Henning Larsson

Musiker

von Portrait von Steffen Kutzner Steffen Kutzner
Veröffentlicht am 26. April 2013

Erzähl doch bitte etwas über Dich selbst.

Ich habe im Sommer 1968 in Recklinghausen in Nordrhein-Westfalen das Licht der Welt erblickt. Da ich sehr heimatverbunden bin und die geradlinige Mentalität der Menschen im Ruhrpott sehr schätze, bin ich aus dem wohl größten und grünsten Kreis in NRW nie weggezogen. So gerne ich auch reise, irgendwie bin ich immer froh wenn ich wieder heim komme und die Luft im „Kohlenpott“ einatmen kann.

Kannst Du schon von der Musik leben?

Nein, noch nicht. Auch wenn die Musik meine große Passion ist, muss ich nebenbei noch einem regulären Beruf nachgehen: Ich bin Diplom-Verwaltungswirt. Meine Brötchen verdiene ich als Beamter, also auf eine sehr biedere, aber auch absolut zukunftssichere Art und Weise, wofür ich sehr dankbar bin.

Am 26. April erscheint dein Debütalbum „Polyglott“. Was bedeutet der Titel und worum geht es auf dem Album?

Polyglott kommt ursprünglich aus dem Griechischen und bedeutet laut Duden mehrsprachig. Ich habe diesen Titel gewählt, da meine Songs nicht ausschließlich in einer Sprache abgefasst sind: Englische Texte sind ebenso vorhanden wie deutsche Texte. Der Song „Abschied-Despedida“ enthält darüber hinaus neben deutschen Strophen einen spanischen Refrain. Dieser Song ist eine Hommage an einen guten Freund, der während meiner Studioaufnahmen völlig plötzlich und unerwartet verstorben ist. Da er unheimlich gerne in Spanien war, habe ich den Refrain in spanischer Sprache verfasst. Es ist eben meine Art, Abschied zu nehmen. „200 Miles“  habe ich bereits 1999 für eine Urlaubsliebe auf Mallorca komponiert. Insgesamt ist das Album eine Reise durch meine Vergangenheit, Momente, die mich bis in die Gegenwart hinein nicht loslassen.

Du schreibst, komponierst und arrangierst deine Songs fast ausschließlich selbst. Viel Arbeit für einen einzelnen Mann. Bist Du ein Perfektionist?

Leider ja. Deshalb „leider“, weil es insgesamt eine nicht unbedingt gesundheitsförderliche Herangehensweise darstellt. Selbst wenn ein Song komplett durcharrangiert und abgemischt ist, höre ich ihn mir noch unzählige Male an, bevor die Entscheidung zur Veröffentlichung fällt. Und nach der Veröffentlichung geschieht sehr oft das, was einen Perfektionisten wirklich leiden lässt: Wenn man das Endprodukt hört, fallen einem selbst bei der besten Produktion immer noch Kleinigkeiten auf, die man noch besser hätte machen können.

Du schreibst Songs über Dinge, die Dir selbst wiederfahren sind. Wie entscheidest Du, welches Gefühl oder Ereignis Du in einen Song verwandelst und welches keinen Song wert ist?

Welches Ereignis ich in meinen Songs verarbeite, steht immer recht schnell fest. Ich verwende eigentlich mehr Zeit darauf, die Texte losgelöst von meinen Erlebnissen allgemein genug zu halten, um möglichst jedem Zuhörer das Gefühl zu geben: „Mensch, das habe ich auch schon erlebt!“

Selbst wenn ein Song komplett durcharrangiert und abgemischt ist, höre ich ihn mir noch unzählige Male an, bevor die Entscheidung zur Veröffentlichung fällt.

Du hattest ein erstklassiges Team für die Produktion in Los Angeles hinter Dir – Dein Mixer war sogar für den Grammy nominiert. Wie kommt man an so ein professionelles Team?

Die Idee ist mehr oder weniger zufällig über einen Bekannten entstanden, der Kontakt zu einem Team hatte, dass z.B. viele Produktionen für die amerikanische American Idol Staffel umgesetzt hat und mit einem Toningenieur arbeitet, der bereits an Alben von Michael Jackson (Invincible, 2001), Leona Lewis (Bleeding Love, Spirit, 2007), Paul McCartney (Memory Almost Full, 2007) oder auch Kelly Clarkson (All I Ever Wanted, 2009) mitgewirkt hat. Da war ich natürlich sofort Feuer und Flamme.

Warum hast Du „Polyglott“ nicht einfach in einem deutschen Studio aufgenommen? Wozu der Aufwand?

Teile des Albums sind ja im Baumhaus Tonstudio von Björn Prenzel in meiner Heimatstadt aufgenommen worden. Aber ein Großteil ist in Los Angeles aufgenommen und abgemischt worden. Der Grund liegt unter anderem in meiner musikalischen Ausrichtung: Letztendlich bewege ich mich im Mainstream-Bereich. Mein Album liegt den Redakteuren von Printmedien, Online-Medien und Radiosendern zeitgleich mit den Produktionen internationaler Top-Stars vor. Auch wenn man noch völlig unbekannt ist, muss die Produktionsqualität mit derer der Top-Alben mithalten können, um überhaupt ernst genommen zu werden. Auch ein Grund für L.A. war das amerikanische Mastering. Die Jungs in den USA sind meines Erachtens insgesamt ein wenig offensiver als deutsche Toningenieure und holen ein unglaubliches Maß an Lautstärke aus den Songs heraus. Und ein weiterer, letzter Grund: Ich fand’s auch einfach geil und kam mir vor wie ein kleiner Junge im Spielzeugparadies.

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Du trittst auch live mit Deiner Band auf. Stehst Du lieber auf einer Bühne, oder arbeitest Du lieber im Studio?

Ganz klar: Für mich geht absolut nichts über das ultimative Erlebnis, mit meinen Bandmitgliedern Marc, Michael und Chris einen der unzähligen Live-Clubs zu rocken. Die Arbeit im Studio war natürlich auch phantastisch, aber Musik ist ja nun mal eine sehr emotionale Sache und dieses Gefühl, das Publikum in irgendeinem magischen Moment rumzukriegen, ist einfach unbeschreiblich schön.

Was ist größer: Die Angst vor schlechten Kritiken, oder die Angst, dass Dein Album niemanden interessieren könnte?

Definitiv die zweite Alternative - dass mein Album ungehört in der Versenkung verschwindet. Man muss dazu vielleicht wissen, dass bei den größeren Radiostationen wöchentlich unzählige CD-Neuerscheinungen auf den Tischen der Redakteure landen. Diese Sender haben für Newcomer jedoch nur extrem wenige Sendemöglichkeiten pro Woche. Die Wahrscheinlichkeit, dass Dein Album überhaupt die Ohren der Redakteure erreicht, ist eher gering und von sehr vielen Faktoren abhängig. Beispielsweise, ob alleine das Cover interessant genug gestaltet ist, um Bock darauf zu machen die CD auszupacken und in den Player zu schieben. Mittlerweile bin ich sogar dazu übergegangen, selbständig eingesandte CD’s von der Folierung zu befreien, um den Redakteuren das lästige Auspacken zu ersparen und so die Entscheidung „zu erleichtern“. Angst vor schlechten Kritiken habe ich eigentlich nicht, denn man kann immer irgendetwas verbessern. Wichtig ist mir nur, dass die Kritik konstruktiv ist. Destruktive Kritik ignoriere ich komplett. Sorry, aber was soll es mir sagen, wenn jemand z. B. lediglich schreiben würde: „Dein Album ist Schrott.“ Damit kann ich ohne ausführliche Begründung einfach nichts anfangen.

Ganz klar: Für mich geht absolut nichts über das ultimative Erlebnis, einen der unzähligen Live-Clubs zu rocken.

Angenommen, Du hättest die freie Wahl – mit welchem Musiker (tot oder lebendig) würdest Du gern einmal auftreten?

Jimi Hendrix, dessen Gitarrenspiel ich - selbst gemessen an heutigen Maßstäben - immer noch als revolutionär ansehe.

Was ist Dein nächstes großes Projekt?

In Gedanken bin ich schon bei der nächsten CD-Veröffentlichung. Ich habe noch so unendlich viele Ideen, so viele Begebenheiten aus meinem Leben, die musikalisch verarbeitet werden müssen. Und wenn man im Musik-Business überhaupt wahrgenommen werden möchte, muss man immer nachlegen, nur so erlangt man langfristig Aufmerksamkeit. Als nächstes stehen aber erst einmal Live-Gigs auf dem Programm. Ich konnte jetzt bei einer kleinen Booking-Agentur unterkommen und bin schon gespannt.

Was hörst Du privat für Musik?

Wirklich alles quer Beet. Sara Bareilles gefällt mir richtig gut. Aber auch die guten alten „The Cure“ verehre ich sehr, deren „Lovesong“ ich ja in einem Anflug von Blasphemie gecovert habe.