Guardiolas nächster Coup: Thiago Alcantara für den FC Bayern - Ein Porträt

von Portrait von Marlon Kumar Marlon Kumar
Veröffentlicht am 15. Juli 2013

Nur drei Tage nach Pep Guardiolas schmeichelhafter lakonischer Verkündung "Thiago oder nix!" demonstriert der neue FC Bayern Trainer erneut seine Macht im Umgang mit dem Münchener Vorstand, den Einfluss auf die Transferpolitik des FC Barcelona, sowie sein ehrgeizigiges, obsessives Durchsetzungsvermögen und landet den nächsten Coup nach dem Götze-Deal: Der 22-jährige Thiago Alcántara do Nascimento wechselt für 25 Millionen Euro vom FC Barcelona zum FC Bayern München und erhält einen Vier-Jahres Vertrag. Frei nach der Maxime: Was Pep will, bekommt Pep auch. Thiago – Peps nächster Paukenschlag.

Bis auf Neymar wurde hinter der Spieler-Wunschliste von Guardiola überall ein Häkchen gesetzt. Für einen Fußball-Trainer wie Weihnachten und Geburtstag zusammen. Aber warum denn überhaupt dieser spontane Ausruf seitens Pep? Hat er eine Schwachstelle im Münchener System ausfindig gemacht? Kann nur Thiago dieses Loch stopfen und nicht etwa ein Götze, Robben, Schweini oder Ribery? Oder muss man einfach zuschlagen, wenn der Sommerschlussverkauf der internationalen Ligen ein spanisch-brasilianisches Supertalent zum Aktionspreis anbietet?

Wie schon beim deutschen 'Jahrhunderttalent' Mario Götze, der für satte 37 Millionen Euro in einer Nacht- und Nebel-Aktion zum FC Bayern wechselte, profitierten die Bayern von einer Ausstiegsklausel. Neben den Bayern buhlten große Klubs wie unter anderem Manchester United um die Aufmerksamkeit des Mittelfeld-Allrounders, der die U-21 EM in Israel mit Spanien gewann, im Finale drei Tore schoss und zum besten Spieler des Turniers gewählt worden war. Der Wechsel kommt Thiago sehr entgegen. Guardiola selbst berichtete, Alcantara wolle spielen und nicht nur als unnützes Schmankerl auf der Barca-Bank schmoren. Warum dieser Transfer so schnell und reibungslos über die Bühne ging, liegt wahrscheinlich daran, dass kein geringerer als Pere, Peps Bruder, auch der Berater Thiagos ist.

"Thiago Alcántara war der große Wunsch unseres neuen Trainers Pep Guardiola. Wir freuen uns, dass uns dieser große Transfer gelungen ist. Er ist ein phantastischer Spieler mit großer Perspektive, der den FC Bayern verstärken wird.",

sagte Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge. Es stimmt, Thiago ist ein großartiger Spieler mit einer blendenden Zukunft. Er ist nicht statisch, sondern spielt mit unglaublich hoher läuferischer Intensität, ist quasi immer unterwegs und schafft die im Fußball so wichtigen, freien Räume. Aber das alles kann Götze doch auch? Guardiola ist jedoch der Mann, der den 18-Jährigen Thiago 2009 in die erste Mannschaft des FC Barcelona beförderte. Der Sohn des brasilianischen Fußballstars Mazinho kommt aus Barcas Nachwuchsschule La Masia, er kennt das Konzept Guardiolas und kann laut diesem auf  "drei, vier, fünf Positionen" eingesetzt werden. Seine Vielfältigkeit macht ihn flexibel: Für Thiago wird der Trainer höchstwahrscheinlich häufig einen Platz in der Startelf finden - ob vor der Abwehrkette, im zentralen Mittelfeld oder als hängende Spitze, Thiago ist eine Bereicherung für die Umsetzung des strategischen Konstrukts seines Trainers. Er kennt die Gepflogenheiten und Visionen des Coachs, da er den Tiki-Taka Fußball und Peps Philosophie bereits verinnerlicht hat. Damit ist er den Bayern-Spielern womöglich einen Schritt voraus. Alcántara kann dabei helfen, Bayerns neuem Spielformat die letzten Konturen zu geben. So sagte auch Thomas Müller nach dem 3:0 Erfolg im Testspiel gegen den italienischen Erstligisten Brescia Calco, dass im Spiel der Bayern "noch nicht alles perfekt" sei.

Guardiolas nächster Coup: Thiago Alcantara für den FC Bayern - Ein Porträt

Thiago Alcántara ist weiterhin ausgesprochen gefährlich vor dem gegnerischen Tor: Dank seiner starken Technik und dem bei Barcelona eingeübten Kurzpassspiel ist er kombinationssicher. Seine dynamische Dribbel-Technik erlaubt ihm eine enge Ballführung bei schnellem Tempo. Jedoch könnte er noch etwas kräftiger werden, um den ein oder anderen harschen Zweikampf unbeschadet zu überstehen.

Im neuen 4-5-1 System der Bayern könnte er also gleich mehrere Schlüsselrollen spielen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass ein Juwel namens Ribery auf der Bank sitzen wird. Auch ein Mario Götze, als absoluter und unverzichtbarer Wunschspieler Guardiolas, wird meines Erachtens nicht als Reservist verhungern. Somit sind es Arjen Robben, Toni Kroos, Xherdan Shaqiri, Bastian Schweinsteiger, Mario Mandzukic und Claudio Pizarro, die vorerst um einen Stammplatz mit Thiago fechten müssen. Genug Autorität für im Endeffekt sechs Positionen. Aber nun gut, der FC Bayern ist momentan die beste Mannschaft der Welt und wer nicht spurt, der bleibt stehen oder in diesem Fall sitzen. Pep betonte, dass jeder Spieler eine Rolle zu spielen hat: "Wir haben sechs Wettbewerbe zu spielen, wir brauchen die ganze Mannschaft".

Ich bin gespannt wer am Freitag, den 09. August 2013, beim Bundesliga-Start gegen Gladbach auflaufen wird. Eins ist sicher: Die Bank des FC Bayern wird auch in diesem Jahr ein kostbares Praliné sein.

Weitere Infos:

Mit dem FC Barcelona wurde Thiago vier Mal spanischer Meister und erwarb zweimal den Pokal und Super-Pokal. Außerdem gewann er die Champions League, den Weltpokal und den europäischen Supercup. Mit der spanischen U-21-Nationalmannschaft ist er nach 2011 nun schon zum zweiten Mal Europameister geworden. Bei beiden Turnieren wurde er zum besten Spieler des Turniers gewählt.