Ibadet Ramadani

Sängerin bei Super700

von Portrait von Karoline Sielski Karoline Sielski
Veröffentlicht am 16. Juni 2012

Erzähl uns doch bitte etwas über Dich selbst – wo wurdest Du geboren? Wo lebst Du im Moment?

Meine Eltern sind in den 70igern mit der Welle der Gastarbeiter nach Deutschland gekommen. Ich wurde hier geboren. Als kleines Kind haben mich meine Grosseltern für ein paar Jahre im Kosovo großgezogen, bis ich dann wieder nach Deutschland zurückgeholt wurde und hier eingeschult wurde. Zur Zeit lebe ich in Berlin.

Hast Du einen Lieblingsort in Deiner Stadt?

"Friedhöfe tun es mir auch sehr an."

Ich habe mehrere. In Neukölln lebt ein kleines Menschenkind was mich magisch anzieht. Seit dem mein Neffe Ende Januar auf die Welt kam, ist dort mein liebster Ort. Ansonsten fühle ich mich in meiner Wohnung sehr wohl. Friedhöfe tun es mir auch sehr an. Es gibt in Weissensee einen wunderschönen alten jüdischen geschichtsträchtigen Friedhof, flächenmässig der Grösste Europas, auf dem man lange einsam wandeln kann. Es gibt dort viele bemerkenswerte Grabmäler und Mausoleen. Zauberhafte Namen stehen dort geschrieben.

Bist Du ein richtiger Stadtmensch oder kannst Du auch problemlos in einer Berghütte oder auf einem Bauernhof leben?

"...ich muss zugeben, dass mich manchmal eine grosse Sehnsucht nach Einöde und Natur packt..."

Ich lebe die meiste Zeit in der Stadt, aber ich muss zugeben, dass mich manchmal eine grosse Sehnsucht nach Einöde und Natur packt, obwohl ich gerne in Berlin lebe. Es gelingt mir leider nur selten mich für mehrere Tage aus der Stadt zurückzuziehen. Zum Glück aber gibt es in Berlin viele Möglichkeiten sich im Alltag für kurze Zeit in Grünoasen zu flüchten. Das ist aber nicht das Gleiche wie eine Berghütte oder ein Bauernhof fernab dem Wirbel der Stadt.

Wie bist Du zu Deiner Berufung gekommen?

"Als ich mich dann als kleines Mädchen in Elvis verliebt habe..."

Seitdem ich mich erinnern kann, habe ich viel gesungen und Musik gemacht. Als ich mich dann als kleines Mädchen in Elvis verliebt habe und so sein wollte wie er, war mein Schicksal besiegelt.

In letzter Zeit hat sich die Besetzung von Super700 geändert. Erzähl uns bitte etwas dazu.

Die Besetzung hat sich schon mit der letzen Platte „Lovebites“ verändert, weil da meine Schwestern und Johannes Saal an der Gitarre die Band verliessen. Dazu kam Jan Terstegen an der Gitarre und anstatt Frauenbackings erklangen auf Konzerten nun die Stimmen der Jungs, die ich auch sehr liebe. Zu den Aufnahmen von „Under the no sky“ ist dann auch Simon Rauterberg an den Keyboards gegangen. Dieses Loch haben wir nicht versucht durch ein neues Mitglied zu stopfen, sondern haben dies als Aufforderung und Möglichkeit gesehen live in kleiner Besetzung, also zu viert, zu spielen. Ich muss sagen, dass es jedesmal ein trauriges Ereignis ist, wenn jemand geht. Schließlich hatte man viele Jahre miteinander verbracht und die ganze Aufregung, den Spaß, die Reisen und die Musik miteinander geteilt.

Ibadet Ramadani - 2 Videos

Wie ist die Idee zum Song "Life With Grace" und dem Video entstanden?

"Ein Jahr voller Wahnsinn, Turbulenzen und dunklen Tiefen."

Ein Jahr voller Wahnsinn, Turbulenzen und dunklen Tiefen. Life with Grace war ein Aufruf an sich selber sich zu besinnen. Die Idee zum Video brachte der isländische Videoregisseur Einar Snorri, der mit seinem Kollegen auch schon mit Leuten wie Sigur Ros zusammengearbeitet hat. Er kam mit der Spiegelidee, die über die Bandmitglieder und durch die Natur wandert. Hier kommt der nötige Blick in den Spiegel zum Tragen.

Hast Du ein Vorbild? Und mit welchem bekannten Musiker würdest Du gerne mal zusammen auftreten?

Vorbilder habe ich in meiner Familie und in meinem Freundeskreis....es gibt darunter ein paar bewundernswerte, tapfere Frauen. Ich wünsche mir ein Duett mit Elvis oder Thom York.

Wie lautet Dein Lebensmotto?

Zur Zeit? Insbesondere morgens....Aufstehen!

Wie würdest Du Dich selbst beschreiben?

Ich habe gerade mindestens zehn Adjektive aufgeschrieben und wieder gelöscht. Darunter waren ausdauernd und ungeduldig, verträumt und unromantisch, praktisch und chaotisch, entschieden und inkonsequent, konsequent und untentschieden. Ich bin noch mehr als das, aber um das herauszufinden, brauche ich aber noch ein paar Jahre.

Mit was kommst Du gar nicht zurecht – sei es im Beruf oder privat?

Verschwiegenheit.

Was war bisher Dein gefährlichstes Erlebnis? Wann hattest Du so richtig Angst?

"Das letzte mal hatte ich bei einem leichten Sturzflug im Flugzeug Angst."

Das letzte mal hatte ich bei einem leichten Sturzflug im Flugzeug Angst. Wie bei jedem Flug frage ich mich, ob ich bereit bin für einen Sturz und jedesmal denke ich lässig „klar, bist Du. Du bist gerade so entspannt. Kannst jetzt sowieso nix machen“. Bis dann das Flugzeug von einer Böe erwischt wurde kurz, hin und her schaukelte und dann ein paar kleine Sekunden fiel. Spätestens nach einer Sekunde hatte ich richtig Angst und wurde unentspannt.

Was würdest Du tun, wenn Du nur noch einen Tag zu leben hättest?

"Gebt mir 50 000 Euro. Dafür gebe ich Euch unveröffentlichtes Material. Das könnt Ihr nach meinem Tod veröffentlichen."

Ich versuche es gerade, aber ich kann es mir beim besten Willen nicht vorstellen. Und so lange wie ich gerade überlege, wäre der Tag schon vorbei und ich tot. Ich brauche mindestens ein Wochenende, am besten Donnerstag bis Montag. Ich mache ein Riesenfest, das am Freitag beginnt und am Sonntag endet und lade alle meine Lieben ein. Ich sage ihnen nicht, dass ich sterben werde. Aber wenn ich ihnen nicht sage, dass ich bald sterbe, kommen sie vielleicht nicht. Also sage ich ihnen, dass ich im Lotto gewonnen habe und noch nicht weiß, was ich mit dem vielen Geld anfangen soll und erstmal feiern möchte. Natürlich kommen dann alle, auch wenn sie beleidigt sind, dass ich ihre Reisetickets nicht bezahle. Nun brauch ich Geld für die Party. Ich gehe zu meiner Plattenfirma Motor und weihe sie als Einzige ein und sage Ihnen: “Gebt mir 50 000 Euro. Dafür gebe ich Euch unveröffentlichtes Material. Das könnt Ihr nach meinem Tod veröffentlichen“. Das mit den Urheberrechten klären wir dann nach dem Tod. Da sie wissen, dass es ein Erfolg wird und Mitleid mit mir haben, schlagen sie sofort ein, nachdem ich ihnen eine Stunde Bedenkzeit gegeben habe. In dieser Stunde, habe ich The Extra Action Marching Band aus San Francisko eingeladen, die ich vorgestern im White Trash gesehen habe. Eine Mischung aus Balkan Brass und New Orleans Funk. 20 Mann Stimmungskanone. Praktisch, dass sie gerade in Deutschland touren. Ich zahle Ihnen eine gute Gage, vielleicht 10 000 Euro, und gebe den Rest für Essen aus. Vielleicht noch ein Zauberer, der mich zwischendurch mal wegzaubert, damit meine Gäste sachte auf Montag vorbereitet werden. Ach ja, das Ganze findet statt auf einer Berghütte am See vor Berlin; ein alter Bauernhof. Das Wochenende knallt richtig. Einzelheiten spare ich aus, sonst kommen wir nie zum Montag. Montag früh, wenn alle noch schlafen, gehe ich duschen, ziehe mir mein kosmisches Kleid an was ich auch auf dem Coverbild von „Under the no sky“ trage und ziehe mir endlich den Pfeil aus dem Kopf. Ich habe mich geschminkt und die Haare gekämmt. Die Backen sind rosig, weil ein paar Äderchen im Gesicht geplatzt sind vor lauter Alkohol und wenig Schlaf. Ich sehe gut aus, wie das blühende Leben selber. Was dann passiert, weiß ich nicht mehr.

"Ein perfekter Abend beginnt mit gutem Essen und geht auf der Tanzfläche weiter. Am besten hört er da nicht mehr auf."

Wenn Du mit Freunden ausgehen willst, wie stellst Du Dir einen perfekten Abend vor? Wohin würdest Du dann gehen?

Ein perfekter Abend beginnt mit gutem Essen und geht auf der Tanzfläche weiter. Am besten hört er da nicht mehr auf.

Welche magische Kraft hättest Du gerne, wenn Du eine wählen könntest?

Fliegen.

Gibt es zusätzlich etwas, für das Du Dich besonders engagierst?

Meine Familie.

Gibt es noch etwas, dass Du unbedingt loswerden möchtest?

Meine Tagträume, meine Schulden, meine schlechten Gedanken und ein paar Gespenster.