Mut zur Lücke: Lucy Liu spielt fragwürdigen Watson in Sherlock-Holmes-Serie „Elementary“

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 10. Januar 2013

CBS macht sich keine Freunde mit der Sherlock Holmes-Serie „Elementary“. In der Besetzung von Lucy Liu als Dr. Watson und der Versetzung der Figuren ins heutige New York sehen viele Fans die Detektivgeschichte von Arthur Conan Doyle verraten und verkauft. Aber nicht nur die Tatsache, dass Holmes' Gehilfe weiblich ist, stößt den Zuschauern auf - auch die Tatsache, dass die Figur der Joan Watson eine überflüssige Zicke ist, schafft nicht grade Sympathien. Eine Kritikerin der Welt lässt an der Figur kein gutes Haar:

Alles wäre besser gewesen als diese fade Zuckerschnecke, die ihm ständig mit Psychogelaber kommt. Lucy Liu hechelt als drug companion, als aufoktroyierte Post-Entzugs-Sitterin neben Sherlock her wie ein beleidigter Schoßhund; "Kommissar Rex" hatte mehr Profil als dieser Anachronismus.

Einmal schon hatte es eine weibliche Variante von Watson gegeben, das war in einem Fernsehfilm von 1993, in dem „Eureka“-Star Debrah Farentino eine Nachkommin von Dr. Watson spielte. Das Geschlecht der Figur an sich zu verändern, hat aber noch niemand versucht.

Es ist ja ganz nett, dass CBS versucht, das in letzter Zeit öfter durchgekaute Thema nicht nochmal nachzuplappern, sondern moderne Aspekte einzubringen. Aber warum musste es denn dann überhaupt unter dem Deckmantel der Kultfigur passieren? Verkaufen sich Krimiserien mit genialen Ermittlern nicht mehr? Braucht man jetzt einen Namen wie „Sherlock Holmes“ im Plot, um eine gute Story zu verkaufen?

Man kann sich dieser Tage kaum retten vor Sherlocks. Nicht nur Robert Downey jr., der in Guy Ritchies Interpretation zusammen mit Jude Law als Watson permanent auf dem schmalen Grat zwischen Exzentrik und Homoerotik wandelt, hält den genialen Detektiv von Arthur Conan Doyle hoch. Auch Benedict Cumberbatch, der Holmes in der Serie der BBC spielt, verleiht der Figur Format. Und auch dort - Martin Freeman, der im Moment als Bilbo Beutlin über die Leinwände der Welt flimmert, ist ein praktisch veranlagter Watson; ein sinnvolles Gegenstück zum überkandidelten Denken von Holmes. Aber was Lucy Liu als Joan Watson an der Seite von Jonny Lee Miller zu suchen hat, erschließt sich so richtig niemandem. Sat.1 strahlt den Serienauftakt heute Abend um 21.15 Uhr aus. Wer eine Umsetzung erwartet, die dichter am Original ist, sollte aber lieber nochmal die Filme mit Peter Cushing anschauen.