Bundeswehr-Soldaten nach dem Krieg

von Portrait von Elisa Schnitzler Elisa Schnitzler
Veröffentlicht am 12. August 2014

Erstmals in der Geschichte legt die deutsche Bundeswehr eine Kriegsveteranen-Studie vor. Die vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr veröffentlichte Langzeitstudie beschäftigt sich mit Fragen nach der Erlebnisverarbeitung, Persönlichkeitsveränderung und Lebenssituation von Veteranen. Sie stützt sich auf eine langfristige Begleitung von 4000 Soldaten des 22. Isaf-Kontingents im Afghanistan-Einsatz.

Insgesamt weist die Studie bei den Befragten einige positive Veränderungen auf, die überraschend sind. So kommt ein Großteil derer zwei Jahre nach dem Einsatz gut mit dem Erlebten zurecht. Sogar so gut, dass sich 68 Prozent erneut freiwillig für einen Einsatz melden würden. Ebenso viele gaben außerdem an, ihr Selbstbewusstsein sei nach der Rückkehr gestärkt. Auch ihre psychische Belastbarkeit hätte zugenommen, sagten zudem 41 Prozent der Veteranen. 65 Prozent gaben an, sie hätten schnell wieder zurück in das alltägliche Leben gefunden.

Starke Partnerschaften

Im Rahmen der Studie wurden auch die Partnerschaften der Veteranen unter die Lupe genommen. Das Fazit, dass Soldaten-Partnerschaften nach Auslandseinsätzen stabiler als die des statistischen Durchschnitts zu sein scheinen, beruht dabei nicht nur auf Selbsteinschätzung der Befragten, sondern auch auf faktisch messbaren Zahlen von Trennungen, Scheidungen und Hochzeiten. Auch hier kommt es zu interessanten Ergebnissen. 47 Prozent der befragten Veteranen sind verheiratet und 31 Prozent leben in fester Partnerschaft. Viele während der Zeit des Einsatzes Alleinstehende haben nach ihrer Rückkehr einen Partner oder eine Partnerin gefunden. Auch ein Großteil der Betroffenen, deren Partnerschaft infolge des Auslandseinsatzes in die Brüche ging, ist nach einiger Zeit wieder gebunden. 39 Prozent der Befragten gaben an, ihre Beziehung sei nach dem Einsatz gestärkt.

Lange Abwesenheit und psychische Probleme als häufige Trennungsgründe

In einigen Fällen ist der Einsatz jedoch auch Trennungsgrund – vor allem die lange Abwesenheit und psychische Probleme machen beiden Partnern nach der Heimkehr zu schaffen. Besonders hoch ist die Trennungsquote bei den bis zu 30-jährigen Soldatinnen und Soldaten (39 Prozent) sowie bei Soldaten mit unmittelbarer Gefechtserfahrung (32 Prozent).

Nicht darüber sprechen können

Doch trotz allem: Natürlich hat ein Einsatz im Krieg auch sehr viele negative Auswirkungen. Das zeigt sich besonders dann, wenn es darum geht, über das Erlebte zu sprechen – denn das fällt vielen Veteranen schwer. Zu unterscheiden ist hier zwischen Soldaten mit oder ohne Gefechtserfahrungen. Soldaten, die in unmittelbare Gefechte involviert waren, sind stärker traumatisiert. 26 Prozent von ihnen sind gar nicht in der Lage, über ihre Zeit in Afghanistan zu sprechen. 42 Prozent sagten, sie könnten nur mit Kameraden darüber reden – 44 Prozent können oder wollen nicht mit ihrer Familie sprechen.
Soldaten ohne Gefechtserfahrung verstummen dagegen „lediglich“ zu 13 Prozent völlig. 25 Prozent  gaben an, nur mit ihren Kameraden sprechen zu können. Diese Veteranen scheinen auch ihrer Familie gegenüber aufgeschlossener: Hier sind es 32 Prozent, die innerhalb ihres familiären Umfelds nicht über den Einsatz sprechen können oder wollen.
15 Prozent aller Befragten denken außerdem, dass sie nach ihrer Rückkehr aggressiver sind als zuvor. Sechs Prozent sagten, dass sie nur noch unter Kameraden Freunde finden und vier Prozent gaben an, sich seit dem Einsatz fremd im eigenen Leben zu fühlen.


Alles in allem gibt es also überraschenderweise einige positive Effekte des Einsatzes im Krieg. Negative Auswirkungen wie Aggressivität, Entfremdung und Traumata sind jedoch ebenfalls nicht von der Hand zu weisen.


Quelle: SPIEGEL ONLINE/Bericht des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr