Carla Berling
Autorin
Veröffentlicht am 13. September 2012
Erzähl‘ doch bitte etwas über Dich selbst.
Ich bin gebürtige Ostwestfälin, Jahrgang 1960, und gelernte Rheinländerin. Früher war ich Verkäuferin, Filialleiterin, Kellnerin, Geschäftsführerin eines Restaurants, Model - allerdings hieß das damals noch „Mannequin" -, Versicherungsvertreterin, Seminarreferentin - und dann Ehefrau, Hausfrau und Mutter von zwei Söhnen. Als Seiteneinsteigerin begann ich 1995 für eine Tageszeitung zu schreiben, 2000 erschien mein erstes Buch. Jetzt lebe ich in Köln, und ich bleibe sicher noch ein bisschen.
Du bist Journalistin, Autorin und auch Kabarettistin. Hast Du so etwas wie einen Alltag?
Zuerst: Ich bin keine Kabarettistin. Kabarettisten können ihre Texte auswendig, ich muss sie ablesen. Ich kann mir das alles sonst nicht merken. Klar habe ich einen Alltag, und der ist sehr strukturiert aufgeteilt in Schreibzeit, Bürozeit, Recherche, Post, Akquise, Familie, Hund, Sport und Haushalt. Die Reihenfolge ist aber variabel.
Liest Du die Kritiken zu Deinen Romanen, oder sind Dir die Pressestimmen egal?
Die wenigen Rezensionen im Internet, in denen meine Romane total verrissen wurden, haben mich zuerst sehr verletzt. Aber dann hab ich mir gesagt, dass kein Autor der Welt ein Buch schreiben kann, das jedem gefällt.
Ich lese jede Kritik, aber Pressestimmen gab es bisher nur selten. Leserkritiken hingegen bekomme ich sehr oft – und die sind zu 99% gut bis sehr gut. Die wenigen Rezensionen im Internet, in denen meine Romane total verrissen wurden, haben mich zuerst sehr verletzt. Aber dann hab ich mir gesagt, dass kein Autor der Welt ein Buch schreiben kann, das jedem gefällt.
Wie autobiografisch sind Deine Romane?
Das fragst Du in Bezug auf die SM-Romane, oder? Mach Dir nix draus, das fragt jeder. Und ich will dann immer wissen, ob man meuchelnden und metzelnden Krimiautoren dieselbe Frage stellt.
Du hast zwei erotische Romane geschrieben und dann ein paar Eigenveröffentlichung geliefert. Als Du danach Deine Künstlerautobiografie geschrieben hast, wurdest Du ausgelacht, weil Du außer zwei „Schundromanen“ nichts an Verleger verkaufen konntest. War das wirklich so? Und wenn ja, worum geht es in „Vom Kämpfen und vom Schreiben“?
Nein, das war nicht wirklich so. Es ist auch faktisch falsch. Ich habe schon vor den „Netz der Meister“-Romanen vier Titel in ordentlichen Verlagen veröffentlicht und bis auf meine Satiren jedes meiner Manuskripte verkauft. Die erotischen Romane sind nie als Schundromane bezeichnet worden – und das sind sie auch nicht. Keine Milliardäre, keine willigen Studentinnen, keine Kieswege vor Schlössern. Mich interessierte das Thema SM, dann hab ich das recherchiert und einen Roman geschrieben. Der erste Teil lief so gut, dass der Verlag einen zweiten wollte. In „Vom Kämpfen und vom Schreiben“ wollte ich ungeschönt erzählen, was ich seit Beginn meiner Schreiberei erlebt und gelernt habe, und ganz ehrlich von meinen Siegen und meinem Scheitern berichten. Dabei war mir klar, dass die Welt nicht auf meine Autobiografie gewartet hatte, dass ich mich weder ausheulen noch alles unreflektiert wiedergeben durfte. Authentizität war die oberste Regel, sonst würde dieses Buch zwar eine feine Therapie für mich selber sein, aber es würde sonst niemandem etwas bedeuten können.
Carla Berling
Deine ersten „Dilettantischen Schreibversuche“, wie Du sie selbst nennst, hast Du 1988 gemacht. Wann hast Du gemerkt, dass da etwas ist, das Du aufschreiben willst. Wie kamst Du zum Schreiben?
Genau das wurde ich oft gefragt – und ich hab' das in „Vom Kämpfen und vom Schreiben“ ganz ungeschminkt erzählt.
Du hast mal gesagt: „Es ist schwer, keine Satire zu schreiben“. Sind die Menschen so lächerlich, oder bist Du einfach nur sehr humorvoll?
„Lächerlich“ ist ein böses Wort. Das kann ich im Zusammenhang mit dem Begriff „Satire“ auch nicht gelten lassen. Wenn man das Leben mit Humor betrachtet, ist vieles leichter. Ich nehme mich ja in den Satiren in der Rolle als „Maria Jesse“ selber auf die Schippe – und ich bin so ein gewöhnlicher Mensch, dass sich die Leute in meinen Verschrobenheiten selber wiedererkennen. Dann lachen sie – und ich bin glücklich.
Wenn man das Leben mit Humor betrachtet, ist vieles leichter.
Was ist Dein nächstes großes Projekt?
Zurzeit arbeite ich an einem Porträtband. Homosexuelle Menschen erzählen mir, was in ihrem Leben passiert ist, als sie spürten – oder sich dazu bekannten – dass sie anders sind. Ich liebe diese Arbeit, es wird ein wunderbares Buch.
Die Inselfrage: welche fünf Bücher würdest Du mitnehmen?
1. Wie ich auf einer einsamen Insel nicht durchdrehe. Dummerweise gibt es so ein Buch nicht. Schade eigentlich.
2. Einen Naturführer, in dem Pflanzen und Tiere im Lebenraum einsamer Inseln erklärt werden.
3. Ein Kochbuch, aus dem ich lerne, wie genau diese Pflanzen und Tiere zubereitet werden.
4. „Siddharta“ von Hermann Hesse auf deutsch und
5. auf französisch. Dann könnte ich endlich mein Französisch aufbessern.
Was liest Du grade privat?
„Fegefeuer“ von Sofi Oksanen, ein Roman, der in Estland spielt. Da war ich zuvor noch nie.
Gibt es noch etwas, das Du unbedingt mitteilen willst? Eine finale Weisheit?
Ja. Wenn ich eins gelernt habe, dann das: Verliere nie, niemals und unter keinen Umständen Deine Träume.