Micha Schlüter

Singer/Songwriter aus Stuttgart

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 18. Juli 2012

Erzähl doch bitte etwas über Dich selbst.

Ich wurde am 8. Januar 1985 in Backnang in Baden-Württemberg geboren. Aufgewachsen bin ich in Winnenden, einer Kleinstadt 20 Kilometer nordöstlich von Stuttgart. Nach dem Abitur habe ich Gitarre an der Musikhochschule in Trossingen studiert. Jetzt lebe ich als freiberuflicher Musiker mit meiner Frau in Stuttgart.

Was gefällt Dir besonders an Deiner Stadt?

Schwierig, nur eine Sache zu nennen. Ich denke es ist die Vielzahl von kleinen Dingen, die Stuttgart für mich sehr besonders machen. Spätestens seit „Stuttgart 21“ wurde klar, dass die Menschen sich hier stark mit ihrer Stadt auseinander setzten und das gefällt mir sehr. Dass diese ganze Debatte vielleicht sogar mit zu einem Regierungswechsel in Baden-Württemberg beigetragen hat, finde ich auch sehr positiv. Ansonsten gibt es hier sehr viel zu erleben – sehr nette Menschen, gute Restaurants, Kneipen, Kultur, Musik, der VFB und  erstaunlich viele grüne Stellen. Es lohnt sich, hier zu wohnen.

Wie bist Du zur Musik gekommen?

Meine Eltern hatte einige Musiker als Freunde, die oft bei uns zu Hause gespielt haben. Dadurch hatte ich schon sehr früh Kontakt zur Gitarre. Ich denke, dass diese Zeit mich unterbewusst stark geprägt hat. Nachdem ich meinen ersten Gitarrenunterricht bekam und auch erstmals in verschiedenen Bands gespielt habe, war für mich irgendwie klar, dass ich das auch gerne beruflich machen würde. In meiner Jugend verbrachte ich viele Stunden an der Gitarre und entschied mich schließlich für ein Musikstudium. 

Was macht Deine Arbeit aus – gibt es einen typischen Alltag?

Da ich auch noch als Gitarrenlehrer arbeite, gibt es auf jeden Fall so etwas wie einen Alltag. An drei Tagen in der Woche unterrichte ich nachmittags als Honorarkraft an einer Musikschule. Für alles andere wie Liederschreiben und Konzerte gibt es keinen richtigen Alltag. Gerade das Komponieren kann sehr unberechenbar sein. Manchmal fällt einem wochenlang nichts Richtiges ein, höchstens ein paar Wortfetzen aneinander gereimt oder ein paar Gitarrenfragmente und plötzlich kann es dann ganz schnell gehen und man hat eine Hand voll Lieder vor sich liegen.

Manchmal fällt einem wochenlang nichts Richtiges ein, höchstens ein paar Wortfetzen aneinander gereimt oder ein paar Gitarrenfragmente und plötzlich kann es dann ganz schnell gehen und man hat eine Hand voll Lieder vor sich liegen.

Wie schwierig war es, als neuer Musiker Fuß zu fassen?

Wenn man das erste mal seine eigenen Lieder vor Leuten singt, ist das immer sehr schwierig. Da meine Texte oft sehr persönlich sind, offenbart man den Zuhörern ziemlich viel von seiner eigenen Gefühlswelt. Da ist es nicht immer einfach mit Kritik umzugehen, aber man darf dies auf keinen Fall persönlich nehmen. Es ist sehr wichtig  sich selbst treu zu bleiben, sich nicht zu verstellen, seinen eigenen Weg zu finden und geduldig sein.

Deine Bandbreite reicht von lustigen Songs wie „Kurz nach Zwölf“ hin zu melancholischen Stücken wie „Immer noch wir“. Was machst Du lieber – Drama oder Komödie?

Einige meine neueren Lieder, die ich vor kurzem geschrieben habe, gehen vielleicht eher Richtung Komödie. Als Zuhörer fesselt mich aber eher melancholische und tiefgründige Musik, daher denke ich, dass das vielleicht auch nur gerade eine Phase sein könnte. Ich hoffe, mir gelingt es, eine gute Mischung zwischen Tiefgang und Humor zu schaffen.

Micha Schlüter

Dein Debüt-Album trägt den Titel „.108“. Was bedeutet der Titel?

108 ist die Anzahl der Kilometer zwischen meiner alten Wohnung in Trossingen und meiner neuen Wohnung in Stuttgart. Die meisten Songs aus dem Album habe ich in Trossingen noch zu Studienzeiten geschrieben, gereift sind sie aber erst  in Stuttgart  und daher also der Brückenschlag von Trossingen nach Stuttgart. Der Punkt vor der 108 war eine Idee eines befreundeten Kunststudenten, der das Artwork des Albums mitentwickelt hat. Die Kombination von dem  Punkt und der Zahl bedeutet für mich, einen Schlussstrich im Leben zu ziehen und dennoch die Erinnerung an mein „altes Leben“, das nun 108 Kilometer in der Vergangenheit liegt, behutsam in mir zu tragen.

Deine ruhigeren Stücke erinnern manchmal ein wenig an Bands wie „Element Of Crime“. Wer waren Deine musikalischen Vorbilder?

„Element of Crime“ trifft's ganz gut, ich bin wirklich ein sehr großer Fan. Ansonsten haben mich in den letzten Jahren ganz unterschiedliche Bands und Musiker wie beispielsweise Tom Waits, The Tallest Man On Earth, „Turbostaat“ oder Gisbert zu Knyphausen inspiriert.

Ich hoffe schwer, dass ich ein bisschen raus aus Baden-Württemberg komme.

Was ist Dein nächstes Projekt?

Ich werde mir mein eigenes Studio einrichten und an neuen Songs arbeiten. Außerdem will ich Konzerte für den kommenden Winter und nächstes Frühjahr planen. Ich hoffe schwer, dass ich ein bisschen raus aus Baden-Württemberg komme.

Wie würdest Du Deine Musik und Deine Auftritte beschreiben?

Ich denke, dass meine meine Musik, zumindest was die Gitarre anbelangt, sehr stark von der Spielweise der klassischen Gitarre beeinflusst ist. Da ich mich sehr lange mit der Interpretation von klassischer Gitarrenmusik beschäftigt habe, gehe ich auch ähnlich mit meinen eigenen Kompositionen um. Meine eigenen Auftritte selbst zu beschreiben, finde ich schwierig. Vielleicht sollte man da die Zuschauer fragen. Aber ich denke es läuft  wohl ähnlich wie bei anderen Singer/Songwritern ab. Ich für meinen Teil versuche, mich auf meine Lieder und deren Aussage zu konzentrieren und möglichst authentisch zu bleiben.

Es gibt so viele Menschen, die sich viel zu wichtig nehmen und einen mit uninteressanten Müll zutexten.

Wo hattest Du Deinen merkwürdigsten Auftritt?

Auf der SWR4-Bühne bei der Landesgartenschau in Villingen-Schwenningen. Da auf SWR4 größtenteils Volksmusik läuft, war das Publikum auch dementsprechend. Dennoch hatte ich die Möglichkeit vor sehr vielen Menschen zu spielen, was eine sehr gute Erfahrung war. Ich wurde sogar noch auf der Bühne von einem Stefan Mross-Verschnitt interviewt. Ich kam mir vor wie im „Fernsehgarten“ oder wie bei „Immer wieder Sonntags“.

Woher kommt Deine Inspiration?

Mich inspirieren Menschen, die eine Geschichte erzählen und wirklich was zu sagen haben. Es gibt so viele Menschen, die sich viel zu wichtig nehmen und einen mit uninteressanten Müll zutexten.

Wenn Du einen anderen Beruf hättest wählen müssen, welcher wäre das?

Manchmal würde ich gerne um die Welt reisen und Dinosaurierknochen ausgraben. In dem Bereich hätte ich Lust wissenschaftlich zu arbeiten. Wenn eine Doku über Dinos oder anderen prähistorischen Kram im Fernsehen läuft, bleibe ich immer hängen.

Gibt es noch etwas, das Du unbedingt mitteilen möchtet?

Vielen Dank für dieses Interview.