Jason Statham baut weiter ab
Veröffentlicht am 7. November 2011
Jason Statham hat ein bisschen was von James Bond, ein bisschen was von Jackie Chan und ganz viel Sex-Appeal. Das schrieb zumindest „people“ im September 2005. Viel geändert hat sich seitdem nicht. Nur dass Jason Statham jetzt noch bekannter ist als damals. Früher war er Taucher (1992 sogar im britischen Olympia-Team: Platz 12), Jeans-Model und Verkäufer auf dem Schwarzmarkt. Er hat von Schmuck bis Billig-Elektronik alles verkauft. Sein Erfolgsrezept: Deute an, dass sie es sich vielleicht nicht leisten können.
Heute verkauft Statham nur noch sich selbst - und das nicht schlecht. Seit „Transporter – The Mission“ bekommt er Millionengagen. Von manchen wird er als der neue Bruce Willis angesehen. Sein neuester Film „Blitz“ ist kein reiner Action-Streifen, sondern ein Cop-Killer-Thriller. Dummerweise hat Statham damit für einen der schlechtesten Filme des Jahres unterschrieben.
Die Story ist einfach: Polizist jagt Serienkiller. Der Serienkiller nennt sich Blitz (Aidan Gillen) und der Polizist heißt Brant (Jason Statham). Dieser ist ein wandelndes Klischee: Er ist ein Einzelgänger, trinkt gern und teilt lieber aus, als zu diskutieren. Um den Killer zu fassen, muss sich Brant mit dem schwulen Nash (Paddy Considine) zusammentun. Nach einigem Hin und Her fassen sie den Killer, können ihm aber nichts nachweisen. Unseren ungleichen Helden bleibt nur ein kleines Zeitfenster um handfeste Indizien zu finden und den Schurken endgültig dingfest zu machen. Aber dann kommt alles ganz anders.
Der Trailer hat so viel versprochen und der Film so wenig gehalten. „Blitz“ wirkt seine gesamten 93 Minuten Spielzeit über als hätte Regisseur Elliott Lester keine Lust gehabt, ihn zu drehen. Vielleicht liegt das daran, dass er abgesehen von Werbespots und einem völlig erfolglosen Drama namens „Love Is The Drug“ noch nichts vorzuweisen hat. Auch Drehbuchautor Nathan Parker hat kaum Erfahrung – neben „Blitz“ gehen bisher nur drei weitere Drehbücher auf sein Konto; eines davon ist ein Kurzfilm. Jemandem mit ein wenig mehr Erfahrung wären die Schwächen von „Blitz“ sicher aufgefallen. Aber dem in Europa schwer gefloppten Film wurde niemand zugeteilt, der das Kind schaukeln konnte. In den USA lief „Blitz“ nicht einmal in den Kinos.
Junkies, Cops und Schwule
Der einzige Verdienst des Films ist es, sich nicht noch lächerlicher zu machen, als es die Story vermuten lässt. Es wäre sehr einfach gewesen, eine Komödie mit Schwulenwitzen aus dem Drehbuch zu machen. Oder eine unglaubwürdige Lovestory mit einfließen zu lassen - denn es gibt auch eine Frau in „Blitz“: Elizabeth Falls. Sie war früher Junkie, ist aber heute Cop. Im Laufe des Films wird sie nicht nur rückfällig, sondern auch, wer hätte das gedacht, Ziel des Killers. Trotzdem läuft der Subplot um Elizabeth Falls ins Leere. Aus ihrer Anwesenheit im Film erwächst keinerlei Konsequenz; ihre Figur ist eine von mehreren, die in „Blitz“ überhaupt nichts zu suchen haben. Warum die Figur Nash schwul sein muss, bleibt auch unbeantwortet.
Aber das Drehbuch ist nicht nur in Hinsicht auf Nebenfiguren unausgereift. Was selbst teilnahmslosen Zuschauern auffällt, ist ein weiteres Manko des 18-Millionen-Dollar-Streifens: Die Übersetzung ist furchtbar. Würde ein trinkender Hau-Drauf-Bulle sagen: „Das ist Jacke wie Hose.“? Oder „was Hartes zischen“? Nein, würde er nicht. In „Blitz“ jedoch tut er es. Erfreulich, dass Jason Statham nicht genötigt wurde zu sagen: „ein paar Likörchen zwitschern“. In Anbetracht solch grober Patzer ist es erstaunlich, wie viel Statham schauspielerisch aus seiner konturlosen Rolle herausholen konnte. Sein Filmpartner Paddy Considine hat als Schauspieler einige Erfahrung und überraschte vor wenigen Wochen mit seinem umwerfenden Regiedebüt „Tyrannosaur“. In „Blitz“ jedoch ist Considine, so wie der Großteil des restlichen Casts, austauschbar. Womöglich hat sich Elliott Lester beim Lesen des Drehbuchs zu sehr über das vorgeblich clevere, effektiv aber zu konstruierte Ende gefreut, um beim Casting anwesend zu sein. Glück hatte er nur bei Zugpferd Jason Statham und dem Killer-Darsteller Aidan Gillen.
Statham bleibt dem Genre treu
Jason Statham durfte sein wirkliches schauspielerisches Talent zuletzt im völlig unterschätzten „London“ (2006) unter Beweis stellen – es ist seine bisher einzige Rolle in einem Drama; er kommt nicht so recht los vom Action-Genre. Angeblich wird er im 2013 erscheinenden sechsten Teil der „Fast And The Furious“-Reihe neben Vin Diesel und Paul Walker vor der Kamera stehen. Und im August nächsten Jahres erscheint „The Expendables 2“. Liest man die Inhaltsangaben der anderen vier Filme, die Statham grade dreht oder drehen wird, trifft man auf Worte wie „SAS-Agent“, „russische Mafia“, „Ex-Soldat“ und „Elite-Kämpfer“. Das ist schade, geht doch an Jason Statham ein potenzieller Golden-Globe-Gewinner verloren. Aber der Brite, der entweder 1967 oder gerüchteweise auch erst 1972 geboren wurde, macht sich keine Illusionen, was sein momentanes Genre angeht: „Man bekommt ganz einfach keinen Oscar für „Crank“ und man bekommt auch mit Sicherheit keinen für die anderen Filme, die ich gemacht habe“.
Zum Film kam der Brite mit dem breiten Akzent durch einen Zufall: Er wurde als Model für das Mode-Label „French Connection“ engagiert. Der Inhaber von „French Connection“ war 1998 einer der Produzenten von „Bube, Dame, König, grAs“ und empfahl Statham dem Regisseur Guy Ritchie. Der besetzte ihn in seinem nächsten Film „Snatch – Schweine und Diamanten“ gleich noch einmal – und 2005 noch ein weiteres Mal für „Revolver“. Aber der große Durchbruch kam für Statham schon 2002 mit „The Transporter“. Ob der charismatische Mann aus Chesterfield den Sprung zu ernsthaftem Kino noch schafft, ob er vielleicht doch der Bruce Willis des 21. Jahrhunderts wird, und ob es einen vierten Teil von „The Transporter“ geben wird (in Bruce-Willis-Manier vielleicht erst zwölf Jahre nach dem dritten Teil), wird sich zeigen.
„Blitz“ ist seit 4. November 2011 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Bonusmaterial: B-Roll, Interviews mit Cast und Crew, verschiedene Trailer.
Blitz schlägt daneben