Joshi von ZSK

Musiker bei ZSK / Akteur gegen Rechtsextremismus

von Portrait von Karoline Sielski Karoline Sielski
Veröffentlicht am 23. August 2013

Hallo ZSK - Ihr hattet auf beeindruckende Art und Weise die Kampagne "Kein Bock auf Nazis" auf die Beine gestellt, die schon seit Jahren bekannt ist. Hattet Ihr gleich zu Beginn die Ambition, dass die Bewegung so groß wird? Und wie habt Ihr das geschafft?

Der Plan war schon eine wirklich große, wirkungsvolle Kampagne zu starten. Dass das aber so ein riesen Ding werden würde, hätten wir nie gedacht. Geschafft haben wir das durch viel Geld von uns und Sponsoren, sehr viel ehrenamtliche Arbeit und mit der Hilfe von vielen vielen engagierten Jugendliche.

Wie verbündet Ihr Euch mit Euren anderen prominenten Mitstreitern der Kampagne - wie sieht die Zusammenarbeit aus?

Das waren anfangs vor allem große Bands, die wir persönlich kennen. Die Ärzte, Toten Hosen und Donots zu begeistern, war nicht schwierig. Bei anderen ist das manchmal sehr viel aufwendiger. Das Wichtigste ist, dass man am Management vorbei direkt an die Band rankommt. Das macht es nicht leicht, aber nur dann hat man eine Chance. Inzwischen haben wir mit der Kampagne aber so einen guten Ruf, dass wir es viel einfacher haben auch große Acts für Aktionen zu kriegen.

Ihr seid 2013 auf "Kein Bock auf Nazis" Festivals und "Herz für die Sache" Tour. Plant Ihr dafür spezielle Aktionen, die Ihr jetzt schon einmal verraten wollt?

Also erstmal sind wir ja jetzt mit den Toten Hosen auf Tour. Da freuen wir uns ganz besonders drauf. Das werden die größten Shows, die wir je gespielt haben vor teilweise 22.000 Menschen. Echt verrückt. Für die KBAN-Festivals und die Klubtour im Herbst haben wir einige spannende Sachen geplant. Wir haben richtig nette internationale Supportbands dabei und jeden Abend ist ein KBAN-Team mit Infostand vertreten. Außerdem werden wir viel Bier mit allen Beteiligten trinken.

Joshi von ZSK

Was war Euch besonders wichtig bei Eurem neuen Album "Herz für die Sache"?

Der Plan war von vorneherein, nicht langsamer sondern schneller zu werden, nicht leiser sondern lauter, nicht verspielter, sondern direkter. Wir denken das hat ganz gut geklappt. Wir sind mit der Scheibe wirklich 100 Prozent zufrieden. Beim Schreiben der Songs haben wir sofort jedes Lied aussortiert, dass nicht richtig geknallt hat. Ich denke das hört man auch. Es passt einfach alles zusammen. Jetzt interessiert uns natürlich sehr, wie die neuen Sachen live ankommen.

Ist Euch die soziale Ader in die Wiege gelegt worden oder wie hat sich das bei Euch/bei Dir entwickelt?

"Wir wurden ja in der Punk- und Hardcore-Szene sozialisiert. Da lernt man schnell, dass diese Musik für mehr als Party, Bier und bunte Haare steht."

Nein, das hat sich eher im Laufe der Jahre entwickelt. Wir wurden ja in der Punk- und Hardcore-Szene sozialisiert. Da lernt man schnell, dass diese Musik für mehr als Party, Bier und bunte Haare steht. Es geht darum laut und direkt die Sachen anzusprechen, die einem nicht passen und zu versuchen selbst etwas zu verändern. Über die Liedtexte von den für uns ganz wichtigen Bands wie Dead Kennedys, Operation Ivy oder Good Riddance haben wir viel mitgenommen. Dass man sich in der Punkszene ganz selbstverständlich für Menschenrechte und gegen Neonazis und Rassismus einsetzt, hat uns sehr beeindruckt. Auch Tierrechte sind ein wichtiges Thema in dieser Szene. Propagandhi sind beispielsweise Schuld daran, dass wir mit 15 alle Vegetarier bzw. Veganer geworden sind. Man kann solche Texte eben nicht mitsingen ohne seine eigenen Schlüsse daraus zu ziehen.

Hat sich Deiner Meinung nach in Deutschland die Lage "gegen Nazis" in den letzten Jahren verbessert oder eher verschlechtert?

"Die Szene ist demotiviert und frustriert, dadurch brechen zumindest die Mitläufer langsam weg. Das ist ein großer Erfolg antifaschistischer Arbeit."

Was die Sicherheitsbehörden angeht: kaum. Was zivilgesellschaftliche Proteste angeht, hat sich aber zum Glück viel getan. Die erfolgreichen Massenblockaden beispielsweise in Dresden oder gerade erst in Bad Nenndorf zeigen bereits Wirkung. Es gibt kaum noch Naziaufmärsche, zu denen mehr als 1000 Teilnehmer kommen. Die Szene ist demotiviert und frustriert, dadurch brechen zumindest die Mitläufer langsam weg. Das ist ein großer Erfolg antifaschistischer Arbeit. Trotzdem gibt es natürlich leider noch sehr viel zu tun.

Was sind in Deinen Augen die signifikantesten Entwicklungen in der rechtsradikalen Szene der letzten Jahre?

Ich denke zwei Entwicklungen sind ganz entscheidend: Erstens hat sich das rechtsextreme Spektrum in den vergangenen zehn Jahren stark gewandelt. Auch wenn viele Polizisten und vor allem die Medien das immer noch nicht gemerkt haben, gibt es klassische Naziskinheads fast gar nicht mehr. Die neuen Nazis treten modern, "cool" und sportlich auf. Kapuzenpulli und Turnschuhe, statt Bomberjacke und Springerstiefel.

"Auch wenn viele Polizisten und vor allem die Medien das immer noch nicht gemerkt haben, gibt es klassische Naziskinheads fast gar nicht mehr."

Zweitens hat sich die Gewaltbereitschaft des Milieus seit dem Auffliegen der Nazi-Terrorgruppe NSU nicht verringert, sondern noch sogar zugenommen. Jeden Tag gibt es in Deutschland zwei rechtsextrem motivierte Gewalttaten. Erst vor wenigen Wochen, wurde ein Mann aus Kasachstan im bayerischen Kaufbeuren von Neonazis zu Tode geprügelt. Immer wieder werden bei Razzien scharfe Waffen gefunden. Das macht uns große Sorgen.

Was regt Dich akkut so richtig auf? Was würdest Du in Deutschland sofort ändern, wenn das per Knopfdruck ginge?

Ich würde die Gleichgültigkeit gerne abstellen. Es gibt so viele Menschen, denen alles egal ist, so lange es nur ihnen selbst gut geht. Das kann nicht ewig so weitergehen. Vielleicht muss aber auch erstmal die ganze Krise so schlimm wie in Griechenland oder Spanien werden, damit die Leute auch hier merken, dass es höchste Zeit für grundlegende Veränderungen ist.

Was bedeutet wahrer Punkrock für Dich?

Was mich an Punkrock fasziniert ist diese positive Energie, die sich in der Musik, aber auch in den Texten und der Haltung widerspiegelt. Das man sich das Recht nimmt Missstände zu kritisieren und damit auch anzuecken. Und andererseits bedeutet Punkrock natürlich auch die Boxen voll aufzudrehen, zu feiern und mit guten Freunden Zeit zu verbringen. Das werden wir auf der anstehenden Tour nochmal unter Beweis stellen.