Tom Brook

Moderator von „Talking Movies“

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 22. April 2013

Erzähl' uns doch bitte etwas über Dich.

Ich wurde 1953 in Ladbroke Grove in London geboren, einer gut gemischten Nachbarschaft. Im April 1976 bin ich als News Trainee zur BBC gekommen, wo ich zwei Jahre lang Erfahrung als Rundfunk-Journalist gesammelt habe, bevor ich als Produzent zu BBC Radio 4 gewechselt bin. Im Januar 1980 sollte ich eigentlich nur für ein halbes Jahr in das Außenbüro in New York gehen, aber ich bin dort geblieben und bin nie nach London zurück gekehrt. Ich habe mich in New York zu Hause gefühlt und habe dann meine Karriere als Film-Reporter weiter ausgebaut, sowohl für's Fernsehen, als auch für's Radio. Ich lebe immer noch in New York und fühle mich der Stadt sehr verbunden.

Du warst der erste britische Journalist, der 1980 live vom Dakota-Gebäude berichtet hat, als John Lennon dort erschossen wurde. Wie war es, von dort zu berichten, unmittelbar nach den Schüssen auf Lennon.  

Als ich am Dakota-Gebäude ankam, waren die Schüsse erst eine Stunde her. Die Polizei hatte den ganzen Block gesperrt, deshalb war es geisterhaft still. Nach und nach kamen dann Leute mit Kerzen und manche weinten. Sie haben Kassettenrekorder mitgebracht und spielten Lennons Musik und sangen dazu, überwältigt wie sie waren. So etwas hatte ich vorher noch nie erlebt. Aus Reporter-Sicht war es ein sehr einfacher Auftrag - ich musste einfach nur zum Telefon greifen und der BBC in London erzählen, was sich vor meinen Augen abspielte. Das reichte als Beschreibung der Atmosphäre. Es war wirklich aufwühlend, auch für mich ganz persönlich. Lennon war für mich so etwas wie ein Held gewesen.

Du berichtest schon seit 1985 in Film-Fragen für die BBC. Was hat sich seit damals verändert? 

Eine der größten Veränderungen ist, dass heute das Marketing um einen Film viel extremer betrieben wird. Jede Veröffentlichung bringt einen Riesen-Hype mit sich. Das war früher nicht so extrem. Außerdem setzen Studios heute mehr auf Blockbuster mit Riesen-Budgets statt auf kleine, solide Filme mit überschaubarem Budget. Diese Blockbuster sollen die Zielgruppe ansprechen, die Hollywood am meisten für sich gewinnen will: junge Männer. Es ist wie eine Obsession geworden, die zur Folge hat, dass es heute so viele gleich gestrickte, vorhersehbare Filme gibt.

Wie oft sieht man schon einen neuen, originellen Film, der wirklich mal etwas Neues erzählt?

Deine Show „Talking Movies“ läuft jetzt schon seit über 400 Episoden und Dein 60. Geburtstag ist auch nicht mehr so lange hin. Denkst Du ans Aufhören?

Nein, gar nicht! Es ist ganz einfach - Ich will so lange weitermachen, wie ich kann.

CGI, Remakes, dümmliche Plots - Was ist das größte Problem der Filmindustrie von heute?

Ich glaube, das größte Manko ist, dass es kein gutes Storytelling mehr gibt. Wie oft sieht man schon einen neuen, originellen Film, der wirklich mal etwas Neues erzählt?

Du berichtest von Cannes, Sundance, Toronto und auch Tribeca. Hast Du ein Lieblings-Filmfestival?

Jedes Festival ist anders, aber ich neige dazu, sie auf eine bestimmte Art in Beziehung zu setzen: Cannes findet im Sommer an der Côte d'Azur statt, da ist es also meistens warm und sonnig, Sundance verbinde ich mit Kälte und Schnee, weil es in den Bergen stattfindet. Toronto hat dieses schöne Spätsommer-Feeling und Tribeca findet im Frühling in New York statt. Ich erinnere mich also im Kontext der Jahreszeiten an die Festivals. Was Filme an sich angeht, ist Cannes am besten, weil es Dir die absolute Elite des Autorenkinos zeigt - das ist eine unbeschreiblich. Sundance dagegen zeigt Dir die Indie-Regisseure. Toronto zeigt Dir die prestigeträchtigen Filme, die wahrscheinlich nächstes Jahr wieder auftauchen, wenn es um die potenziellen Oscar-Nominierungen geht. Und Tribeca ist jedes Jahr eine Überraschung - da weiß man nie, was einen erwartet.

Tommy Lee Jones war eine echte Herausforderung. Er ist ein großartiger Schauspieler, aber er scheint nicht gern mit der Presse zu sprechen.

Tribeca steht unmittelbar bevor - Worauf freust Du Dich am meisten?

Einen Film auf den ich mich sehr freue, ist „Michael Haneke - Liebe zum Kino“. Das ist eine Dokumentation über den österreichischen Regisseur Michael Haneke, dessen Werk ich sehr schätze.

Du hast ein paar der größten Film-Legenden unserer Zeit interviewt - Wer war der schlimmste Interview-Partner?

Tommy Lee Jones war eine echte Herausforderung. Er ist ein großartiger Schauspieler, aber er scheint nicht gern mit der Presse zu sprechen. Das ist nicht nur meine Meinung - andere Journalisten werden das bestätigen. Ein anderer großartiger Schauspieler, der zur Schweigsamkeit neigt, ist Joaquin Phoenix. Ich liebe seine Filme, aber er scheint sich in Anwesenheit von Reportern nicht wohl zu fühlen - deshalb fallen seine Antworten sehr einsilbig aus.

Was war der Höhepunkt Deiner Karriere?

Ich weiß nicht - ich warte noch!

Deine fünf Lieblingsfilme? 

„Citizen Kane“, dann „Goodfellas“, „The Last Waltz“, „Psycho“ und seit Kurzem „Liebe“.

In der nächsten Ausgabe von „Talking Movies“ berichtet Tom Brooks live vom 12. Filmfestival in Tribeca. Auf BBC wird das Special zu folgenden Zeitpunkten ausgestrahlt:

27. April, 14.30 Uhr

28. April, 21.30 Uhr