Tilmann Schneider Swing Terzett

Swing-Ensemble

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 26. Juli 2012

Tilmann, erzähl doch bitte etwas über Dein Swing Terzett.

Also der Wolfgang, der ist ein waschechter Münchener, was man noch stets sehr gut hören kann. (lacht) René kommt aus Aachen und ich erblickte in einem kleinen Dorf in der Nähe von Köln das Licht des Lebens. All das ist noch gar nicht sooo lange her wie es aussieht (lacht). Wir haben alle drei Musik studiert und leben jetzt in Köln am schönen Rhein.

Wie bist Du zu Deiner Berufung gekommen?

Plötzlich findet man sich als Musiker unterwegs auf irgendwelchen Bühnen mit irgendwelchen Bands wieder und es gibt kein zurück mehr.

Ich weiß nicht ob man sich die Musik aussucht und zur Musik als Beruf kommt oder ob nicht die Musik zu einem kommt. Plötzlich findet man sich als Musiker unterwegs auf irgendwelchen Bühnen mit irgendwelchen Bands wieder und es gibt kein zurück mehr. Obwohl die Eltern immer gesagt haben: „Junge, lern' was Anständiges“. Und dann muss man sehen, wie man davon auch noch die Miete zahlt. Das geht inzwischen aber ganz gut und Musik ist einfach so eine schöne Sache, die den Menschen so viel Freude und Spaß beschert, da möchte man irgendwann auch gar nichts anderes mehr machen.

Ihr interpretiert hauptsächlich Swing-Schlager aus den 30ern und 40er. Was reizt Dich grade an dieser Zeit, die so lange vor Deiner Geburt lag? Verbindest Du damit etwas Besonderes?

Die letzten neuen Impulse handgemachter Musik war der Punk Mitte der 70er Jahre.

Gute Musik ist ja zeitlos und wenn man nicht ausschließlich dem aktuellen Trend folgt und mal etwas weiter guckt, was man als leidenschaftlicher Musiker ja immer macht, dann merkt man schnell wie viel gute Musik es aus allen möglichen Zeiten gibt. Ich persönlich finde, wenn man handgemachte Musik mit „echten“ Instrumenten spielen möchte, erkennt man, dass die letzten neuen Impulse die des Punk Mitte der 70er-Jahre waren. Danach kam, bis auf den „Elektro-Aspekt“ keine neuen Impulse dazu. Im Übrigen denke ich, jede Zeit hat ja ihre Faszination. Selbst die 80er hatten ja was, behaupten im Nachhinein Viele. (lacht) Die Nachkriegsjahre in Deutschland haben die spezielle, kleine Barbandbesetzung, bestehend aus Akkordeon, Gitarre und Kontrabass hervorgebracht. Die Clubs und Amüsierlokale konnten sich keine festen, großen Hausbands oder gar Orchester mehr leisten und die Jukeboxen aus den USA gab es hier kaum. Trotzdem wollten die Leute und vor allem die amerikanischen GI's musikalisch unterhalten werden, daher tingelten diese beweglichen Trios von Bar zu Bar und spielten deutsche Schlager und amerikanischen Swing und Rock 'n' Roll und die Amerikaner liebten das. Dieser Sound hat mich fasziniert und daher habe ich für uns auch diese Besetzung als Basis gewählt - dadurch klingt fast alles was wir spielen automatisch nach 40er oder 50er Jahre, obwohl die Songs ja fast alle gerade erst von mir geschrieben worden sind und viele der Klassiker aus unserem Programm schon aus den 30er-Jahren stammen.

Tilmann Schneider Swing Terzett

Wir haben aus Spaß mal einen Nina Hagen-Song aus der Vor-NDW-Zeit nachgespielt, selbst der klang bei uns nach den 50ern. Naja es scheint, dass man sich damals in den „guten alten Tagen“ einfach unheimlich viel Mühe mit allem gegeben hat - sei es die Musik, die Aufnahmetechnik, die Grafik und so weiter. Die Anzüge, Krawatten und Kleider waren schöner geschnitten, und Komponisten wie zum Beispiel Theo Mackeben haben einfach tolle zeitlose Songs geschrieben. Der Erfolg von eleganten Swingtanz- und Burlesque-Veranstaltungen im großen Stil überall auf der Welt und auch der Erfolg von Filmen wie „The Artist“ zeigt ja, dass es ein großes Interesse an dieser zauberhaften, eleganten eben nicht alltäglichen Welt gibt, quasi als Gegenbewegung zu DSDS und dem ganzen Pop-Einheitsbrei. Ich sehe das aber ähnlich wie der großartige Max Raabe, der sagt, dass er sich nicht als Retro-Musiker empfindet. Er spielt eben mit einem Orchester die Schlager und Swingnummern der 20er bis 40er Jahre und das mit passender Instrumentierung und einem entsprechendem Auftreten. Keiner nennt einen Dirigenten, der das Klavierkonzert a-Moll op. 54 von Schumann aufführt, „retro“ oder „nostalgisch“, wenn der einen Frack anzieht, seine Musiker auf klassischen Instrumenten spielen lässt und ohne Samples und Loops auskommt. Ich liebe einfach schöne Melodien und farbenprächtige Harmonien. Und ich mag akustische, handgemachte, swingende Musik und schreibe gerne Texte auf deutsch. Dann eine Gitarre, ein Kontrabass, ein Akkordeon, ein „je ne sais quoi“ und fertig ist das Tilmann Schneider Swing Terzett.

Keiner nennt einen Dirigenten, der das Klavierkonzert a-Moll op. 54 von Schumann aufführt, „retro“ oder „nostalgisch“, wenn der einen Frack anzieht, seine Musiker auf klassischen Instrumenten spielen lässt und ohne Samples und Loops auskommt.

Tilmann, Du bist als Entertainer und Bandleader „alter Schule“ bekannt. Was genau bedeutet das, was zeichnet die alte Schule aus?

Das bedeutet, dass man sich auf die Bühne stellt und live und ohne doppelten Boden, Playback oder Autotuner singt und spielt und jedes mal sein Bestes gibt um das Publikum zu unterhalten. Dass man sich bewusst ist, dass die Leute Eintritt gezahlt haben und etwas geboten bekommen möchten. Man zieht seinen besten Anzug an und zeigt sein strahlenstes Lächeln und versucht die Zuhörer immer wieder auf's Neue zu faszinieren. Man kämmt sich jedenfalls nicht die Haare ins Gesicht, kaut Kaugummi und sagt: „Entweder Ihr findet mich genauso geil wie ich mich selbst, oder Ihr könnt mich mal“, was ja mal eine Zeit lang unter Pop-Ikonen recht beliebt war und an anderer Stelle vielleicht auch ganz cool sein mag - jeder nach seiner Facon, sage ich immer. Ich sag's mal mit den Worten des grandiosen Saxophonisten, Sänger und Entertainer Sammy Butera: „Play it pretty for the people. Die Leute zahlen nicht den Eintrittspreis um euch in verschwitzten Freizeithemden auf der Bühen zu sehen...“

Wie sieht Euer Alltag als Musiker aus?

Viel Arbeit, viele Reisen. Wenig Schlaf und noch weniger Geld. Aber jede Menge Spaß und gute Laune!

Wie schwierig war es, als neues Ensemble Fuß zu fassen? Ist die Konkurrenz groß?

Die Leute und speziell die Medien für eine neue und sehr speziell klingende Band zu begeistern ist am Anfang immer viel harte Arbeit. Die Menschen müssen ja erstmal wissen, dass es dich gibt, um entscheiden zu können, ob es ihnen gefällt oder nicht. Da braucht man 'ne Menge Enthusiasmus und innere Überzeugung und vor allem nette Menschen, die einem helfen und einen unterstützen. Unsere Musik, die deutschen Texte und die Besetzung sind wie gesagt sehr speziell, damit kann man nur schwer das „Mainstreampublikum“ ansprechen; dafür hat es den Vorteil, dass es wenig Konkurrenz gibt, die etwas Ähnliches macht.

Man kämmt sich jedenfalls nicht die Haare ins Gesicht, kaut Kaugummi und sagt: „Entweder Ihr findet mich genauso geil wie ich mich selbst, oder Ihr könnt mich mal!“

Was ist Euer nächstes Projekt?

Gerade erscheint ja unsere zweite CD „Budenzauber“ auf die wir sehr stolz sind. Die bewerben wir gerade mit Interviews, Medienauftritten und Konzerten, da stecken wir im Moment unsere Energie rein. Wer die CD mal hören oder bestellen möchte kann das auf unserer Website oder unserer Facebook-Seite tun. Besonders froh sind wir, dass das spitzenmäßige Plattenlabel Bearfamily-Records, die Nummer eins in Sachen Rock 'n' Roll, Swing, Oldschooljazz und Schlager, uns aufgenommen hat und sowohl die erste CD „Hallo, kleines Fräulein!“ als auch die aktuelle CD vertreibt.

Habt Ihr ein Bandmotto?

Das Tilmann Schneider Swing Terzett - stets ein Garant für gute Laune!

Wie würdet Ihr Eure Musik und Eure Auftritte beschreiben?

Das Motto unserer aktuellen Konzerte lautet: „Budenzauber! - Bloß keinen Musiker!“ Wir möchten dem Publikum einen unvergesslichen, farbenfrohen Abend mit schöner Musik und unterhaltsamen, lustigen Ansagen bzw. kleinen Geschichten aus der Welt der Musiker bescheren und dabei den Konzertsaal für gut zwei Stunden in ein buntes Vaudeville-Varieté verwandeln und die Zuschauer in eine Welt voll Zauber und Poesie entführen.

In den 20ern in Berlin oder Paris gelebt zu haben, wäre sicher auch ganz schön gewesen, wenn man es romantisch sieht.

Wenn Ihr einen anderen Beruf hättet wählen müssen, welcher wäre das?

Wie gesagt, einmal dabei gibt es keinen anderen Weg...aber wenn dann vielleicht Seefahrer. Ahoi! (lacht)

Mit was kommt Ihr gar nicht zurecht – sei es beruflich oder privat?

Mit Elektroswing! (lacht)

Wenn Ihr Euch aussuchen könntet, wann und wo Ihr geboren worden wärt, wann und wo wäre das?

Ach, hier und jetzt ist doch sehr schön! In den 20ern in Berlin oder Paris gelebt zu haben, wäre sicher auch ganz schön gewesen, wenn man es romantisch sieht. Aber dann kam ja dieser entsetzliche, kleine, hässliche Mann in Deutschland an die Macht und hat alles kaputt gemacht. Da bin ich dann wieder ganz froh, das nicht miterlebt zu haben und heute zu leben. Naja in Malibu am Strand im Haus von Charlie Harper könnte ich mir auch noch vorstellen, wenn Du mich nach dem „Wo“ fragst.

Gibt es noch etwas, das Ihr unbedingt mitteilen möchtet?

Meine Empfehlung: Kaufen Sie sich eine Platte von Big Joe Turner.