„Real Steel“ verliert nach Punkten

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 1. November 2012

Im Jahr 2020 haben Roboter die Menschen im Boxring abgelöst. Charlie Kenton (Hugh Jackman) tourt mit seinem Roboter semi-erfolgreich durch Provinz-Arenen und bekommt unfreiwillig seinen zehnjährigen Sohn Max (Dakota Goyo) an die Backe, den er kurzerhand mit in die Welt der boxenden Roboter nimmt. Als Charlie seinen Roboter beim Kampf einbüßt, hilft Max ihm dabei, auf einem Schrottplatz einzubrechen, wo sie auf der Suche nach Einzelteilen einen unter Schlamm begrabenen Roboter der ersten Generation finden. Der ist zwar nur darauf programmiert, Bewegungen nachzuahmen, aber Charlie ist rein zufällig Ex-Profi-Boxer und bringt auf Wunsch seines Sohnes dem Robo-Opa das boxen bei. Mit dem Underdog erkämpfen sich die beiden den Weg bis in die Profiliga, wo sie gegen den besten Roboter der Welt antreten müssen: Zeus. Das ist sie, die fragwürdige Geschichte des neuen Disney-Films „Real Steel“.

Es liegt nicht an der Regie von Shawn Levy („Nachts im Museum“); es liegt nicht am Spiel von Hugh Jackman („X-Men“); es liegt nicht an den Effekten. Das alles ist in Ordnung. Was „Real Steel“ so herunterzieht ist der Mangel an Plausibilität. Warum sollten bei einem so populären Sport wie Boxen die Menschen aus dem Ring verschwinden und 3 Meter große Roboter per Fernbedienung steuern – und das schon in acht Jahren? Warum sollte ein kleiner Junge seinem Vater helfen, obwohl er ihn gar nicht kennt und der ihm sehr ablehnend entgegentritt? Warum ist der Roboter namens Atom, den Max auf dem Schrottplatz findet, mit leuchtenden blauen Augen ausgestattet und hat eine Einkerbung im „Gesicht“, die scheinbar zufällig wie ein Lächeln aussieht? Warum ist „Atom“ zufällig in der Lage, Bewegungen nachzuahmen, während Hugh Jackman Ex-Boxer ist? So plump konstruiert darf nur ein Kinderfilm sein; aber genau das ist „Real Steel“, auch wenn er nicht als solcher vermarktet wurde.

Auch für Erwachsene hat „Real Steel“ jedoch etwas zu bieten - Zuschauer, die einen Faible für Box-Filme haben, werden reichlich Parallelen zwischen Filmen wie „Rocky“ und „Real Steel“ erkennen. Beispiel: Während der Gegner in „Rocky“ noch Apollo hieß, ist es bei „Real Steel“ dessen Mythologie-Vater Zeus. Dieser riesige schwarze Super-Roboter ist aber kein amerikanisches Produkt, sonder hat eine asiatisch-russische Crew hinter sich. Man könnte meinen, die Zeit in der die Amerikaner ihre Angst vor dem Kalten Krieg subtil in Alien-Filmen verarbeiteten, seien noch nicht vorbei. Die großen Jungen können sich des Weiteren an der Frau im Film ergötzen. Evangeline Lilly („Lost“) leitet im Film, wer hätte das gedacht, ein Boxstudio und ist eine alte Freundin von Charlie. Warum eine junge Frau ein Boxstudio leiten sollte, bleibt eine der vielen Fragen, die „Real Steel“ hinterlässt.

Es mangelt dem 80 Millionen Dollar teuren Film an vielem - nicht nur an Plausibilität. Als Zuschauer findet man keinen Zugang zu dem Vater-Sohn-Konflikt, weil Charlie nichts Väterliches für seinen Sohn tut. So dümpelt der Konflikt aufgebauscht neben dem zweiten Strang der Erzählung - dem boxenden Roboter - her, statt sich darin einzufügen. Eine ausgeprägte Love-Story bleibt dem Zuschauer zum Glück erspart und auch der moralische Zeigefinger wird einem nicht all zu aufdringlich untergejubelt. Vielleicht hätte aber genau das Sinn gemacht. „Real Steel“ verkommt vom Familienfilm zum kurzweiligen Streifen für kleine Jungs und kindgebliebene Väter, die sich von teuren Effekten und dem sprichwörtlichen Hau-Drauf unterhalten lassen. Im Sommer 2013 wird Produzent Steven Spielberg sich wieder dem Thema Roboter zu wenden: Dann soll sein neues Project "Robopocalypse" in den USA anlaufen.

„Real Steel“ ist ab dem 3. November 2011 im Kino zu sehen.

Steven Spielberg produziert erneut seichte Unterhaltung