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Schlacht an einer türkischen Stiftungsuniversität: Prekäre Beschäftigungsverhältnisse in der akademischen Welt

von Portrait von Arzu A. Kayvani Arzu A. Kayvani
Veröffentlicht am 15. Juli 2019

Die Stiftungsuniversitäten, die in der Türkei vermehrt in den 90er Jahren gegründet wurden, werden heute von ihren Gründern - türkischen Unternehmern aus den verschiedensten Sektoren - als ein sehr profitables Geschäft betrachtet. Nach Zahlen aus dem Februar diesen Jahres waren von insgesamt 203 Universitäten in der Türkei allein 73 Stiftungsuniversitäten, in denen die Hochschulstudenten für Ihre  Bildung bezahlen. Allein in der Metropole Istanbul befinden sich 45 dieser Stiftungsuniversitäten.

Die Debatten aus den 90ern drehten sich um den Slogan bzw. die Forderung nach “Gebührenfreier Bildung als Grundrecht für Alle”. Heute zeigt sich ein sehr berechtigter Einwand: Als Bildung zu einem profitablen Betätigungsfeld für Unternehmer wurde, sind Studenten zu Kunden geworden und Akademikerinnen avancierten zu Dienstleistern. Auch bei den Vermarktungstagen der Universitäten - Tages-Events, bei denen die Universitäten sich gegenüber potentiellen Studienanfängern präsentieren - wird eher das Campusleben, mögliche Optionen für ein Stipendium und die beruflichen Perspektiven nach einem Studienabschluss in den Vordergrund gestellt, statt die inhaltliche Qualität der Ausbildung zu beleuchten. 

In Zeiten der ökonomischen Krise wird klar, dass diese Universitäten eher Firmen als Bildungsinstitutionen sind. Ein solcher Bruch wurde jüngst an der Istanbul Okan Universität offenbar. Da die Zahlen von offiziellen Quellen noch nicht bestätigt sind, wird davon ausgegangen, dass mindestens 60 vielleicht sogar bis zu 200 Akademikerinnen im vergangenen Monat aus ökonomischen  Gründen - unter dem Stichwort der "organisatorischen Verkleinerung” - entlassen wurden. Obwohl die Verträge, die erst im Mai von den Akademiker(inne)n wie jedes Jahr einseitig unterzeichnet wurden, und diese im Falle einer Aufhebung des Vertrages von einer Vertragspartei fünf Monatslöhne als Strafzahlung vorsehen, wurden die Akademikerinnen kurz vor Monatsende ohne jedwede Ankündigungsfrist und ohne Hinweis auf ihre bestehenden Rechte auf eine Abfindung entlassen. Diese Massenentlassung der Akademiker(innen) durch die Istanbul Okan Universität hat sowohl in den Medien wie auch in den Sozialen Medien als “akademische Schlacht” eine breite Resonanz gefunden.

Es kann davon ausgegangen werden, dass sowohl die Qualität der universitären Bildung als auch die ökonomische Sicherheit der Akademiker(innen) weiterhin der der Logik der Profitabilität der Privatuniversität weit untergeordnet sein wird; an Universitäten die nur noch Kunden und Dienstleister kennen.