Jessica Kremser

Autorin

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 10. August 2012

Erzähl doch bitte etwas über Dich selbst.

Ich bin in einem Dorf direkt am Chiemsee aufgewachsen und war als Kind von Mai bis Oktober ständig am und im Wasser zu finden. Nach dem Abitur bin ich für ein halbes Jahr nach Florenz gezogen, weil ich unbedingt Italienisch lernen wollte, und anschließend habe ich in München und in England studiert: Englische Literaturwissenschaft, Italienisch und Theaterwissenschaft. Heute wohne ich immer noch in München. Bei der Wahl meines Wohnortes sind mir aber eher die Menschen als der Ort wichtig. Würden alle meine Freunde plötzlich aus München wegziehen, dann würde ich mich hier auch nicht mehr so heimisch fühlen.

Du bist Redakteurin bei verschiedenen Zeitschriften, die sich um Haustiere drehen. Warum grade Haustiere?

Unsere Zeitschriften drehen sich nicht nur um Haustiere. Das Spannende ist, dass es um alle Tiere geht, auch um die exotischen, wilden. Insofern hat das dann auch viel mit Natur- und Umweltschutz und anderen angrenzenden Themengebieten zu tun. Und natürlich auch mit Menschen und deren Umgang mit Tieren. Das Ganze ist also wirklich ein weites Feld und macht deshalb viel Spaß. Dort gelandet bin ich aber tatsächlich aus Zufall. Ich hatte eigentlich vor, an der Uni zu bleiben und zu promovieren, und nur aus reiner Neugier wollte ich vorher noch drei Wochen Praktikum bei einer Zeitschrift machen. Es hat mich einfach interessiert, wie so ein Magazin entsteht. Und dann wurde mir nach einer Woche eine Stelle als Volontärin angeboten, dann die feste Stelle als Redakteurin, dann die als verantwortliche Redakteurin - und ich bin jedes Mal geblieben. Das lag zum einen an meinen tollen Kollegen und zum anderen daran, dass ich mich richtig ins Thema eingefunden habe. Heute freue ich mich, wenn ich merke, wie viel ich in den letzten Jahren gelernt habe - über Tiere und über Zeitschriften.

Worum ich persönlich Frau Maier beneide, ist ihre Gelassenheit. Die fehlt mir! Würde ein Fremder nachts um mein Haus schleichen – ich wäre sofort weg und würde mir das nicht erst einmal ganz cool anschauen.

Dein Debütroman „Frau Maier fischt im Trüben“ ist Mitte Juli erschienen. Die Handlung erinnert ein bisschen an Miss Marple und „Mord ist ihr Hobby“ - eine alte Dame forscht auf eigene Faust in einem Mordfall nach und begibt sich damit in Gefahr. Wie bist Du auf die Idee gekommen, einen Kriminalroman zu schreiben?

Ich schreibe gerne und wollte schon lange am liebsten einen Roman schreiben. Ein Krimi kam mir als Genre irgendwie „machbar“ vor: Da gibt es einen festen Plot mit festen Strukturen und das fand ich für den Anfang überschaubar. Überschaubarer zumindest als zum Beispiel einen tiefenpsychologischen Entwicklungsroman. Und dann wollte ich auch einfach ein Buch schreiben, das mir selbst als Leserin gefallen würde. Etwas Unterhaltsames, mit dem man sich in die Badewanne legen kann. Und dafür sind Krimis unschlagbar! Die Idee zur Handlung kam mir dann tatsächlich bei einem Spaziergang am Chiemsee. Wobei: Dass mein erster Roman am Chiemsee spielen soll, das war von vornherein klar. Ich liebe die Gegend und besonders eben den See.

Ich möchte natürlich eine Lanze für's Lesen brechen: Es bietet Spannung und Entspannung, es schärft die Sinne, trainiert das Kopfkino, entschleunigt - es kann Weltreise und Heimkommen zugleich sein.

Die meisten Autoren schreiben über Dinge, die sie kennen. Deine Protagonistin ist aber erheblich älter als Du. Warum hast Du Dich für die alte Dame entschieden und hast aus Deiner Figur keine jüngere Frau gemacht, die etwas zurückgezogen lebt?

Eine alte Frau war mir als Protagonistin sympathisch, das war aber eher eine Entscheidung aus dem Bauch heraus. Und als ich Frau Maier schon erfunden hatte, habe ich gedacht: junge und attraktive Ermittlerinnen, die neben ihrer brillanten Arbeit auch noch alle Herzen brechen, davon gibt es schon viele, vor allem im Fernsehen. Frau Maier ist mir da lieber. Sie ist in vielerlei Hinsicht so ziemlich das Gegenteil von mir. Während sie zurückgezogen und mit wenigen Kontakten lebt, lebe ich in der Stadt mit einem Job und einem Terminkalender, der mir oft eher zu voll ist. Und worum ich persönlich Frau Maier beneide, ist ihre Gelassenheit. Die fehlt mir! Würde ein Fremder nachts um mein Haus schleichen – ich wäre sofort weg und würde mir das nicht erst einmal ganz cool anschauen. Meine Protagonistin hat also nicht so viel mit mir zu tun, aber an meine beiden Omas habe ich beim Schreiben öfter gedacht. Frau Maier hat ein paar Eigenschaften von beiden mitbekommen, deshalb habe ich das Buch dann auch meinen Omas gewidmet.

Wer sind Deine literarischen Vorbilder?

Da gibt es eigentlich keine. „Vorbild“ klingt so, als würde man es ähnlich oder ähnlich gut machen wollen. Und das wäre bei den Autoren, die mir gefallen, ein bisschen hoch gegriffen. Aber die Art des Krimis - eher gemütlich, ein bisschen retro, ohne zu viel Blut - lehnt sich schon an die Krimis an, die ich selbst gerne lese. Zum Beispiel von Martha Grimes oder auch The No. 1 Ladies‘ Detective Agency-Reihe von Alexander McCall Smith.

Was ist Dein nächstes Projekt? War „Frau Maier fischt im Trüben“ nur ein Ausflug in die Belletristik, oder willst Du mehr Romane schreiben? Vielleicht sogar eine Fortsetzung?

Ich will auf jeden Fall noch mehr schreiben und bin auch schon mitten im zweiten Fall von „Frau Maier“. Es ist nur schwierig, das mit der Arbeit zu vereinbaren. Denn wenn ich schon den ganzen Tag geschrieben habe, kann ich mich abends manchmal nicht mehr darauf konzentrieren. Ich brauche also die Wochenenden und meine Urlaubstage dafür. Ich habe außerdem noch fertige Geschichten für Kinder in der Schublade liegen. Die will ich auch mal wieder angucken, überarbeiten und vielleicht einen Verlag dafür finden.

Ich will auf jeden Fall noch mehr schreiben und bin auch schon mitten im zweiten Fall von „Frau Maier“.

Wenn Du einen anderen Beruf hättest wählen müssen, welcher wäre das?

Psychologin! Ein  Psychologie-Studium hätte mich sehr interessiert und ich finde es spannend, mich in andere Menschen hineinzudenken. Meine Freundinnen sagen allerdings, dass ich den Beruf der Psychologin im privaten Bereich schon genug auslebe, also habe ich vielleicht doch nichts verpasst. (lacht)

Die Inselfrage: Welche fünf Bücher würdest Du mitnehmen?

William Shakespeares gesammelte Werke, Jane Austen - „Pride and Prejudice“, Toni Morrison - „Paradise“, Pamela L. Travers - „Mary Poppins“ und Isabella Nadolny - „Ein Baum wächst übers Dach“

Mit was kommst Du gar nicht zurecht – sei es beruflich oder privat?

Mit der berühmt-berüchtigten Mischung „dumm und dreist“ – das ist echt eine schwierige Kombination. Tatsächlich treten die beiden Eigenschaften leider oft im Doppelpack auf und machen jede konstruktive Kommunikation eigentlich unmöglich.

Gibt es noch etwas, das Du unbedingt mitteilen möchtest?

Ich möchte natürlich eine Lanze für's Lesen brechen: Es bietet Spannung und Entspannung, es schärft die Sinne, trainiert das Kopfkino, entschleunigt - es kann Weltreise und Heimkommen zugleich sein.