Alles für die Quote: Jenny Elvers-Elbertzhagen und die Meinungsbildungsmaschinerie von RTL

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 4. Februar 2013

Unter dem Titel „Die Alkoholbeichte! Jenny Elvers - die ungeschminkte Wahrheit“ strahlt RTL heute Abend um 21.15 Uhr ein Interview aus, das, wie so oft bei RTL, ein paar Leute anziehen und viele andere abstoßen wird. Jenny Elvers-Elbertzhagen überlegte lange, wem sie nach ihrem Entzug das erste Interview geben würde. Die Wahl fiel auf „Exclusiv“-Moderatorin Frauke Ludowig. Die 49-Jährige begleitete Jenny Elvers-Elbertzhagen über Monate hinweg. In einem Interview mit Focus erzählt sie:

Ich will nicht von Rückschlägen sprechen, aber es gab doch Tage, an denen sie unsicher war, zweifelnd, und das auch sehr stark zum Ausdruck brachte. [...] Sie wollte alles öffentlich machen.

Schon im Vorfeld wird diskutiert: Warum die Beichte so öffentlich machen, warum den Kampf um sein persönliches Seelenheil in die Öffentlichkeit verlagern, damit Millionen Zuschauer darüber urteilen können? Des lieben Geldes wegen? Oder soll die Aktion einfach nur die PR-Maschinerie ankurbeln, damit die seit Jahren versackte Karriere nach der Rekonvaleszenz weitergehen kann? Die einen gehen ins Dschungelcamp, die anderen erarbeiten sich die soziale Absolution durch einen „Seelenstriptease“ vor laufender Kamera.

Die traurigste aller Wahrheiten ist jedoch eine, die keine Diagnose bezüglich Jenny Elvers-Elbertzhagen stellt, sondern bezüglich Deutschland: Das Bild, das ein großer Teil Deutschlands von Jenny Elvers-Elbertzhagen haben wird, wird maßgeblich davon abhängen, wie das Interview dargestellt ist und wie wohlwollend „Bild“ am nächsten Tag darüber berichtet. Frauke Ludowig erlebte Jenny Elvers-Elbertzhagen in sehr unterschiedlicher Tagesform:

Da gab es schon Momente, in denen sie sehr zweifelte. Die werden sicher immer wieder kommen. Wenn sie weiter an sich arbeitet und auch mit etwas Glück wird das weniger werden, aber das ist schon ein langer und harter Weg. Im Moment steckt sie noch mitten drin. Und das weiß sie selber auch.

Sicherlich wird RTL auf die Tränendrüse drücken und in gewohnter Marktschreier-Manier betretene Gesichtsausdrücke von Elvers-Elbertzhagen einfrieren. Das ist nichts Neues, so arbeitet RTL eben. Und der durchschnittliche RTL-Zuschauer will sich ja auch nur zu gern eine Meinung zum Thema bilden lassen. Wenn „Bild“ morgen früh dann auch noch einen Aufmacher-Titel hat, in dem das Wort „Drama“ vorkommt, oder „erschütternd“, ist die öffentliche Meinung über Jenny Elvers-Elbertzhagen dann besiegelt. So funktioniert sie nämlich, die Meinungsbildungsmaschinerie der Mittelschicht. Immer schön das „Drama“ pushen. Und wenn sich ein gescheitertes Starlet der 90er schon so bereitwillig für die Quote opfert, dann ist man ja auch nur zu gewillt, das Ganze in einem selbstgefälligen Anflug von Mitleid gut zu heißen. Oder nicht?