Auf den Spuren von William Wallace: Wochenendtrip nach Edinburgh

von Portrait von Thilo Nemitz Thilo Nemitz
Veröffentlicht am 31. August 2013

Als romantischer Naturliebhaber und Mittelalter-Nerd empfinde ich Schottland als absolutes Reisehighlight meiner Vergangenheit. Mit dem schönen Edinburgh und seiner über der Stadt thronenden Festung als Ausgangspunkt, ist Schottland eine wahre Abenteuerreise ins Land der mystischen Seen, Nebel-verhangenen Berge und geschichtsträchtigen Burgen. Von einem beliebigen Flughafen in Deutschland ist der Edinburgh Airport und das Land der Fairys und des Single Malt gerade mal ein bis zwei Flugstunden entfernt.

Einmal in der Stadt angekommen, finden sich Touristen meist recht schnell im neueren Teil der Stadt auf der Princes Street wieder. Hier buhlen viele Schaufenster, Geschäfte und Lokale um die Gunst des Reisenden, während sich gegenüber majestätisch der Burgberg erhebt, auf dessen Plateau das berühmte Edinburgh Castle, der ehemalige Sitz der schottischen Könige, stumm über die Stadt zu wachen scheint. Auf dem Weg zum östlichen Ende der Straße, wo eine Tourist Information mit wertvollen Infos und Kurztrip-Angeboten quer durch Schottland wartet, lohnt sich noch ein kleiner Abstecher in die National Gallery, in der es teils Decken-hohe Riesengemälde zu bewundern gibt. Ansonsten ist natürlich anzuraten möglichst schnell in die mittelalterliche Altstadt abzubiegen und durch die malerischen Gässchen hoch zum Edingburgh Castle zu schlendern. Am Eingang des Schlosses werden Burg-Fans von steinernen Versionen von William Wallace und Robert the Bruce begrüßt, als stimmungsvollen Auftakt zu einer obligatorischen Schlossbesichtigung. Allein der Blick vom Schloss-Plateau über Edinburgh ist schon die Eintrittskarte wert.

Was gibt es sonst noch zu tun in der Stadt? Wer bereits genug Zeit in Pubs verbracht hat und schon „Speisen für Mutige“, wie das legendäre Haggis oder die süße Kalorienbombe der Deep Fried Mars Bars gekostet hat, sollte sich auf jeden Fall noch für eine der vielen nächtlichen „Ghosttours“ anmelden. Auf diesen Nachtwanderungen für Nervenstarke, werden Reisende eine extra Portion gruseliger „Gothic Atmosphere“ tanken können, wenn sie durch unterirdische Katakomben oder über verschiedene Friedhöfe von Edinburgh geführt werden.

Aber ein Trip nach Edinburgh ist nicht nur wegen seiner innerstädtischen Sehenswürdigkeiten lohnend. Dank der übersichtlichen Größe Schottlands – die Fläche des Landes passt fast 5 mal in Deutschland hinein - lassen sich von Edinburgh aus fast alle beliebten Ziele in Schottland im Rahmen von eintägigen Bustrips erreichen. Allein die Fahrt zum Zielort durch die wild romantische Landschaft ist ein Erlebnis für sich. Ich erinnere mich noch genau an die apokalyptische Schönheit der von Blitzen erhellten Sturzbäche in den immergrünen Hängen der Highlands, als ich auf der hüpfenden Bank unseres Busses versuchte Mary Shelleys Frankenstein für die Anglistik-Abschlussprüfung zu lesen. Angenehmere Schauer sind mir seitdem nie mehr über den Rücken gelaufen.

Ein typisches Angebot ist z.B. „Loch Ness & Schottisches Hochland an einem Tag“. Während die Highlands natürlich ein atemberaubendes Naturerlebnis und ein absolutes Muss sind, lebt Loch Ness mehr von der Legende. Monster- und Seeschlangen-Liebhaber muss ich enttäuschen: Außer einer kläglichen Ruine und einem Andenkenshop mit Nessi-Plüschtieren, gibt es hier nichts Außergewöhnliches zu erleben. Alle Lochs, also Seen in Schottland, sind schön und es empfiehlt sich lieber die anderen „Wasserstellen“ auf dem Weg mitzunehmen, anstatt Extrazeit für eine Touristenfalle einzuplanen.

Ebenfalls grandios, wenn auch ein wenig weiter entfernt, ist die märchenhafte Isle of Skye im Nordwesten, die über die Skye Bridge von Kyle of Lochalsh zu erreichen ist. Wer hier zufällig, wie ich damals, in Kyle of Lochalsh in einem gemütlichen B&B übernachtet und dann des Morgens das erste Mal zur Isle of Skye hinüber blickt, wird das Gefühl nicht los, das mytische Avalon entdeckt zu haben. Wie die Insel sich da aus dem Wind-gepeitschten Wasser in die nur hier und da von Sonnenstrahlen durchbrochenen und für Schottland typischen Regenwolken empor reckt, ist ein wunderbarer Gänsehaut-Moment. Doch erst auf der Insel selbst angekommen, beginnen die richtigen Naturerlebnisse, die jeder Digi Cam hunderte von Fotos entlocken werden: Die Hügel von Quiraing, der Wasserfall am Kilt Rock, der bizarre Old Man of Storr, die märchenhaften Fairy Pools und unzählige andere.

Auf den Spuren von William Wallace: Wochenendtrip nach Edinburgh

Auf dem Hauptland gibt es derweil unzählige Schlösser zu entdecken, mit meist romantischem Blick über die malerischen Hügel und Seen drumherum. Als Filmfan kann ich an dieser Stelle nur das berühmte Eileen Donan Castle empfehlen, über dessen Brücke schon Christopher Lambert in Highlander (1986) ritt. Letztendlich können Liebhaber von Natur und schottischer Gastfreundlichkeit nie genug von der tief grünen Insel bekommen.

Deshalb empfiehlt es sich auch, aus einem Wochenendtrip einen ein- bis zweiwöchigen Trip zu machen und ein Auto zu mieten. Denn nur wenn die Möglichkeit besteht, an jedem pittoresken Bächlein mit niedlicher Brücke für ein Picknick anhalten zu können, lässt sich Schottlands Magie ganzheitlich genießen. Und keine Angst vor dem Linksverkehr! Alle Autofahrer werden sich schnell daran gewöhnen. Es sind eher die teilweise abenteuerlichen Straßenverhältnisse, die die Konzentration des Fahrers erfordern. Und wo wir gerade bei hilfreichen Tipps sind, hier noch zwei allgemeine Tipps zu Edinburgh bzw. Schottland allgemein, die mir als wichtig in Erinnerung geblieben sind:

  1. Die Sprache:

    Des Gälischen sind wohl die wenigsten Schottland-Besucher mächtig, doch glücklicherweise ist das Englisch der Schotten gut zu verstehen und wer Sean Connery schon einmal im Original gehört hat, könnte dem „Akzent“ sogar eine gewisse „Sexiness“ zuschreiben. Sobald der Natur-liebende Schottland-Reisende jedoch von der Stadt in ländlichere Bezirke fährt, können z.B. Busfahrer mit einem schottischen Kauderwelsch überraschen, der genauso gut von einem anderen Planeten stammen könnte. Hier dürfen auch gerne mal Hände und Füße zur Hilfe genommen werden. Ansonsten kommt man mit jeder Art von Schulenglisch aber immer weiter.
  2. Das Wetter:

    Ich muss immer noch lachen, wenn ich es vor meinem geistigen Auge sehe: In tobendem Wind krame ich den albernen Knirps heraus, den die fürsorgliche Frau Mama gegen Regengüsse ins Gepäck geschoben hat. Doch kaum aufgespannt, faltet er sich hundertfach wild auf und wieder zu, bis alle Streben gebrochen sind und das traurige Gerippe des einstigen Regenschildes aus meiner verdutzten Hand fällt. Wer sich in Edinburgh, oder sonst wo in Schottland, sofort bei Ankunft als Tourist outen möchte, muss nur einen Regenschirm auspacken. Die umstehenden Schotten werden sofort grinsen und kopfschüttelnd ihres Weges gehen. Die Kombination aus Regen und Wind, welche das Wasser aus jeder nur erdenklichen Richtung an den Körper peitschen lässt, macht Regenschirme absolut unbrauchbar. Nur regenfeste Kleidung, und bei längeren Outdoor-Wanderungen, wahre Ganzkörper-Gummianzüge, schützen vor kompletter Durchnässung. Aber das gehört eben zu Schottland dazu und macht die Hügel grün und die ganze Atmosphäre unverwechselbar.

Ich hoffe, ich konnte mit diesem kleinen Reisebericht ein wenig Lust auf den wilden Norden des vereinigten Königreichs machen. Deshalb nicht lange warten, sondern z.B. auf www.flug24.de einen günstigen Flug raus suchen, Koffer packen (Regenfeste Kleidung und Wanderschuhe nicht vergessen!) und die belebende und inspirierende Luft von Schottland atmen!