerben und eben keine Datei, die ihnen dann gehört.

An dem Urteil zeigt sich außerdem die Grenze zwischen dem althergebrachten und völlig analogen Gesetz - und den neuen, digitalen Inhalten. Denn die Gesetze, auf die sich Sullivan beruft, gelten explizit nur für materielle Dinge und nicht für digitale. Damit wird aber das Anspruchsrecht der Musikindustrie erweitert: Wer eine CD kauft, bezahlt die Musikindustrie dafür einmalig und wird dann Eigentümer der CD. Im digitalen Bereich geht das aber nicht, denn wer rechtmäßiger Eigentümer einer digitalen CD ist, kann sie laut dem Urteil nicht weiterverkaufen, ohne gegen das Gesetz zu verstoßen. Ein Dilemma, das der Richter aber nicht aufklären wollte - das sei Aufgabe des Gesetzgebers. Das ist zwar richtig, aber trotzdem unbefriedigend für alle, die ihre bei iTunes gekauften Lieder weiterverkaufen wollen. Der einzig legale Weg: Die heruntergeladene Musik auf dem Träger zu verkaufen, also mitsamt der Festplatte oder dem iPod. ReDigi möchte gern auch nach Europa expandieren, aber wenn die Gesetzeslage unsicher ist, wird sich niemand aus dem Fenster lehnen. Schade eigentlich. Dann würde der Gesetzgeber wenigstens mal gezwungen sein, die veralteten Gesetzestexte anzupassen - damit ein rechtschaffender Musikliebhaber auch rechtschaffender Musikhändler werden kann.