NSA-Affäre: Hat der Geheimdienst auch Ex-Kanzler Gerhard Schröder abgehört?

von Portrait von Lina Wemhöner Lina Wemhöner
Veröffentlicht am 5. Februar 2014

Der US-Geheimdienst NSA hat aller Wahrscheinlichkeit nach auch den früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) abgehört. Der Grund für die Spionage-Aktion war – nach Recherche des Norddeutschen Rundfunks (NDR) und der Süddeutschen Zeitung - die Kritik des deutschen Regierungschefs am Irakkrieg, den die amerikanische Regierung unter Präsident George W. Bush plante und ein Jahr später durchführte. Den Berichten zufolge nahm die NSA Schröder spätestens 2002 unter der Nummer 388 in der sogenannten National SIGINT Requirements List auf, die festlegt, welche Personen und Institutionen überwacht werden. „Wir hatten Grund zur Annahme, dass [Schröder] nicht zum Erfolg der Allianz beitrug“, so ein Kenner der Spionage-Aktion.

Gerhard Schröder selbst konnte sich den Medienberichten zufolge vor Bekanntwerden der NSA-Affäre nicht vorstellen, dass ein massenhaftes Ausspähen möglich wäre:

„Damals wäre ich nicht auf die Idee gekommen, von amerikanischen Diensten abgehört zu werden; jetzt überrascht mich das nicht mehr.“

In deutschen Regierungskreisen wird seit längerem vermutet, dass nicht erst die jetzige Kanzlerin Angela Merkel (CDU), sondern auch schon die frühere rot-grüne Regierung Ziel der Ausspähungen war.

Nach Angaben der Süddeutschen Zeitung stützt auch ein Dokument aus dem Bestand des Whistleblowers Edward Snowden die Angaben. Das Papier, das offenbar auch jüngerer Zeit stamme, datiere den Beginn der Ausspähaffäre auf das Jahr 2002 und nenne den Namen Angela Merkel. Bislang sei es so interpretiert worden, dass ein von der Kanzlerin genutztes Handy vor zwölf Jahren erstmals ausgespäht worden sei. Damals war Merkel noch CDU-Vorsitzende.

NSA-Insider haben nun eine neue Erklärung des Dokumentes geliefert: Der Auftrag des Lauschprogramms habe nicht der Person, sondern der Funktion gegolten. Das Dokument zeigt demzufolge, dass seit 2002 der jeweilige Bundeskanzler abgehört worden sei. Unklar sei, ob schon vor 2002 entsprechende Aufträge existierten. Die NSA wollte sich zu dem Vorgang nicht äußern, so der Medienbericht.

Ironie statt Entsetzen

Da immer wieder neue Informationen über die Späh-Affäre ans Licht kommen, reagiert man im Netz mit Ironie statt Entsetzen (HuffingtonPost). Um der eigenen Meinung Ausdruck zu verleihen, twittern auch Politiker fröhlich drauf los:

RT „@Sillium: Die NSA kennt Gerhard Schröders echte Haarfarbe.“ (Özcan Mutlu)

Oops! Die Abhörung deutscher Kanzler-Handys hat schon Tradition. #Schröder (Sylvia Kottin-Uhl)