André Baldes

Musiker

von Portrait von Marlon Kumar Marlon Kumar
Veröffentlicht am 26. Juli 2013

Hey André Baldes, erzähl doch bitte in ein zwei Sätzen, was Deine Musik und vor allem das Album "Vorhang und Statisten" ausmacht.

Hallo Marlon, das Songmaterial und die Texte auf dem Album sind sehr authentisch und nicht künstlich ausgedacht, wir haben deshalb auch bei den Aufnahmen Wert darauf gelegt, keine überflüssigen Elemente zu verwenden. So haben wir das Knarzen der Gitarren und Streichinstrumente oder Streicheln der Besen auf dem Schlagzeug bewusst erhalten und darauf geachtet den
Charakter der Stimme nicht durch Effekte zu verwischen. Wir wollten ein Album schaffen, aus dem man heraushört, dass hinter jeder Zeile und jedem Instrument ein Mensch steht, der seine Persönlichkeit und seine Leidenschaft einbringt.

"Wir wollten ein Album schaffen, aus dem man heraushört, dass hinter jeder Zeile und jedem Instrument ein Mensch steht, der seine Persönlichkeit und seine Leidenschaft einbringt."

Der Song "Papier" ist wunderschön. Romantisch und traurig zugleich. Woran hast Du beim Schreiben gedacht?

Vielen Dank! Ich möchte über die Texte nie zu viel sagen, da ich mich in der Musik ausdrücken möchte und nicht im Gesprochenen. Ich will dem Hörer auch viel Interpretationspielraum für sich selbst erhalten. Aber im Grunde geht es um Endlichkeit, darum die Zukunft herauszufordern und um Kompromisslosigkeit.

Stimmt es, dass Deine Lyrics größtenteils autobiografisch und inspiriert von einem ereignisreichen Leben sind? Was ist vorgefallen? Eine Anekdote bitte!

Meine Texte sind wirklich nah an dem was ich erlebe oder aber in meinem Umfeld miterlebt habe. Es gibt einige Songs die ich nicht erklären kann, ich möchte dann einfach das Lied für sich sprechen lassen. Über andere Lieder gibt es Anekdoten, die ich auf unseren Konzerten zu den einzelnen Songs auch erzähle. Der Song "Morgen" beispielsweise handelt davon, einer Stadt den Rücken zu kehren, in der man sich gefangen fühlt. Der Song entstand in einer Zeit in der ich tatsächlich in einer Stadt lebte, in der ich mich nicht wohl fühlte und die ich verlassen habe, um einen Ort zu suchen, an dem ich mich selbst neu erfinden konnte.

André Baldes

Warum willst Du in Deinen Texten so unbedingt in die Ferne aufbrechen, weit weg von Allem? Hast Du in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht?

Sicherlich geht es beim Fernweh auch darum manchen Dingen zu entfliehen. Für mich bedeutet Reisen aber auch das pure Leben und einen anderen Blickwinkel auf sich selbst. Ich finde, dass unsere Welt sich oft sehr schnell verändert und uns auch die ganze Ökonomie zu einem Tempo zwingt, das sehr anstrengend ist. Reisen ist für mich deshalb immer mit sehr viel Zeit in der Natur verbunden und gewährt mir Abstand von der Schnelligkeit.

"Für mich bedeutet Reisen aber auch das pure Leben und einen anderen Blickwinkel auf sich selbst."

Mit welchem Musiker überbrückst Du längere Zug- oder Bahnfahrten? Wer bringt Dich zum Nachdenken?

Beim Musikhören bin ich stark auf die Texte fokussiert. Aus dem deutschsprachigen Raum sind das dann oft Bands aus der Hamburger Schule wie Kettcar oder Element of Crime, aus dem Englischsprachigen sind es Künstler wie John Butler, Damien Rice, Eddie Vedder, Dave Mathews, Xavier Rudd und auch manchmal Klassiker wie Neil Young oder Grönemeyer. Manchmal brauche ich aber auch was Härteres, Awolnation steht bei mir gerade ganz oben in der Playlist.

Du bist mit Deinem Album "Vorhang und Statisten" durch Deutschland getourt. Für einen aufstrebenden Künstler wahrscheinlich der Traum der schlaflosen Nächte. Welche interessanten Impressionen konntest Du aufsaugen?

Wir nehmen schon ziemlich viele Eindrücke mit. Irgendwie hat jede Stadt seine eigene Mentalität, es ist immer wieder sehr spannend sich auf das neue Publikum einzustellen. Und natürlich lernt man die Leute und die Orte kennen, man trifft auch andere Kulturschaffende oder taucht nach dem Gig noch ins Nachtleben ein. Es geht dann auch mal innerhalb einer Woche von Köln über Hamburg nach Berlin, da wird einem immer bewusst wie vielfältig Land und Leute sein können.

Was ist das für ein Gefühl, wenn ein ganzer Saal den Atem anhält und hinterher für Dich applaudiert?

An Abenden an denen alles stimmt, hat man das Gefühl, einen Draht zum Publikum gefunden zu haben. Man war dann kurz durch die Musik in Kontakt. Das ist eigentlich das worum es der Band und mir geht. Wenn das funktioniert, weiß man auch das der Applaus ehrlich gemeint ist und das ist dann natürlich ein sehr gutes Gefühl.

Wenn Du mal nicht Musik machst, oder eine kreative Schaffenspause hast, womit vertreibst Du dir gerne die Zeit? Irgendwelche Hobbys oder "Künstler-Allüren"?

Ich beschäftige mich gerne mit Fotografie, so ganz getrennt von der Musik ist das aber nicht, denn die Ergebnisse fließen dann auch wie bei "Vorhang und Statisten" bei der CD-Gestaltung mit ein.

Welche Persönlichkeit - ob tot oder lebendig - würdest Du gerne bei einem netten Kaffeeklatsch besser kennenlernen?

Puh – gute Frage. Da gibt’s zu viele, als das ich das beantworten könnte.

Lebst Du Dein Leben nach bestimmten Regeln? Gibt es ein Mantra, eine Weisheit oder Maxime, die Du verfolgst? Oder lebst Du einfach von Tag zu Tag?

"...ich denke, dass man die Dinge finden und tun sollte, die man wirklich will, auch wenn das mit Risiken verbunden ist."

Ich habe gewisse Regelungen, Pläne und vor allem Zeitrahmen – als Musiker muss man sich ständig organisieren. Eine Maxime ist vielleicht, dass ich denke, dass man die Dinge finden und tun sollte, die man wirklich will, auch wenn das mit Risiken verbunden ist.

Was bedeutet Glück für Dich?

Neben all den Grundbedürfnissen wie Gesundheit usw. bedeutet Glück für mich, dass man sich verwirklichen kann, das ist je nach Interesse natürlich verschieden. Für mich als Musiker bedeutet das die Freiheit Dinge auszuprobieren und mich weiterentwickeln zu können und natürlich die Momente in denen man ein gutes Konzert hatte oder eine fertige Platte zum ersten Mal in den Händen hält. Da ist man dann einen kurzen Moment happy bevor man sich wieder mit der nächsten Sache beschäftigt.