Wird der ZDF-Dreiteiler „Unsere Mütter, unsere Väter“ zu Unrecht umjubelt?

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 20. März 2013

Heute Abend läuft der letzte Teil des ZDF-Dreiteilers „Unsere Mütter, unsere Väter“. Die ersten beiden Teile wurden groß beworben, gut besprochen und sind beim Publikum auch gut angekommen. Kein Kunststück eigentlich, denn was einem sonst so an TV-Produktionen in der deutschen Fernsehlandschaft begegnet, ist ja leider größtenteils unterirdisch. Das große Budget von 14 Millionen Euro merkt man „Unsere Mütter, unser Väter“ durchaus an. In bester, farbreduzierter Spielberg-Optik knallt das 270-Minuten-Epos über die hoffentlich hochauflösende Mattscheibe.

Produzent Nico Hofmann erzählte in einem Interview, dass er primär die Erinnerungen seiner eigenen Eltern verarbeitete - nicht zwangsläufig biografisch, aber doch davon inspiriert. So erzählte er Focus beispielsweise:

 Ich habe unheimlich stark mit meiner Mutter kommuniziert. Es gibt ein Tagebuch von ihr, aus der Zeit als BDM-Mädchen, das geht über fast sieben Jahre, bis 1948 noch. In Sütterlin, das habe ich mir von ihr tagelang vorlesen lassen als ich 17 war.

An der Front selbst erlebt hat die Mutter den Krieg aber nicht; sie war zu jung - wurde aber in einem Kinderland-Verschickungslager in den Nationalsozialismus eingeführt. Hofmanns Vater, heute 88 Jahre alt, erlebte den Krieg aber hautnah:

...mein Vater etwa litt lange massiv unter seinen Fronterlebnissen, er wurde ja mit 18 eingezogen. Er hatte nachts geweint, ohne darüber reden zu können, was ihn innerlich bewegt. Es war aber völlig klar, dass es Zurückerinnerungen waren an die Todeserfahrung im Krieg.

Bewegende Schicksale, keine Frage. Nun gibt es aber Leute wie etwa Ekkehard Knörer, die sich im Blog von Cargo-Film darüber beklagen, dass das Drehbuch ja nur ein Schulbuchtext sei und davon handle, wie aufrechte, gute Deutsche durch Befehle zu Opfern und fiesen Tötungsmaschinen werden, aber eigentlich ganz nette Dichter und Denker sind; dass man es sich mit der Täter-sind-Opfer-und-Opfer-sind-Täter-Ausrede ein bisschen zu einfach macht und alles nur ein „Volkserziehungsunternehmen“ sei. Das ist in der Tat wahr. Allerdings kann man dafür nicht Produzent Nico Hofmann verantwortlich machen, obwohl es eigentlich seine Verantwortung wäre - denn sein Vater war in der Tat eben so ein freigeistiger Kriegsopfer-Täter:

Mein Vater ist ein fast schon anarchisch freiheitsbetonter Mensch geworden. Er lebt auch heute noch ohne jedweden Materialismus. Da steht er für mich in einer relativen Idealposition, bis heute.

Wer in der eigenen Familie ein sozusagen lebendes Klischee sitzen hat, das sich als tiefgründige weil vielschichtige Plot-Vorlage erweist, verfilmt man eben das, auch wenn es derlei Darstellungen von NS-Soldaten schon tausendmal gegeben hat. Und solange es dem Publikum und den Kritikern gefällt, hat Hofmann doch etwas geschafft. Dass man den einfach nur guten oder bösen Deutschen nach 70 Jahren Aufarbeitung genauso verbraucht hat wie den eigentlich guten Bösen, darf nicht Hofmann in die Schuhe geschoben werden.

Wird der ZDF-Dreiteiler „Unsere Mütter, unsere Väter“ zu Unrecht umjubelt?