„Piranha 3DD“ ist anders, als erwartet

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 10. September 2012

Es ist eine bittere Wahrheit, dass Fortsetzungen beschissen sind. Besonders zweite Teile. Beweise dieser These gibt es in Mengen: „Zurück in die Zukunft“, „Rocky“, „Scream“, „Ocean's Eleven“, „Scary Movie“, „Fluch der Karibik“, „[REC]“, „Der weiße Hai“, „Titanic“, „American Pie“, „Ice Age“, „Spider-Man“, „Stirb langsam“, „Cars“, „Rambo“, „Matrix“ - alle haben schlechte zweite Teile nach sich gezogen. Und diese Liste ließe sich noch verdammt lang fortsetzen. Ausnahmen wie „Terminator“, „Der Pate“ oder „The Dark Knight“ sind rar gesät. Aber manchmal, in seltenen Fällen, ist die Fortsetzung so verschieden vom ersten Film, dass man sie kaum vergleichen kann. Das gilt zum Beispiel für „Hannibal“. „Hannibal“ war kein übler Film - aber weil alle ihn mit „Das Schweigen der Lämmer“ vergleichen, stand er unter einem schlechten Stern. Gleiches gilt für „Final Destination 2“ - dabei sind die Todesszenen sehr viel besser, als in „Final Destination“! Und wie auch bei diesem Film gilt: „Piranha 3DD“ ist nicht per se schlechter als „Piranha 3D“, hat aber unterhaltsamere Gewalt. Und genauso wie „Final Destination 2“ ist die Fortsetzung um einiges lustiger. Sogar so lustig, dass sie das Genre wechselt und mit dem ersten Film gar nichts mehr zu tun hat.

Es ist nicht lange her, seit der Spring Break am Lake Victoria zu einem Blutbad erster Klasse mutierte. Aber jetzt sind die garstigen Piranhas irgendwie in einen anderen See gelangt und drohen, ein Erlebnisbad für Erwachsene am Eröffnungstag in ein Schlachtfeld zu verwandeln. Natürlich sehen ein paar findige Nerds die Katastrophe kommen und versuchen, den Besitzer des Bades zu warnen, aber der will natürlich nichts davon hören. Und dann ist da ja auch noch David Hasselhoff...

Der erste Film war erstaunlich - im verklemmten Hollywood waren selten so viele nackte Brüste an betrunkenen Mädchen zu sehen wie in Alexandre Ajas („The Hills Have Eyes“, „High Tension“) Remake des Tierhorror-Klassikers von 1978. Nicht, dass das Remake mit dem Original irgendetwas gemein hätte, außer den gefräßigen Fischen. Auch die Fortsetzung des Remakes hat mit der Fortsetzung des Originals nichts zu tun („Piranha 2 - Fliegende Killer“ war 1981 der erste Spielfilm eines gewissen James Cameron). Man kann sogar guten Gewissens sagen, dass „Piranha 3DD“ mit „Piranha 3D“ ebenfalls nichts mehr gemein hat - außer eben den Piranhas. Wo der erste Teil zumindest einen Hauch von Ernsthaftigkeit und Authentizität versprühte und sogar die ein oder andere glaubhafte Figur enthielt, verliert sich „Piranhas 3DD“ in Klamauk, flachen Sprüchen und David Hasselhoff. Ja, zugegeben, es gibt wieder viele nackte Brüste zu sehen, aber wo „Piranha 3D“ mit viel Spaß an der Sache und jugendlichem Leichtsinn in ein 20-minütiges beispielloses Gemetzel steuerte, dem man dank reichlich innovativer Szenen gebannt beiwohnte, schürt „Piranha 3DD“ viele Erwartungen, die dann eiskalt enttäuscht werden - das eigentliche Massaker an den mehr oder minder unschuldigen Badegästen ist nach wenigen Minuten sprichwörtlich gegessen und was bleibt ist nur die fade Vermutung, dass man mit ganz viel nackter Haut und einem Maximal-Cameo von David Hasselhoff an der Nase herum geführt wurde. Statt eines triefenden Tierhorror-Streifens bekommt man ein in jeder Hinsicht schamloses Komödchen ohne Biss. Der Witz dabei: unterhaltsam ist der Film trotzdem!

Heute beißen sie wieder!

Obwohl sich „Piranha 3DD“ nicht mal im Ansatz mit dem herrlich erfrischenden Vorgängerfilm messen kann, ist das völlig übertriebene Herumgealbere der platten Hauptfiguren oft genug mit verdammt witzigen Sprüchen, Todesszenen oder Seitenhieben versehen, dass man sich gar nicht entscheiden kann, ob man jetzt unter lautem Protest das Kino verlassen, oder diesem bizarren Schabernack weiterhin lachend zusehen soll. Natürlich entscheidet man sich für zweiteres („Piranha 3DD“ wird nach einem katastrophalen Kinostart in den USA nicht regulär in den deutschen Kinos laufen) und wird auch tendenziell gut unterhalten. Zwar war Kurzweil noch nie SO kurz, aber wofür will man als Tierhorror-Fan denn sonst 79 Minuten verschwenden, wenn nicht für angefressene Teenager, derbe Sprüche und einstige Actionstars? (Neben Hasselhoff, der sich in diesem Film so demütigend selbst auf die Schippe nimmt, dass es einem leid tut, hat auch Gary Busey einen kleinen Cameo-Auftritt.)

Alles in allem, sollte man von „Piranha 3DD“ am besten überhaupt nichts erwarten - dann wird man auch nicht enttäuscht, sondern nur gut unterhalten. Wer dagegen eine adäquate Fortsetzung des ersten Teils erwartet, wird sich mit „Piranha 3DD“ erst anfreunden müssen.

DVD und BD starten am 4. Oktober im Handel. Als Bonusmaterial gibt es Interviews, geschnittene Szenen, ein Audiokommentar und diverse Features.