Amanda Todd wird zum Symbol gegen Cybermobbing

von Portrait von Michael Miskulin Michael Miskulin
Veröffentlicht am 22. Oktober 2012

"Ich habe niemanden" steht da in schwarzer Schrift auf einer Karteikarte. "Ich brauche jemanden. Mein Name ist Amanda Todd." So endet das schwarz-weiße YouTube-Video. Wenig Später ist Amanda Todd tot. Sie nahm sich mit 15 das Leben. Das neun Minuten lange Video war der letzte Hilferuf der Kanadierin. Zwei Wochen nach dem Freitod des Mädchens haben Millionen von Menschen das Video gesehen und ihr Beileid auf Facebook und Twitter gepostet. In Kanada gilt sie nun als Symbol für die Folgen von Cybermobbing.

Ihre Mitschüler fingen sie an zu hänseln, als sie jung und naiv einem Fremden in einem Internet-Chat kurz ihren nackten Oberkörper zeigte, als dieser sie darum bat. Der Fremde verteilte das Bild daraufhin an ihrer Schule und lud es bei Facebook hoch. Das Mobbing ihrer Altersgenossen artete sogar in körperlichen Angriffen aus - Amanda Todd bekam Panikattacken und Depressionen und flüchtete sich in Alkohol und Drogen. Einen ersten Freitodversuch überlebte sie nur schwer verletzt: Sie trank Bleichmittel.

Leider ist Cybermobbing mittlerweile kein Einzelfall mehr: Laut einer Studie soll jedes dritte Kind in Deutschland bereits von seinen Altersgenossen im Netz belästigt werden, wie Focus berichtet. Und immer wieder geraten Fälle an die Öffentlichkeit, in denen Kinder und Jugendliche nicht mehr weiter wissen und den Freitod wählen.

Doch bevor man gleich das Medium Internet als Schuldigen ausmacht, sollte man sich klar machen, dass Mobbing im Netz nichts weiter als die Fortsetzung von bereits bestehenden Handlungsweisen im Alltag darstellt. Wer also die vermeintliche zunehmende soziale Verrohung der Jugendlichen im Internet kritisiert, sollte sich klar vor Augen führen, dass das Mobbing zunächst im realen Leben beginnt und auch dort angegangen werden muss.

Es nützt also nichts, nur mal eben kurz das YouTube-Video von Amanda Todd auf seiner Facebook-Seite mit einem traurigen Smiley zu posten: Vielmehr muss das eigene Verhalten stets in Frage gestellt werden, wenn man anfängt über Kollegen oder Bekannte zu lästern oder beginnt, scheinbare Sonderlinge auszugrenzen.

Amanda Todd wird zum Symbol gegen Cybermobbing