Angriff auf Grünen-Politikerin - Hat sich die Stimmung in unseren liberalen Gefilden geändert?

von Portrait von Arzu A. Kayvani Arzu A. Kayvani
Veröffentlicht am 16. Juni 2014

Noch vor Kurzem habe ich voller Stolz gelesen, dass Deutschland bei der Akzeptanz von Homosexualität im internationalen Vergleich ganz weit vorne läge. Die Studie eines angesehenen US-amerikanischen Forschungszentrums fand heraus, dass nur Spanien noch toleranter sei.

Nur acht Prozent der Deutschen halten danach Homosexualität für moralisch nicht akzeptabel, 55 Prozent dagegen schon. 38 Prozent sehen in der geschlechtlichen Orientierung keine moralische Kategorie, berichtete dbna.de

Das ist schön zu hören. Obschon ich aus meinem Freundeskreis auch immer wieder Erlebnisberichte und Anekdoten zu hören bekam, die mich daran zweifeln ließen. Aber offensichtlich geht es anderswo noch schlimmer zu. 

Und was lese ich nun? Zuerst leistet sich der junge CDU-Politiker Sven Heibel bei Facebook einen Aussetzer nach dem anderen, indem er öffentlich gegen Homosexuelle hetzt. Und die Kommentare von einigen Usern dazu waren auch bedenklich, um es einfach vorsichtig auszudrücken. Jetzt wird die österreichische Grünen-Politikerin Ulrike Lunacek gerade wegen ihrer Homosexualität mit Buttersäure angegriffen, wodurch ein Schaden von mehr als 50.000 EUR entstanden sein soll. 

Der Vorfall ereignete sich um 15.00 Uhr, als die sich offen zu ihrer Homosexualität bekennende Lunacek einem TV-Produzenten ein Interview gab, der als Sub-Unternehmer für den ORF tätig war. Dabei wurden die Bekleidung der Politikerin, vor allem aber die Kameraausrüstung des TV-Machers in Mitleidenschaft gezogen (format.at)

Nun gut, Österreich ist nicht Deutschland, aber dennoch stellt sich mir die Frage: Warum? Was stört Euch denn so sehr daran, wenn ein Mensch nicht den liebt, den Ihr Euch gerne für ihn ausgesucht hättet, sondern jemand anderen? Inwiefern beeinflusst denn dieser Aspekt seines intimsten und persönlichsten Bereiches seine Stellung in der Gesellschaft, seine Qualitäten als Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Geschäftspartner, Freund, Vereinsmitglied, Kunde, Hundehalter, Blumenzüchter, whatever? Ich meine, ich frage mich am Postschalter oder an der Aldikasse doch auch nicht, was und mit wem derjenige, der mich gerade bedient, zusammen ist. Das ist doch impertinent. Und es ist mir doch auch völlig egal, ob der Koch im Restaurant oder der Arzt im Krankenhaus schwul oder hetero ist, solange es schmeckt oder ich wieder gesund werde. 

Und wenn wir dann mal auf die Moral zu sprechen kommen wollen, die in diesem Zusammenhang so oft und ohne Verstand mißbraucht wird. Moral ist die Gesamtheit aller Handlungsregeln, deren Einhaltung ein geordnetes und freidliches Zusammenleben aller Individuen gewährleisten soll, wobei jeder nach seinen Wünschen, seiner Gesinnung und seiner Philosophie leben darf, sofern er keinem anderen einen Schaden zufügt und dessen Rechte beeinträchtigt. Wie das bei der sexuellen Orientierung eines anderen der Fall sein kann, will mir indes nicht einleuchten. Bei Moral geht es vor allen Dingen um die gegenseitige menschliche Achtung, das sollten wir nicht vergessen. 

Trotz dieser Meldungen der vergangenen Wochen glaube ich aber noch immer fest daran, dass wir hier in einem toleranten Land leben und dass es nur einige wenige verwirrte Zeitgenossen sind, die Schlagzeilen machen. Denen gilt mein Tipp: Was schert Euch das Sexleben anderer? Kümmert Euch um Euer eigenes :-)