The Shoes - (c) Romain B. James © Romain B. James

Album Kritik - The Shoes puzzeln auf "Chemicals"

von Portrait von Kathrin Stegherr Kathrin Stegherr
Veröffentlicht am 4. November 2015

Das französische Dance-Pop-Duo The Shoes konstruieren mit "Chemicals" ein Album voller kontinuierlicher Inkonsequenz. Der Name des am 4.11. erschienenen Werks der beiden Franzosen Guillaume Brière und Benjamin Lebeau ist Programm. So lässt sich jeder einzelne der insgesammt 10 Songs in seine melodischen Elemente spalten, wobei kein Beat im konventionellen Sinn vorhersehbar scheint. Das hört sich zuallererst sehr chaotisch an - tatsächlich steckt aber ein überlegtes Konzept hinter dieser relativ ungewöhnlichen Arbeitsweise. Die Rede ist von einem Electro-Pop-Puzzle, das den Bogen erfolgreich von nostalgischem Dream-Pop über markante Techno-Klänge zu düsterem New Wave spannt. So schichten sich beispielsweise in der Singleauskopplung "Drifted" unter anderem die melancholische Stimme des SAGE Sängers Ambroise Willaume und schreitende Klaviermelodien langsam übereinander, um schlussendlich in der glorreichen Auflösung der hämmernden Techno-Beats ihren Höhepunkt zu erreichen.
Das charakteristische Spiel mit Patterns und die durchdachte Anordnung derselben, weckt beim aufmerksamen Hörer Faszination nicht nur für "Chemicals", sondern ebenso für dessen ungewöhnliche Elementverbindungen. Aber immer bleibt der Sound unter dem Deckmantel der The Shoes imanenten Coolness, die schon auf dem Vorgängerwerk "Crack my bones" vor allem mit der Single "Time to dance" überzeugen konnte. Der Stilmix lässt sich nicht allein auf die Experimentierfreudigkeit des Produzentenduos, sondern ebenso auf die ständig wechselnden lokalen Einflüsse zurückführen. "Chemicals" wurde ganz im Sinne der Vielseitigkeit sowohl in London und Paris als auch in Reims und New York aufgenommen.Und das hört man auch!

Romain B. JamesRomain B. JamesThe Shoes


Bei den Vocals bleiben die beiden jedoch hauptsächlich in familiärer Umgebung und verlassen sich auf gesangliche Unterstützung von ihren Labelkollegen Esser, SAGE und Black Atlass. Den Mut zum Stilmix haben sich die beiden Produzenten im Laufe der Zeit durch die Zusammenarbeit mit vielen etablierten Künstlern des Pop-Universums erarbeitet. Neben Remixes für Shakira, London Grammar und Pharell Williams produzierten Brière und Lebeau ebenso das mit Platin ausgezeichnete Debutalbum "The Golden Age" ihres Labelkollegen Woodkid.
Zusammenfassend kann von einer erstklassig produzierten, zukunftsorientierten Platte gesprochen werden. Die große Einheit, die das Album durchaus benötigt, um nicht schon beim ersten Hören wieder beiseite gelegt zu werden, wird dabei erst durch die   Komplexität und den Facettenreichtum jedes einzelnen Songs bestimmt. Ein musikalisches Electro-Pop-Puzzle also, das aufgrund der vielen Bauteile auch im Ohr immer wieder neu zusammengesetzt werden möchte.