Coaster Roller

Mode-Designer und Label-Gründer

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 19. Oktober 2012

Erzählt doch bitte etwas über Euch selbst.

Marco: Ich bin in Kiel geboren, habe Einzelhandelskaufmann im Bereich „Bekleidung“ gelernt, hab' später mein Fachabi im Bereich „Wirtschaft“ gemacht und habe 15 Jahre, von 1997 bis 2011, in der Punkrockband „One Fine Day“ gespielt. Wir hatten ein paar Radiohits, waren bei MTV mit einem Musikvideo auf Platz 1 und haben alle großen deutschen Festivals mit der Band gespielt - Rock am Ring, Rock im Park, Hurricane.

Kerstin: Ich bin in Wernigerode geboren und habe nach der Schule eine Ausbildung zur gestaltungstechnischen Assistentin für Grafik und Design gemacht. Danach habe ich in Frankfurt am Main als Visual Merchandiserin gearbeitet. Nachdem ich aus beruflichen Gründen nach Kiel gezogen bin und dort Marco kennengelernt habe, war ich die Merchandiserin bei „One Fine Day“. Marco und ich leben zusammen mit unserem 5 Monate alten Sohn Noah und dem Beagle-Mischling Emily in Borgstedt - das liegt zwischen Kiel, Rendsburg und Eckernförde. Vor ein paar Wochen, genauer gesagt am 2. Oktober, haben wir geheiratet.

Was ist das Besondere an „Coaster Roller“?

Kerstin: Bei Coaster Roller gibt es Shirts aus 100% Biobaumwolle, fair gehandelt und CO2 neutral produziert. Gut, das machen inzwischen einige. Aber bei uns gibt es keine Kollektionen - jeden Monat kommt ein neues Shirt in den Shop. Und die Motive sind alles andere als Öko, sondern jung, cool und manchmal provokant. Wir haben auch oft Motive im Programm, die irgendwie maritim anmuten, was wohl an unserer Heimat Schleswig Holstein liegt.

Wie seid Ihr auf die Idee gekommen? – Habt Ihr abends vor dem Fernseher gesessen und Euch dann plötzlich gedacht: dieses Problem mit den umweltschädlichen T-Shirts sollten wir mal angehen?

Viele wissen einfach nicht, dass ein Shirt zum Beispiel im Durchschnitt einen CO2-Ausstoß von etwa 11 Kilogramm erzeugt. Und dass dafür Unmengen an Wasser verbraucht werden.

Marco (lacht): Ja, fast. Erst war die Idee da, ein Streetwear Label zu gründen. Das lag einfach nah, wenn man betrachtet, was wir bisher gelernt und gemacht haben. Je mehr wir uns mit dem Thema auseinander setzten, desto klarer wurde uns, dass wir Bioshirts dafür nehmen wollten, weil für die herkömmliche Produktion ein wirklicher Raubbau an Natur und Arbeitern betrieben wird. Dass wir von den Motiven her anders sein wollten als alle anderen, war uns sehr schnell klar, weil wir auf die herkömmliche Öko-Mode so gar nicht konnten und wollten. Dann kam mir noch die Idee mit der monatlichen Veröffentlichung und auf einmal hatten wir da etwas ganz Besonderes.

Eure Shirts haben „exklusive Auflagen“, das heißt, Ihr lasst immer nur sehr wenige Exemplare herstellen. Warum?

Kerstin: Das hat tatsächlich mehrere Gründe. Zum Einen war uns sehr wichtig, dass den Leuten das Gefühl vermittelt wird, dass sie da wirklich etwas einzigartiges tragen. Zum Anderen sind die Shirt-Rohlinge bei den Ansprüchen, die wir an die Ware stellen, oft nicht in großen Auflagen zu bekommen. Das wird auch immer schwieriger, weil die Nachfrage nach Biobaumwolle rasant ansteigt. Und dann muss man auch ehrlich sagen, haben wir mit einem ganz schlanken Budget angefangen und konnten uns einfach keine großen Auflagen leisten.

Ökologisch nachhaltige Kleidung zu kaufen ist natürlich sinnvoll. Aber fängt Umweltschutz nicht woanders an?

Uns geht es nicht darum reich zu werden, sondern das tun zu können, was wir am meisten wollen.

Marco: Umweltschutz fängt in den Köpfen der Leute an. Viele wissen einfach nicht, dass ein Shirt zum Beispiel im Durchschnitt einen CO2-Ausstoß von etwa 11 Kilogramm erzeugt. Und dass dafür Unmengen an Wasser verbraucht werden. Wir können unsere Shirts CO2-neutral produzieren, weil die Fabrik von eigenen Windturbinen mit Strom versorgt wird und weil das zur Produktion und Färbung verwendete Wasser in einer hauseigenen, geschlossenen Kläranlage wieder zu Trinkwasser verarbeitet wird. Wir hoffen, wir können durch die Verbreitung von solchen Informationen rund um unsere Kleidung unseren Beitrag leisten und weiter sensibilisieren. Den wenn Leute sensibel dafür werden, was sie da tragen oder auch essen oder was sie der Umwelt antun, wenn sie mit dem Auto zum Laden um die Ecke fahren, dann entdecken sie oft auch das Bedürfnis etwas zu ändern.

Wer designt bei „Coaster Roller“?

Kerstin: Angefangen haben wir mit eigenen Designs und Motiven von Künstlern aus den USA, die uns Grunddesigns und Charaktere für kleines Geld zur Verfügung gestellt haben. Wir haben dann die Schriftzüge eingefügt und das fertige Shirt daraus designt. Inzwischen bekommen wir Motivvorschläge von vielen jungen Künstlern aus ganz Deutschland. Wir beteiligen Shirtdesigner an den Einnahmen, so dass jemand auch noch nach langer Zeit immer wieder Beträge durch das verkaufte Motiv verdienen kann. Reich wird man damit nicht, weil wir ja kleine Auflagen von bisher unter 1000 Shirts pro Motiv drucken lassen, aber uns geht es auch nicht darum reich damit zu werden, sondern das tun zu können, was wir am meisten wollen. Und genau solche Künstler wollen wir auch für „Coaster Roller“.

Wie entscheidet Ihr, welcher Entwurf in die Produktion geht?

Marco: Wir entscheiden erst einmal grob danach, was am besten zu Coaster Roller passt. Aber da gibt es auch noch viele andere Kriterien. Welche Shirtfarben haben wir in den letzten Monaten benutzt? - Man will sich ja nicht wiederholen! Und welches der anstehenden Motive passt am Besten zu dieser Farbe?

Coaster Roller

Wie viele Eurer Entwürfe wandern auf den Müll?

Kerstin: Eigentlich keines. Wir bekommen aber immer wieder mal Motive zugeschickt, die einfach nicht passend sind. Die für uns entweder zu düster sind oder wo der Zeichner künstlerisch einfach noch nicht so weit ist. Mit denen gehen wir dann ins Gespräch und versuchen zu vermitteln, auf was wir beim Design wert legen. Denn ein Shirt, das dann nicht verkauft wird, weil das Motiv keiner mag, ist für uns und für denjenigen, der es entworfen hat natürlich das Allerschlimmste.

Was bedeutet „Coaster Roller“?

Marco: „Coaster Roller“ hat nichts mit dem englischen Wort für „Achterbahn“ zu tun, wie man erst meinen könnte. Wir wollten einen Markennamen, der für dieses Lebensgefühl steht, das wir hier an den Küsten Schleswig Holsteins für uns gefunden haben. Für den Strand, die Natur, aber auch die Verrücktheit, die wir an ausgefallenen Kleidungsstücken so schätzen. Also hab' ich nach einigem Grübeln das Wort Roller Coaster einfach umgedreht.

Auf Euren Shirts findet man oft die gleichen Figuren, etwa einen Pelikan, der El Pelicano heißt. Auf Eurer Webseite findet man zu den Figuren ganze Hintergrundgeschichten. Wozu? War Euch nur langweilig, oder steht ein tieferer Sinn dahinter?

Marco: Wir lieben die Figuren auf den Shirts und da wir beide kreativ sind und ich viel Spaß am Schreiben habe, haben wir uns gedacht, wieso nicht jeder Figur ihre eigene Geschichte geben. So entsteht auch für andere eine persönliche Beziehung zu jedem Charakter und manchmal auch Dingen, wie zum Beispiel unserem Lieblings Schiff, der „Forch Gock“.

Wie sieht Euer Alltag jenseits von „Coaster Roller“ aus? Habt Ihr noch andere Leidenschaften?

Inzwischen bekommen wir Motivvorschläge von vielen jungen Künstlern aus ganz Deutschland.

Kerstin: Ich bin zur Zeit natürlich in erster Linie Mutter. Aber ich nähe auch noch Handy- und andere Taschen und biete diese in meinem Dawanda Shop an.

Wo kauft Ihr Eure Klamotten, wenn Ihr nicht grade Eure eigenen Shirts an habt?

Kerstin: Natürlich schauen wir, dass wir auch sonst Kleidung bekommen, die nachhaltig produziert ist. Auf www.avocadostore.de gibt es eine super Auswahl an sehr coolen Marken.

Angenommen, ihr könnt aus Eurem brennenden Lager jeder nur eines Eurer Modelle retten, welcher Coaster wäre es?

Kerstin: „The Roller“, das Shirt mit dem Seemann, der nach der durchzechten Nacht durch das Rotlichtviertel läuft, weil es das erste Shirt war, dass wir jemals hatten und mein Herz deswegen besonders dran hängt.

Marco: für mich die „Forch Gock“, weil ich den alten Segelschoner einfach so sehr mag.

Was ist Euer nächstes großes Projekt?

Marco: Auf jeden Fall werden wir erst einmal unsere ganze Energie in „Coaster Roller“ stecken, um das Label den Bekanntheitsgrad zukommen zu lassen, den es unserer Meinung nach verdient. Das steht beruflich für uns beide im absolut im Zentrum unseres Schaffens. Und dann ist da noch unser Sohn Noah. Wer selbst Kinder hat, weiß genau was ich meine. Wir versuchen für ihn so viel da zu sein, wie nur möglich. Auf jeden Fall ein großes Projekt.

Gibt es noch etwas, das Ihr unbedingt mitteilen möchtet; eine finale Weisheit?

Beide: Fangt an über den Tellerrand zu schauen, sonst geht das hier schief für die nächsten Generationen. Seine Shirts bei www.coaster-roller.de zu kaufen ist da sicherlich ein guter Anfang.