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1,5 Milliarden Euro! So viel geben Eltern für Nachhilfe aus...

von Portrait von Arzu A. Kayvani Arzu A. Kayvani
Veröffentlicht am 27. April 2015

Was ich da heute Morgen bei meinem Kaffee lesen musste, gab mir doch zu denken. Einer neuen Studie zur Folge geben wir Deutschen im Jahr ca. 1,5 Milliarden Euro für Nachhilfeunterricht für unsere Kinder aus. Und laut Experten sei die Zahl eigentlich sogar noch  viel höher. Das klingt nach einer Bankrotterklärung. Nach der Untersuchung der Bildungsforscher Klaus und Annemarie Klemm für die Bertelsmann Stiftung nehmen 12,2 Prozent aller Schüler an allgemeinbildenden Schulen Nachhilfeunterricht. Insbesondere dann, wenn es um ihre Versetzung oder ihren Wechsel zu weiterführenden Schulen geht. Damit geht es mit der Nachhilfe also bereits in der Grundschule los. Toll. Sehr beruhigende Umstände für mich, der in diesem Spätsommer seine Tochter einschult. Denn daraus ergibt sich für mich zum einen, dass unser Bildungssystem nicht in der Lage zu sein scheint, unsere Kinder gut und „konkurrenzfähig“ auszubilden. Und zum anderen stellt sich mir die Frage, was mit den rund 178 Milliarden Bildungsbudget passiert, die laut Bildungsfinanzbericht 2014 des Statistischen Bundesamtes für die Bildung unserer Kinder ausgegeben werden. Jedenfalls wird behauptet, dass sie dafür ausgegeben werden.

Und wir geben tatsächlich sogar noch weniger aus, als viele unserer Nachbarn. Denn gemessen am Bruttoinlandsprodukt gaben 2011 unter anderem Dänemark, Norwegen, Belgien, Finnland, Schweden, Niederlande, Frankreich, Österreich und die Schweiz mehr für die Bildung ihrer Kinder aus, als wir. Ob wir zu wenig ausgeben, die Ausgaben nicht effizient einsetzen, unsere Pädagogen schlecht ausgebildet oder unmotiviert sind – ich weiß es nicht. Jedenfalls legen wir im Durchschnitt jährlich noch einmal 108 EUR pro Kind für Nachhilfe drauf, damit die Kids in der Schule erfolgreich sind. Und das ist ganz offensichtlich ein Zeichen dafür, dass die Eltern unzufrieden mit dem Schulsystem sind. So boomen private Schulen und Nachhilfeunterricht, der die Schüler nicht nur sporadisch bei Bedarf, sondern mittlerweile regelmäßig begleitet.

„Sie haben den Eindruck, dass ihre Kinder im Schulunterricht nicht bestmöglich gefördert werden, und Nachhilfe soll diese fehlende individuelle Förderung ausgleichen.“ So Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, laut Handelsblatt.

Aber was passiert mit den Kindern, deren Eltern sich die teure Nachhilfe nicht leisten können? Denn so eine Nachhilfestunde kann je nach Fach und Ort gut und gerne an die 50 EUR kosten.  Ja natürlich, Schüler aus Harz IV-Familien können eine dauerhafte Übernahme der Kosten für Nachhilfeunterricht verlangen, heißt es da ganz selbstverständlich. Doch man kennt es ja. Da müssen seitenweise Anträge beim Jobcenter ausgefüllt werden, absurde Nachweise erbracht werden und nachgewiesen werden, dass sowohl der klassische Schulunterricht, als auch etwaige schulische Förderangebote keine ausreichenden Erfolgsaussichten im Hinblick auf das Erreichen der wesentlichen Lernziele bieten. Na dann machen Sie das mal. Wahrscheinlich müssen Sie dann klagen und wie viele machen das schon. Es kommt also nicht von ungefähr, dass die Bildung in kaum einem europäischen Land dermaßen an die soziale Herkunft gebunden ist, wie in Deutschland.

(Quellen: Handelsblatt // statista.de // FAZ)